Die Herausforderungen von Kindern mit Schwerhörigkeit und Gleichgewichtsstörungen: Eine Perspektive

Abstract

Hintergrund: Kinder mit Schwerhörigkeiten und Gleichgewichtsstörungen sind bereits aufgrund der Hörstörung Bedingungen ausgesetzt, die ihre sprachliche und allgemeine Entwicklung, Bildung und Lebensqualität beeinflussen können. Während sich für die Früherkennung von Schwerhörigkeiten mit dem Neugeborenen-Hörscreening ein Standard etabliert hat, werden Gleichgewichtsstörungen bei Kindern nur sehr selten diagnostiziert. Dabei haben Kinder mit einer Innenschwerhörigkeit ein höheres Risiko für eine Funktionsstörung der Gleichgewichtsorgane. Um die bestmögliche Unterstützung für betroffene Kinder zu ermöglichen, ist eine ganzheitliche Bewertung und Behandlung anzustreben.Material und Methoden: Zwischen dem 01.01.2023 und dem 31.12.2023 wurden 124 schwerhörige Kinder im Alter von 6 Monaten bis 17 Jahren (Median 6 Jahre) im Rahmen der stationären Hördiagnostik neurootologisch auf eine peripher-vestibuläre Läsion hin untersucht. Neben einer fundierten Anamnese zur motorischen Entwicklung fand eine Leuchtbrillentestung (Spontan- und Provokationsnystagmus) statt und es erfolgte die Ableitung von vestibulär evozierte myogene Potenzialen (cVEMP und/oder oVEMP) sowie ein Video-Kopf-Impulstest. Die Auswertung erfolgte retrospektiv.Ergebnisse: Bei den 124 schwerhörigen Kindern war bei allen eine orientierende Einschätzung im Rahmen der Gleichgewichtsdiagnostik möglich. Bei der apparativen Testung war bei 110 Kinder die Ableitung von VEMP möglich und bei 110 Kindern konnte ein Video-Kopf-Impulstest durchgeführt werden. Lediglich bei 2 Kindern konnte keine apparative Untersuchung durchgeführt werden, hier erfolgte klinisch ein Kopf-Impuls-Test. Bei 52% der 122 apparativ untersuchten Kinder konnte eine Auffälligkeit gefunden werden (n=63). Bei 4% zeigte sich eine isolierte pathologische Bogengangsfunktion. Bei 31% konnte eine gestörte Otolithenfunktion nachgewiesen werden. Pathologische Befunde bei beiden Untersuchungen waren bei 16% zu finden.Fazit: Aufgrund des vermehrten Auftretens peripher-vestibulärer Störungen bei schwerhörigen Kindern erscheint eine routinemäßige Diagnostik mittels gut tolerierter Tests wie dem Video-Kopfimpulstest und der Ableitung vestibulär evozierter myogener Potenziale sinnvoll. Diese Untersuchungen lassen sich gut in den klinischen Alltag integrieren. Die Eltern der betroffenen Kinder sollten über die Bedeutung einer vestibulären Läsion aufgeklärt und zu intensivem Gleichgewichtstraining ermutigt werden

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