Das Gen FOXP1 kodiert für ein Forkhead BoxTranskriptionsfaktor. Heterozygote Mutationen
im FOXP1-Gen, die beim Menschen zu einer Haploinsuffizienz führen, rufen verschiedene
kognitive Phänotypen hervor. Die Patienten leiden an geistiger Behinderung, einer Sprachentwicklungsstörung
und in manchen Fällen an Autismus. Daher ist anzunehmen, dass FOXP1
während der Gehirnentwicklung und bei kognitiven Prozessen eine wichtige Rolle spielt. Jedoch
ist bis heute wenig über die Rolle von FOXP1 im Gehirn bekannt. Daher war die Zielsetzung
dieser Arbeit, Zielgene von Foxp1 während der embryonalen Gehirnentwicklung zu identifizieren
und zu charakterisieren.
Im Rahmen dieser Arbeit wurden mit Hilfe von zwei genomweiten Screening-Ansätzen potentielle
Zielgene von Foxp1 identifiziert. In einem ersten Ansatz wurde die Expression humaner
SH-SY5Y Neuroblastomazellen mit und ohne FOXP1-Knockdown in Microarray-Studien verglichen.
Aus diesem Screening ging PCDH17 als Zielgen von FOXP1 hervor. Die Aktivierung
der Expression von PCDH17 konnte zudem durch qPCR-Experimente in den murinen Neuroblastomazellen
N1E-115 und in embryonalen Gehirnen der konditionellen Foxp1 -/- Mauslinie
bestätigt werden. Weitere qPCR-Studien zeigten, dass diese transkriptionelle Regulation von
E13 bis E16 stattfindet. Am Entwicklungstag E16 war diese Aktivierung im Cortex, Striatum,
Hippocampus und Thalamus zu beobachten. Eine direkte Bindung von Foxp1 ca. 8 kb upstream
vor dem Transkriptionsstart von Pcdh17, konnte in ChIP-Experimenten nachgewiesen
werden.
Chrna4 wurde in einem weiteren Microarray-Screening, mit RNA von wt- und KO-Vorderhirnen
der konditionellen Foxp1 -/- Mauslinie des Entwicklungtages E16, als Zielgen identifiziert.
qPCR-Experimente bestätigten diese transkriptionelle Regulation am Entwicklungstag E15
und E16 im Vorderhirn von Mausembryonen. Zudem konnte diese Repression in Zellkulturexperimenten
mit murinen N1E-115- und humanen SH-SY5Y-Zellen bestätigt werden. Weitere
Studien mit RNA der Foxp1 -/- Mauslinie zeigten, dass eine Repression von Chrna4 durch
Foxp1 am Tag E16 im Thalamus stattfindet. Immunfluoreszenz-Färbungen zeigten, dass
Chrna4 bei fehlender Foxp1-Expression auch in Neuronen exprimiert ist, in denen im wt-
Gehirn Foxp1, aber nicht Chrna4 exprimiert ist. Durchgeführte ChIP-Experimente zeigten,
dass Foxp1 direkt an den Promotor von Chrna4 bindet.
Beide identifizierten Zielgene, Pcdh17 und Chrna4, sind im embryonalen Gehirn in Arealen
exprimiert, die in neuronale Kreisläufe involviert sind, welche für diverse kognitive Prozesse,
wie beispielsweise der Sprachentwicklung, essentiell sind. Pcdh17 ist ein Zelladhäsionsprotein
und Chrna4 kodiert für eine Untereinheit neuronaler Acetylcholinrezeptoren. Somit sind
beide Proteine wichtig für die Signalübertragung am synaptischen Spalt. Aus veröffentlichten
Studien ist bekannt, dass bei Patienten mit geistiger Behinderung und Autismus häufig
Gene betroffen sind, die für synaptische Proteine kodieren. Somit ist es möglich, dass die
Fehlregulationen von PCDH17 und CHRNA4, in den Gehirnen von Patienten mit Mutationen
im FOXP1-Gen, zu dem kognitiven Phänotyp beitragen. Die in dieser Arbeit durchgeführten
Experimente identifizierten damit die ersten bekannten Zielgene von Foxp1 im Gehirn und
tragen zur Aufklärung der molekularen Rolle von Foxp1 während der Gehirnentwicklung bei