Schlaf im Flugzeug: ein unerkanntes Risiko?

Abstract

Schlafen an Bord von Flugzeugen auf Reiseflughöhe bedeutet Schlafen unter hypobaren Bedingungen. Der Kabinendruck in Verkehrsflugzeugen entspricht dabei dem Luftdruck in einer Höhe von 8000 ft (2438 m). Es ist nicht bekannt, welche Auswirkungen dies auf den Schlaf der Flugzeugbesatzung und der Passagiere hat. Um diesen Sachverhalt zu untersuchen, wurde am Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin des DLR bei einer Gruppe von 16 gesunden Probanden (mittleres Alter 28 Jahre (± 4 SD), 8 weiblich/8 männlich) eine 4-stündige Schlafperiode in einem Crew-Rest-Compartment simuliert. Hierzu wurden in einer entsprechend ausgerüsteten Druckkammer sowohl die atmosphärischen Bedingungen als auch die Geräuschkulisse an Bord eines Flugzeugs realitätsecht nachgebildet. Parallel schlief eine Kontrollgruppe, ebenfalls bestehend aus 16 Probanden (mittleres Alter 26 Jahre (± 6 SD), 8 weiblich/8 männlich) den gleichen 4 Stunden Zeitraum unter normobaren Bedingungen im Schlaflabor des Instituts. Während der 4-stündigen Schlafzeit wurde bei den Probanden die Sauerstoffsättigung des Blutes (SpO2), die Herzfrequenz (EKG), und das Schlaf-EEG aufgezeichnet. Die Leistungsfähigkeit am folgenden Morgen wurde mit Hilfe eines „Unstable Tracking Task“ ermittelt. Dieser Test bildet typische Anforderungen an die Hand-Auge-Koordination bei Piloten ab. Sowohl Sauerstoffsättigung als auch Herzfrequenz der beiden Gruppen unterschieden sich signifikant (p<0.0001). Bei Normaldruck lag das durchschnittliche SpO2-Niveau bei 96% (± 1 SD) und die Herzfrequenz im Mittel bei 62 Schlägen pro Minute (± 8 SD). Hingegen wurde unter hypobaren Bedingungen nur eine mittlere Sauerstoffsättigung von 88% (± 1 SD) und gleichzeitig eine auf 74 Schläge pro Minute (± 6 SD) gesteigerte Herzfrequenz gemessen. Dabei fiel die Sättigung der Probanden in der Druckkammer im Durchschnitt für 135 min (± 69 SD) unter die als Hypoxiegrenze definierte Schwelle von 90%. In der Schlafperiode betrug die geringste gemessene Sauerstoffsättigung 81% (± 3 SD). Die absolute Schlafdauer im Unterdruck unterschied sich nicht von der bei Normaldruck, es war aber eine signifikante Abnahme der Dauer von Tief- und Traumschlaf zugunsten einer signifikanten Zunahme der leichteren Schlafphasen zu verzeichnen. Verglichen mit der Kontrollgruppe war die Leistungsfähigkeit der Testgruppe am folgenden Morgen gemessen unter normobaren Bedingungen signifikant vermindert (p<0.05). Schlaf unter Flugbedingungen führte bei einer Gruppe von jungen, gesunden Probanden zu einer hypobaren Hyoxie, also einem deutlichen Abfall der Sauerstoffsättigung bis unter 90%. Derzeit gibt es keine gesicherten Erkenntnisse darüber, welcher Grad von arterieller Hypoxämie physiologisch toleriert werden kann. Allerdings wird Passagieren mit einem SpO2 von unter 85% während des „Hypoxic Challenge Test“ empfohlen, während eines Fluges unterstützend medizinischen Sauerstoff zu atmen. Demzufolge sollte Schlaf im Flugzeug, speziell bei Risikogruppen, mit Vorsicht betrachtet werden

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