Gödeke, Dieter

Hofmann, Otto-R.

Welz, Christian

Repositorium für Naturwissenschaften und Technik

Technischer BerichtGlastemperaturmessung mit Thermovisionskamera unter Ausnutzungspektraler Emissionseigenschaften des GlasesO t t o - R . H o f m a n n u n d Chr is t ian WelzFachhochschule Jena, Fachbereich GW, JenaDieter G ö d e k eOtto-Schott-Institut für Glaschemie, Friedrieh-Schiller-Universität, Jena1. Einleitung und AufgabenstellungBei der Glasherstellung besteht an vielen Stellen dertechnologischen Abfolge bis hin zur Kal tendvergütungdie Aufgabe, Temperaturen berührungsfrei zu messen.Ihre Kenntnis, Kontrolle und Beeinflussung ist mitent-scheidend für Qual i tä t und Produkt ionsmenge. Auf demGebiet der Meßtechnik deutet sieh die Konkur renz zwischen der Pyrometric und der Thermografie an. Bei anhal tend günstiger Preisentwicklung hat die IR-Thermo-grafie den Vorteil eines bildgebenden Verfahrens undvermittelt einen zweidimensionalen, gegebenenfalls auehdreidimensionalen Eindruck vom Objekt und der Meßumgebung.Die Temperaturen von heißem Glas können durchdie Messung der vom Glas ausgehenden Strahlung inausgewählten infraroten Spektralbereichen best immtwerden. Bei Kenntnis der stoffspezifisehen Emissions-eigenschaften ist es möglieh, die Temperatur in verschie-denen Schiehttiefen zu best immen. Umgekehr t kannm a n bei bekanntem Temperaturverlauf auf die Emis-sions- bzw. Absorptionseigenschaften des Glases sehlie-ßen und somit indirekt auf die Zusammense tzung folgern.Im Rahmen dieser Arbeit sollen die Möglichkeitender bildgebenden kontakt losen Temperaturmessung vonGlas mit Thermografie beschrieben werden. Nachfol-gend soll an zwei Beispielen die E r m i t d u n g des oberflä-ehennahen Temperaturverlaufs in heißem Glas darge-stellt werden. Derar t ige Informationen sind wichtig, umz.B. mittlere Glas tempera turen (innere Energie des Glas-postens, Rückerwärmung) zu messen oder technologi-sche Parameter einhalten zu können.Eingegangen am 26. Juni 2000.Als Poster präsentiert auf der 74. Glastechnischen Tagung inUlm vom 29. bis 31. Mai 2000.2. Physikalische GrundlagenDie von einem Körper ausgesandte S t rah lung ist eineF u n k t i o n der Tempera tu r u n d seines Emiss ionsve rmö-gens. Die spektrale Intensi tä tsvertei lung ist d u r c h dasPlancksche Gesetz beschrieben.^ 2 5 ( e ^ - 2 / a 7 i - 1)(1)mit  spektrale Strahldichte eines schwarzen S t rah-lers, C l , C2  1. und 2. Plancksche S t rah lungskons tan te ,Τ = Tempera tu r und λ = Wellenlänge.G e m ä ß dem Kirchhoffschen Gesetz emit t ier t ein hei-ßer Körpe r entsprechend seinem Abso rp t i ons ve rmögen .Die Gesamts t r ah lung eines Körpers ergibt sich aus derS u m m e des Emissions- , Transmiss ions- und Reflexions-anteils.α(λ,Τ) + ρ{λ,Τ) + τ{λ,Τ)  1 (2)mit α{λ,Τ) ε (λ, Τ) und α = Abso rp t ionsg rad , ρ =Reflexionsgrad, τ  Transmiss ionsgrad u n d ε  Emis -s ionsgrad.Die Strahlungsintensi tä t n i m m t in e inem semi t rans-paren ten M e d i u m exponentiell mit dem Weg  d g e m ä ß-ad (3)ab [1 und 2], und unter der inneren Transmiss ion  t solldas Verhältnis der t ransmit t ier ten S t rah lung /,/ zur inne-ren emit t ier ten S t rah lung IQ vers tanden werden [3].t = Q-'''^. (4)Die effektive Sichttiefe d^^ ist die Tiefe, bei der un t e r derVoraussetzung eines kleinen l inearen Tempera tu rg ra -dienten die aktuell gemessene Tempera tu r auftr i t t . Sie istgleich d e m reziproken Wert des Absorpt ionskoeff iz ien-ten α [2 und 4].--= =-== = =-4ff ' (5)Die an einer Grenzschicht auf t re tende Reflexion machteine Kor rek tu r mit Hilfe der Reflexionseigenschaftennotwendig .^ A s , korrigiert(Τ,λ) = L ÄS, gemessen(Τ,λ) '(l  r)-\ (6)wobei  r für den Reflexionsgrad des Glases steht.In Glaspla t ten beeinflußt Mehrfachreflexion (Indexm) die St rahlung, was durch Reihenentwicklung derEmissions- , Transmissions- und Reflexionsgrade berück-sichtigt werden k a n n [4 und 5].1 + tHl-r)'^(1  r)^ (1 - r ) ( l -t) \ - r t(7)(8)(9)3. Notwendige VorbetrachtungenZ u r Verfügung s tand die In f ra ro tkamera V a r i o T H E R M ,entwickelt von der Jenopt ik A G in Jena, welche in einemSpektralbereich von 3 bis 5 μχη arbeitet . Des weiterenwurden IR Fi l te r mit unterschiedlichen Transmissions-bereichen im Arbeitsbereich der K a m e r a gewählt:a) Bandpass 3,3 pm/40 nm,b) Bandpass 3,4 pm/200 nm,c) 3,7 pm Cut Off,d) Bandpass 4,0 pm/75 nm,e) 4,7 bis 5,3 pm.U m zu garant ieren, d a ß das durch die Fil ter abgeschwächte Meßsignal Μχ^ für die K a m e r a ausreichendist, wurde eine energetische Abschä t zung durchgeführt .Dies geschah durch Vergleich der vom Fil ter t ransmit-t ierten Energie und der von der K a m e r a benöügtenEnergie [6]. Die Fi l te rbandbre i te und die Objekt tempe-ra tur sind dabei entscheidende Kri ter ien.^ / s , Istsignal (^1 Filter  ^ 2 Fil ten ^ O b j e k t ) ^ ; . s , Mindests ignal (^1 Kamera  ^ l^^l  ^ 2 K a m e r a  ^ \ ^ ^ ^Tmm. Meßbereich  ^93 K) .Auch die Charakter i s t ik des De tek to r s m u ß beachtetwerden, da dieser in bes t immten Wellenlängenbereicheneine veränder te Empfindlichkeit aufweisen k a n n . D a dieK a m e r a bei Verwendung der Fil ter im Strahlengangniedrigere Tempera turen als real anzeigt, war zusätzlichdie E rmi t t l ung der jeweihgen Kal ibr ie rkurven notwen-dig. Dies geschah durch die Messung u n d Auswertungan mehre ren Stützstellen im Tempera turbere ich unterZuhi l fenahme eines Schwarzen Strahlers u n d die an-schließende Kons t ruk t ion der Kalibrierkurve. Weiterhinist die Kenntnis des spektralen Absorptionskoeffizientendes Glases notwendig, der durch Labormessungen bestimmt wurde.4. Labormessungen zur Bestimmung desspektralen Absorptionskoeffizienten desverwendeten GlasesD a der spektrale Absorptionskoeffizient von der Glaszu-sammensetzung und der Temperatur abhängt und fürGlasformgebungstemperaturen häufig nicht bekannt ist,waren als Vorbereitung für die TemperaturmessungTransmissionsmessungen nötig. Es wurden dabei zweiunterschiedliehe Glassor ten untersucht: ein optischesGlas (Glas A) und ein mit Cr203 dotiertes Kalkna t ron-Silicatglas (Glas B). F ü r das Glas Α wurden polierteGlasseheiben der Dicke 0,77, 2,8 und 19,7 m m herge-stellt und auf 700 und 750 °C (Verarbeitungstemperatur)in einem Muffelofen erwärmt. Beim Glas Β betrugen dieDicken der Glasscheiben: 1,03, 3,02 und 16,77 mm. DieAufheizraten waren ca. 20 K/min. Während als Haltezeitbei der Soll temperatur mindestens 10 min gewählt wurden, betrug sie zwischen den einzelnen Aufnahmen (Fü-terweehsel) ca. 5 min. Mit jedem der gewählten Filterwurde ein IR Bild aufgenommen. Wichtig sind dabeikalte ( IR-s t rahlungsarme) Hintergründe, da derenStrahlung von den Proben transmitt iert und reflektiertwird. So wird fast ausschließlich der Emissionsanteil derGlaspla t tenproben gemessen. Eine typische Thermogra-fieaufnahme von Glasplat ten (Glas A) für Transmis-sionsmessungen bei 750 °C wird in Bild 1 gezeigt.N a c h dem Korrigieren der gemessenen Temperatu-ren mit den Fil terkalibrierkurven setzt m a n die Glei-chungen (7), (8) und (9) in Gleichung (10) ein^ / s , P r o b e ( ^ l  h \ ^Glas , real ) ^}ÄM  ^^^2\ ^Glas,gemessen)  ^m+ M;^s(Ai  ^^Hintergrund)  ^m+ M;^s(/ i i λ2\ ^Reflexion)  * ^ n (10)Bild 1. Thermografieaufnahme von Glasplatten (Glas A ) fürTransmissionsmessungen bei 750 °C. = — --­---- ~	 ~ ' - ' " ­~"—	  ~ — ~=-Opt. G las 20 C; Probendicke 5,01 mm•• Opt. G las 20°C; Probendicke 0,85 mmÔpt. G las 750°C; Probendicke 0,77 mm•"Opt. G las 750°C; Probendicke 2,80 mm5 0 0 03 0 0 0 3 5 0 0 4 0 0 0 4 5 0 0^Wellenlänge in nmBild 2. Effektive Sichttiefen bei 750 C der 0,77 und 2,80 mmdicken Proben (Glas A) im Vergleich zu gegebenen Werten für20 °C.Bild 4. Thermografiebild mit heißem Glasgegenstand (Glas A).ΕΕ£ 6,0-1 4,0 i ü.> 2,0 m 0 , 0- • - 7 ω ° 0 ;-Χ -700 °C;- 0 - 7 5 0 °G;1,03 m m Probendicke3.02 m m Probendicke1.03 m m Probendicke3000 3500 4000 4500Wellenlänge in nm5000Bild 3. Effektive Sichttiefe als Funktion der Wellenlänge für dasGlas B.und stellt auf die Norma l fo rm der quadrat ischen Glei-chung 0 t-+pt+q um. Mit der allgemeinen Lösungs-gleichung ergibt sich die innere Transmission t. Mit denGleichungen (4) und (5) erhäU m a n die effektiven Sicht-tiefen\nt(11)Bild 5. Ausschnitt aus dem Thermografiebild mit Glasgegen-stand und Pixellinie zum Datenauslesen.welche in Bild 2 für Glas Α über den Schwerpunktwel-lenlängen der einzelnen Filter abgetragen sind.Im Bild 3 sind die ermittelten effektiven Sichttiefenfür Glas Β als Funk t ion der Wellenlänge dargestellt. Fü rdiese Auswertung wurden die effektiven Sichttiefen nach1 s und nach 5 s Ofenöffnung herangezogen, die dannauf die Null-Sekunden Ofenöffnung extrapoliert wur-den. Die Ergebnisse zeigen, daß die effektive Siehtdefenaeh 5 s im Vergleich zu der nach 1 s ansteigt. Dies ent-spricht nicht den Erwar tungen [7], da hier der Effektschneller Abküh lung kleiner Probendicken überwiegt.Die Auswer tung beruht auf der A n n a h m e , d a ß dievolumenbezogene Strahlungsleis tung der unterschiedl ichdicken Proben in dem bet rachte ten Wellenlängenbereichgleich ist (Gleichung (10)). Liegt j edoch eine unter -schiedliche Temperaturver te i lung in den G l a s p r o b e n vor,(die dickere Probe heizt sich im Vergleich zur d ü n n e r e nProbe langsamer auf und zeigt dami t größere Tempera -turunterschiede) , so ist Gle ichung (10) nicht m e h r erfülltu n d k a n n zu fehlerhaften Ergebnissen führen.° · ° -= 8 6 0 -O 8 5 0 -0£ 8405 830 ε 820 + 810800-Glastiefe in m mBild 6. Temperaturgradient eines Glasgegenstandes (Glas A)nach den Labormeßergebnissen der Probe 0,77 mm bei 750 Cneare und kleine Temperaturgradienten gilt [4] und fürgrößere Glastiefen hinter dem Tempera turmaximum ungenau wird [8].Die Durehführung der Messung für das Glas Β erfolgte an einem Indukt ionsofen bei Temperaturen zwischen 800 und 1100 C, wobei das sehen vorgesehmol-zene Glas in einem Platintiegel (63 em-^) auf die entspre-chende Temperatur gebracht wurde. Die Temperatur-steuerung erfolgte mittels eines stat ionären Pyrometers,das auf den Platintiegel fokussiert war. Der Tiegel wurdenach oben nicht isoliert. Die IR-Aufnahmen erfolgtenabwechselnd ohne Kühlung und mit Iner tgas-Kühlungder Glasoberfläche. Z u r Kontrolle wurden entlang desPlatintiegels Thermoelemente (P t -P tRh, Typ S) angepunkte t , deren Temperaturwerte mit in die Bilder 7a undb eingezeichnet sind.5. Messungen an einer Produktionslinie (GlasA) und in einem Laborinduktionsofen (Glas B)In einer automat is ier ten Linie zur F o r m g e b u n g von Glaswurden IR-Bilder von ca. 800 °C heißen Glasgegenstän-den (Glas A) (Bilder 4 u n d 5) unter Verwendung derbeschr iebenen Fil ter au fgenommen.D a in den Rechnungen der Reflexionsgrad für senk-rechten Lichteinfall für Glas verwendet wird, wurdennur die Pixel temperaturen aus dem or thogona len Zent r u m des Glasgegens tandes per Software ausgelesen undverwendet . Z u m Erha l t der Meßergebnisse wurden dieMeßwer t e mi t den Fi l terkal ibr ierkurven korrigiert undder Reflexionsverlust mit Gle ichung (6) an der Phasen-grenze berücksichtigt .Bild 6 zeigt den ermit te l ten Tempera turver lauf (GlasA) als F u n k t i o n der Sichttiefe. D e r vorher bekannteTempera turver lauf im Innern des Glaskörpers wurde ann ä h e r n d bestät igt . Eine Unsicherhei t ergibt sich dadurch , d a ß das Ergebnis laut Voraussetzung nur für li6. ZusammenfassungIm vorliegenden Aufsatz wird gezeigt, auf welche Ar tund Weise sich die Temperatur von heißem Glas in un-terschiedliehen Schichttiefen berührungslos mit einerI R - K a m e r a messen läßt und wie die Auswertung erfolgt.Dabei sind die komplexen physikalischen Zusammenhänge, die bei der Ausbrei tung der IR-Strahlung im Glasund beim Übergang in die Atmosphäre von Bedeutungsind, zu beachten. Zusätzliche Labormessungen warennotwendig, u m die spektralen Emissionseigenschaftendes Glases bei Formgebungstemperaturen zu ermitteln.Für die freundliche Unterstützung bei der Durchführung derArbeiten bedanken wir uns bei Herrn H.-J. Becker, Schott Glas-werke, Mainz, Herrn Lembke, Jenoptik  Laser, Optik, Systeme GmbH, Jena, und Herrn Dr. H.-J. Voss, Friedrichsdorf,Taunus.10501000Β 900850 -800750-Glast iefe in m m -4 6 -Glastiefe in m m -Bilder 7a und b. Temperaturgradienten von Glas Β im Induktionsofen bei a) 800 °C, b) 1050°C; Ο  IR-Temperaturen ohneInertgaskühlung,   IR-Temperaturen mit Inertgaskühlung, •  Thermoelementtemperaturen ohne Kühlung.---- °  -­--° --- - ­--­= · =  =7. Literatur[1] Maciejewicz, N.; Kluge, G.: Temperaturmessungen in derGlasindustrie mit stationären Pyrometern des VEB Wär-metechnisches Institut der Glasindustrie Jena. Silikattech-nik 37 (1986) Nr. 1, S. 32-34.[2] Neuroth, N.; Haspel, R.: Anordnung zur berührungslosenMessung der Temperatur von teiltransparenten Medien inverschiedener Schichttiefe. DBP  DE Nr. 29 17 653 C3.Pat. ab 2. 5. 1979, ausgeg. 4. 6. 1981.[3] Struß, O.: Pyrometrische Temperaturmessung an Gläsernund Keramik. VDI-Seminar  Technik der Messung hoher Temperaturen (1995) S. 1-15.[4] De Witt, D. P; Nutter, Gene D.: Theory and pracdce ofradiadon thermometry. New York: Wiley, 1988.[5] McMahon, H. O.: Thermal radiation characteristics ofsome glasses. J. Am. Ceram. Soc. 34 (1951) Nr. 3, S.91 -96 .[6] Siegel, R.; Howell, J. R.; Lohrengel, J.: Wärmeübertragungdurch Strahlung. Beriin et al.: Springer, 1988.[7] Endrys, J.; Geotd-Bianchini, F.; De Riu, L.: Study of thehigh-temperature spectral behavior of eontainer glass.Glastech. Ber. Glass Sei. Technol. 70 (1997) Nr. 5,S. 126-136.[8] Brinckmann, M.: Fundamentais of pyrometric temperature measurements in hot glass. In: Proc. 6th Int. Conf.Advances in Fusion and Processing of Glass, Ulm, 2000.Glastech. Ber. Glass Sei. Technol. 73 C2 (2000). Im Druck.1 2 0 0 T 0 2 IAdressen der Autoren:O.-R. Hofmann, C. WelzFachhochschule JenaFachbereich GWCarl-Zeiss-PromenadeD-07745 JenaD. GödekeOtto-Schott-Insdtut für GlaschemieFriedrieh-Schiller-Universität JenaFraunhoferstraße 6 D-07743 Jena--- ­

Glastemperaturmessung mit Thermovisionskamera unter Ausnutzung spektraler Emissionseigenschaften des Glases

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