Die fokale und segmentale Glomerulosklerose (FSGS) und die Minimal-Change-Disease
(MCD) sind Glomerulopathien, welche mit der Entwicklung eines nephrotischen Syndroms
einhergehen. Die primären Formen dieser Erkrankungen werden als ein Krankheitskontinuum
verstanden, bei der die MCD in eine FSGS übergehen kann.
MCD und FSGS zählen zu den seltenen Erkrankungen. Eine spezifische Therapie gibt es
nicht. Die primären Formen werden immunsuppressiv behandelt. Zum Einsatz kommen
Steroide, Calcineurininhibitoren (CNI) und Mycophenolat-Mofetil (MMF). Weitere
therapeutische Optionen, welche seltener eingesetzt werden, umfassen Cyclophosphamid
und Levamisol.
Zunehmende Bedeutung erfährt die Therapie mit Rituximab, welche im klinischen Alltag
derzeit häufig als letzte medikamentöse Eskalationsstufe betrachtet wird. Hierbei handelt es
sich um einen monoklonalen CD-20 Antikörper, welcher neben direkten Effekten am
Podozyten zu einer effektiven B-Zell-Depletion führt. Die Gründe für den Einsatz umfassen
unzureichendes Ansprechen sowie Intoleranz und Nebenwirkungen der bisherigen Therapie.
Mit Rituximab können Remissionsraten von 80,3% bei der MCD sowie 53,6% bei der FSGS
erreicht werden. Gleichzeitig verbleibt eine signifikante Rezidivrate in 27,6% - 47% nach
Rituximabtherapie. Langfristige Therapieoptionen sind für diese, teilweise noch sehr jungen
Patienten mit einer langen Lebenserwartung, notwendig. Ob eine erneute Applikation mit
Rituximab sicher und effektiv ist, ist unbekannt und wird von der Leitlinienkommission als
mögliche Forschungsfrage angemerkt.
In unserer Studie wurden retrospektiv 13 Patienten aus dem FOrMe-Register sowie der Klinik
II für Innere Medizin und Nephrologie der Uniklinik Köln identifiziert, welche mehrfach mit
Rituximab bei FSGS und MCD behandelt worden sind. Die Gabe von Rituximab erfolgte nach
klinischer Notwendigkeit, zumeist im Falle eines Rezidivs. Durch den Einsatz von Rituximab
konnte eine deutliche Verbesserung der Krankheitsaktivität mit einer kompletten Remission in
72% der Fälle und einer partiellen Remission in 26% der Fälle zum Zeitpunkt von 3 und 6
Monaten nach Rituximabgabe erreicht werden. Hierunter kam es zu einer deutlichen
Reduktion der Proteinurie von 5073 mg (IQR 3508 – 7786 mg) auf 270 mg (IQR 45 – 860 mg)
nach 3 Monaten bzw. 94 mg (IQR 30 – 360 mg) nach 6 Monaten. Es zeigte sich über den
medianen Beobachtungszeitraum von 110 Monaten kein Gewöhnungseffekt und somit eine
gleichbleibende Effektivität der Behandlung. Es konnten keine altersabhängigen Effekte
festgestellt werden. Mit dem Einsatz von Rituximab wurde das rezidivfreie Überleben von 4,5
Monaten (KI 3 – 10 Monate) auf 21 Monate (KI 16 – 32 Monate) im Vergleich zur
vorangegangen Immunsuppression signifikant verbessert. Unterschiede der rezidivfreien
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einjährigen Überlebensrate waren zwischen den jeweiligen Rituximabapplikationen nicht
ersichtlich und es bestand somit kein Hinweis auf eine verkürzte Wirksamkeit im Verlauf. Es
konnte kein Einfluss auf das rezidivfreie Überleben durch eine Erhaltungstherapie mit MMF
bzw. CNI nachgewiesen werden. Die eGFR blieb über den beobachteten Zeitraum stabil,
sodass das primäre Ziel, die Stabilisierung der Nierenfunktion, hierdurch erreicht werden
konnte. Die vorherige Immunsuppression konnte in 77% der Fälle reduziert und in 38% der
Fälle komplett beendet werden. Die Nebenwirkungsrate lag mit 0,02 adverse Events/Jahr
deutlich unter denen aus pädiatrischen Kohorten, ist aber aufgrund des retrospektiven
Ansatzes anfällig für einen Recall Bias. Durch den rezidivbasierten Einsatz konnte im
Vergleich zu einer kontinuierlichen B-Zell-Depletion eine Verringerung der Immunsuppressiva�Exposition bei gleichzeitiger Kostenersparnis erreicht werden.
Zusammengefasst handelt es sich bei dieser Studie um die erste Studie, die explizit den
Langezeitverlauf einer Rituximabtherapie bei FSGS und MCD untersucht. Mit einem medianen
Follow-Up von 110 Monaten (IQR 81–135) und einem Behandlungszeitraum von kumuliert 110
Jahren konnte in diesem schwer behandelbaren Kollektiv durch den Einsatz von Rituximab
eine Verlängerung des rezidivfreien Überlebens bei gleichbleibender eGFR erzielt werden.
Ohne den Eintritt eines Gewöhnungseffektes wurden wiederholt Remissionen erreicht.
Nebenwirkungen waren selten, aufgrund des retrospektiven Studiendesigns jedoch
wahrscheinlich beeinflusst von Recall-Bias