Das Tierwohl wurde in zehn ökologischen Pekingentenherden bewertet. Im Durchschnitt wiesen 72,2% der Tiere Augenveränderungen, 50,9% Gefiederverschmutzungen und 89,9% Fußballenveränderungen auf. Die Ergebnisse zeigen, dass ökologische Haltungsbedingungen kein hohes Tierwohlniveau garantieren

Gieseke, Alina

Gieseke, Daniel

Hartmann, Sabine

Knierim, Ute

Toth, Marianne

Waiblinger, Susanne

Organic Eprints

16. Wissenschaftstagung Ökologischer Landbau Beitrag wird archiviert unter http://orgprints.org   Herausforderungen in der ökologischen Pekingentenmast Gieseke D1, Waiblinger S2, Gieseke A2, Toth M2, Hartmann S3 & Knierim U1 Keywords: Pekingenten, Tierwohl, Indikatoren, Auslauf, Wasserangebot Abstract Animal welfare in ten Austrian organic Pekin duck flocks was assessed using a newly developed animal-based indicator system. The measures avoidance distance, eye con-dition, nostril condition and lameness were recorded on-farm. At the slaughterhouse cleanliness and completeness of the plumage, leg, back and wing injuries, hock burns and foot pad dermatitis were assessed. On average 72.2% of the birds had eye altera-tions and soiled plumage was very common too, with slight (46.1%) or severe (50.9%) contamination with mud or faeces. In addition, 89.9% of the ducks’ paddles were af-fected by alterations such as redness or lesions. Only nostril condition was better than reported from other studies. These results show that the provision of bathing water and free-range access do not per se guarantee a high level of animal welfare, but that man-agement practices need to be optimized in order to fulfil the expectations of good animal welfare in organic husbandry. Einleitung und Zielsetzung Die Haltungsbedingungen in der ökologischen Pekingentenmast sollen den Tieren er-möglichen, ihre artspezifischen Bedürfnisse zu erfüllen und ein hohes Tierwohl zu rea-lisieren (EU-Öko-Verordnung, 2018). Gemäß gesetzlichen Vorgaben werden Peking-enten daher u.a. für mindestens 49 Tage in Ställen mit Einstreu gemästet, und ihnen werden ein überwiegend mit Pflanzen bewachsener Auslauf sowie offene Wasserstel-len zum Ausüben arttypischer Verhaltensweisen angeboten (EU-Öko-Verordnung, 2018). Generell wurde der Effekt von Haltungsbedingungen auf das Tierwohl von Pe-kingenten bislang nur wenig unter Praxisbedingungen erforscht (Literaturübersicht in Makagon und Riber, 2021). Im Rahmen der Entwicklung eines tierbezogenen Indikato-rensystems zur Beurteilung des Tierwohls von Pekingenten wurde das System u.a. auf ökologischen Pekingentenbetrieben angewandt, um seine Praxistauglichkeit zu über-prüfen. Hier sollen die dabei erzielten Ergebnisse bezüglich des Tierwohls in den unter-suchten Entenbeständen vorgestellt und mögliche Tierwohlrisiken in der ökologischen Pekingentenhaltung identifiziert werden. Material und Methoden Eine Projektmitarbeiterin erhob im Stall aus der Distanz auf acht ökologischen Peking-entenbetrieben (10 Herden) im Zeitraum von Februar bis April 2019 an einer Stichprobe von 125 bis 200 Tieren je Herde die Tierwohlindikatoren Ausweichdistanz gegenüber einem sich bewegenden Menschen, Augenveränderungen, Nasenveränderungen so-wie Lahmheit. Eine zweite Projektmitarbeiterin und eine Schlachthofmitarbeiterin                                                  1 Universität Kassel, Nordbahnhofstraße 1a, 37213 Witzenhausen, Deutschland, E-Mail:             daniel.gieseke@uni-kassel.de 2 Veterinärmedizinische Universität Wien, Veterinärplatz 1, 1210 Wien, Österreich 3 Science Unit, VIER PFOTEN International, Linke Wienzeile 236, 1150 Wien, Österreich 16. Wissenschaftstagung Ökologischer Landbau Beitrag wird archiviert unter http://orgprints.org   bewerteten am Schlachthof (32 Herden) zwischen März und Mai 2019 sowie Dezember 2019 und April 2020 jeweils Stichproben von 50 bis 300 Tieren hinsichtlich der Tier-wohlindikatoren Gefiederschäden, Gefiederverschmutzung, Rücken-, Bein- und Flügel-verletzungen sowie Fersenhöcker- und Paddelveränderungen. Nach einer vorherigen theoretischen Einführung in das Tierwohlindikatorensystem sowie praktischen Übungen auf einem Pekingentenbetrieb bzw. einem Schlachthof waren akzeptable bis sehr gute Beurteilerübereinstimmungen zwischen den Projektmitarbeiterinnen, einem Bio-Kon-trolleur und zwei Schlachthofmitarbeiterinnen erreicht worden (Prevalence-Adjusted Bias-Adjusted Kappa: 0,45 bis 1,00, n=50-100). Die durchschnittliche Herdengröße be-trug 2 783 Tiere (1 600 bis 3 200), und das mittlere Schlachtalter lag bei 50 Tagen. Die Pekingenten wurden gemischtgeschlechtlich in Ställen mit Stroheinstreu und einer ma-ximalen Besatzdichte von 21 kg pro m² Stallfläche gehalten. Zusätzlich zu den Nip-peltränken für die Wasseraufnahme wurden Flachbecken für die Körperpflege angebo-ten. Darüber hinaus hatten die Enten ganztägig Zugang zu einem Grünauslauf mit min-destens 4,5 m² Auslauffläche pro Tier.  Ergebnisse und Diskussion Die Prävalenzen der auf den Pekingentenbetrieben und am Schlachthof erhobenen Ti-erwohlbefunde sind in Tabelle 1 dargestellt. Der durchschnittliche Anteil an Tieren mit Augenveränderungen lag mit 72,2% deutlich höher als in Studien mit vergleichbarem Boniturschema, aber mit konventioneller Haltung ohne Auslauf und teilweise ohne of-fene Wasserflächen. Fraley et al. (2013) berichteten von 45,6% betroffenen Tieren, während andere Studien mit 17,5% (Abdelfattah et al., 2020) und 15,8% (Jones und Dawkins, 2010) niedrigere Prävalenzen feststellten. Die hohen Werte in dieser Studie waren angesichts des zusätzlichen offenen Wasserangebotes auf allen Projektbetrie-ben unerwartet. Diese Tränkeform gilt als vorteilhaft gegenüber Nippeltränken, da die Pekingenten ihre Augen durch das vollständige Eintauchen des Kopfes in das Wasser reinigen können (Jones und Dawkins, 2010). Möglicherweise war die angebotene Was-serfläche nicht ausreichend, um allen Pekingenten die Ausübung des Verhaltens zu ermöglichen. Zudem könnte die Qualität des Wassers durch Kotverschmutzung beein-trächtigt gewesen sein. Schenk et al. (2016) wiesen in Herden mit Wassertrögen mehr Augenveränderungen nach als in Herden mit Nippeltränken und erklärten die höheren Prävalenzen mit einer stärkeren bakteriellen Verunreinigung des offenen Wasserange-bots. Verschmutztes Gefieder kam bei den Pekingenten sehr häufig vor. Lediglich 3% der Tiere hatten zum Zeitpunkt der Schlachtung in der Brust-Bauch-Region ein sauberes Gefieder. Die restlichen Pekingenten wiesen entweder leichte (46,1%) oder schwere (50,9%) Verschmutzungen mit Kot oder Schlamm auf. Deutlich höhere Anteile von 31,4% bis 91,2% saubere Tiere in konventioneller Einstreuhaltung sind in der Literatur zu finden (Liste et al., 2012; Fraley et al., 2013; Karcher et al., 2013). Allerdings kann bei den vorliegenden Ergebnissen nicht ausgeschlossen werden, dass Kotverschmut-zung auch in den Transportboxen erfolgte, da die Beurteilung – anders als bei den vor-genannten Untersuchungen – am Schlachthof durchgeführt wurde. Wahrscheinlich spielte aber auch der Auslauf eine große Rolle, da der Boden aufgrund der geringen Vegetation in den Wintermonaten oft sehr schlammig war. Die Sauberkeit des Gefieders wird zudem von der Einstreuqualität beeinflusst (Makagon und Riber, 2021). Die erheb-lichen Verschmutzungen in der Brust-Bauch-Region könnten daher auch auf eine zu feuchte und schmutzige Einstreu aufgrund einer fehlenden Drainage unter den Tränken im Stall oder eine ggf. zu geringe Einstreufrequenz in den Projektbetrieben zurückzu-führen sein. 16. Wissenschaftstagung Ökologischer Landbau Beitrag wird archiviert unter http://orgprints.org   In den beurteilten Herden wiesen die meisten Pekingenten leichte (49,1%) oder sogar schwere (40,8%) Paddelveränderungen am Schlachthof auf. Niedrigere Prävalenzen von 29,5% bis 45,9% betroffener Tiere wurden in konventioneller Haltung nachgewie-sen (Fraley et al., 2013; Karcher et al., 2013; Abdelfattah et al., 2020). In den zitierten Studien wurden jedoch deutlich jüngere Tiere (Ø 31,3 Tage) im Stall beurteilt, so dass das Alter der Tiere und die Erkennbarkeit von Paddelveränderungen die Ergebnisse beeinflusst haben könnten. Feuchtigkeit und Verschmutzung der Einstreu nehmen nach Liste et al. (2012) mit steigendem Alter zu und könnten zu einer schlechteren Paddel-gesundheit beigetragen haben. Nachteilig werden sich ggf. auch die Jahreszeit (Win-terhalbjahr) und eine fehlende Drainage ausgewirkt haben. Roste unterhalb des Was-serangebots helfen dabei, die Einstreufeuchtigkeit zu reduzieren und das Risiko für Paddelveränderungen zu senken (Makagon und Riber, 2021).  Tabelle 1: Prävalenzen von auf Pekingentenbetrieben und am Schlachthof erho-benen Tierwohlbefunden (Betrieb: n=10 Herden, Stichprobe= je 125-200 Enten; Schlachthof: n=32 Herden, Stichprobe= je 50-300 Enten)  Indikatoren Note MW STAB MIN MAX Betrieb Ausweichdistanz [cm] - 188,0 73,0 77 281 Augenveränderungen [%] 0 27,8 12,6 9,0 44,0 1 72,2 12,6 56,0 91,0 Nasenveränderungen [%] 0 88,6 7,9 76,0 97,6 1 11,4 7,9 2,4 24,0 Lahmheit [%] 0 79,3 8,1 66,5 90,5 1 16,1 6,1 6,0 25,0 2 4,6 3,1 1,5 11,0 Schlachthof Gefiederschäden [%] 0 59,8 24,7 6,0 99,7 1 30,6 19,3 0,3 72,0 2 9,7 17,9 0,0 90,0 Gefiederverschmutzung [%] 0 3,0 6,7 0,0 30,0 1 46,1 38,1 0,0 99,0 2 50,9 39,9 0,0 100,0 Beinverletzungen [%] 0 88,8 7,2 68,0 100,0 1 9,9 6,7 0,0 28,0 2 1,3 1,9 0,0 8,0 Flügelverletzungen [%] 0 74,7 8,1 61,0 92,0 1 20,3 9,0 4,0 39,0 2 5,0 6,2 0,0 24,0 Rückenverletzungen [%] 0 25,0 24,1 0,0 72,0 1 39,8 11,5 24,7 74,0 2 35,2 19,7 0,0 64,0 Fersenhöckerveränderungen [%] 0 53,2 16,7 20,0 87,0 1 41,2 13,1 11,7 62,0 2 5,6 7,3 0,0 24,0 Paddelveränderungen [%] 0 10,1 8,3 0,0 28,0 1 49,1 13,9 25,3 74,0 2 40,8 16,1 8,0 72,0 * MW=Mittelwert, STAB=Standardabweichung, MIN=Minimum, MAX=Maximum (jeweils bezogen auf die Herdenprävalenzen), Note: 0=kein Schaden, 1=(leichter) Schaden, 2=schwerer Schaden 16. Wissenschaftstagung Ökologischer Landbau Beitrag wird archiviert unter http://orgprints.org   Ebenfalls höhere Prävalenzen gegenüber Literaturwerten lagen bezüglich Rückenver-letzungen am Schlachthof (Liste et al., 2012: 5,6 bis 17,0%), Fersenhöckerveränderun-gen am Schlachthof (Jones und Dawkins, 2010: 11,7%) sowie Gefiederschäden im Be-stand (Fraley et al., 2013: 7,4%; Karcher et al., 2013: 6,9%) vor. Die Anzahl lahmer Tiere war vergleichbar mit Zahlen aus England (Jones und Dawkins, 2010: 20,6%). Le-diglich der Anteil Tiere mit Nasenveränderungen lag in den Projektbetrieben niedriger als von Fraley et al. (2013: 21,6%) und Abdelfattah et al. (2020: 50,8%) berichtet. Die beobachtete Ausweichdistanz war geringer als in der Literatur angegeben. Henderson et al. (2001) ermittelten z.B. eine Ausweichdistanz von 451±28 cm. Schlussfolgerungen Das Angebot von offenen Wasserstellen und einem Freilandauslauf in der ökologischen Pekingentenmast allein garantieren kein hohes Tierwohlniveau. Tatsächlich entstehen dadurch zusätzliche Anforderungen an Haltung (z.B. Wasserablauf unter Tränken) und Management (z.B. Auslauf- und Einstreupflege). Die Untersuchungsergebnisse zeigen Tierwohlrisiken insbesondere in den Wintermonaten auf. Zur Beurteilung der Bedingun-gen in den Sommermonaten sind weitere Erhebungen notwendig. Grundsätzlich wurde auf den untersuchten Betrieben Optimierungsbedarf deutlich, um den Ansprüchen an eine Haltung auf hohem Tierwohlniveau gerecht zu werden. Danksagungen Die Autor*innen danken allen Betrieben für ihre Kooperation sowie den Mitarbeiter*innen des Schlachthofes für ihre Unterstützung bei der Datenerhebung. Literatur Abdelfattah E; Vezzoli G & Makagon M M (2020) On-farm welfare assessment of commercial Pekin ducks: a comparison of methods. Poultry Science 99, 689–697.  EU-Öko-Verordnung (2018) Verordnung 2018/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates (ABl. L 150 vom 14.6.2018, S. 1) Fraley S M, Fraley G S, Karcher D M, Makagon M M & Lilburn M S (2013) Influence of plastic slatted floors compared with pine shaving litter on Pekin Duck condition during the summer months. Poultry Science 92, 1706–1711.  Henderson J V, Lines J A, Wathes C M, White R P & Nicol C J (2001) Behaviour of domestic ducks exposed to mobile predator stimuli. 2. The association of individual duckling attributes with relative position in a flock. British Poultry Science 42, 439–448. Jones T A & Dawkins M S (2010) Environment and management factors affecting Pekin duck pro-duction and welfare on commercial farms in the UK. British Poultry Science 51, 12–21.  Karcher D M, Makagon M M, Fraley G S, Fraley S M & Lilburn M S (2013) Influence of raised plastic floors compared with pine shaving litter on environment and Pekin duck condition. Poultry Sci-ence 92, 583–590.  Liste G, Kirkden R D & Broom D M (2012) A commercial trial evaluating three open water sources for farmed ducks: effects on health and production. British Poultry Science 53, 576–584.  Makagon M M & Riber A B (2021) Setting research driven duck-welfare standards: A systematic review of Pekin Duck welfare research. Poultry Science, 101614. Schenk A, Porter A L, Alenciks E, Frazier K, Best A A, Fraley S M & Fraley G S (2016) Increased water contamination and grow-out Pekin duck mortality when raised with water troughs com-pared to pin-metered water lines using a United States management system. Poultry Science 95, 736–748. 

Herausforderungen in der ökologischen Pekingentenmast

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