Der NDICEA-Ansatz zur Stickstoffmodellierung kombiniert Bewirtschaftungs- und Wetterdaten, um den Umsatz organischer Substanzen zu berechnen. Die Ergebnisse der Modellierung des ökologischen Gartenbaus unterstreichen den Einfluss der Bodenbearbeitung auf die Stickstoffmineralisierung

Fischer, Rachel

Schad, Philipp D.

Timmermans, Bart G. H.

Van Der Burgt, Geert-Jan H. M.

Organic Eprints

16. Wissenschaftstagung Ökologischer Landbau Beitrag wird archiviert unter http://orgprints.org   Das NDICEA-Modell zur Abbildung der Stickstoffdynamik im ökologischen Gemüsebau Schad P D1, Timmermans B G H2, Burgt G J H M van der2, Fischer R1 Keywords: Stickstoffdynamik, Modellierung, Düngebedarfsermittlung, Stickstoffnachlie-ferung Abstract  The complex nitrogen dynamics resulting from crop rotation, climate and soil interac-tions have always played a crucial role in organic agriculture. In particular, the temporal and spatial nitrogen availability for crops is of utmost interest to the farmer. Conventional calculations of nutrient requirements fall short in this regard. The NDICEA approach to nitrogen modeling and fertilization combines management and weather data to calcu-late organic matter turnover. Results from organic horticulture modelling highlight the importance of soil tillage for nitrogen mineralization. Einleitung und Zielsetzung  In der Landwirtschaft ist die Stickstoff (N) Effizienz im Allgemeinen niedrig mit vielen Folgen für die Umwelt (Godinot et al. 2016, Biernat et al. 2020). Auch das Nährstoffma-nagement im ökologischen Land- und Gemüsebau ist in den letzten Jahren aufgrund verschiedener Probleme und Fragen in die Diskussion geraten. Einerseits zeigte sich ein Nährstoffungleichgewicht hinsichtlich des tatsächlichen pflanzlichen Düngebedarfs und der in der Praxis durchgeführten Düngung (Von Fragstein et al. 2004, Zikeli et al. 2017). Dies kann bei Überschüssen zu einem erhöhten N-Eintrag in den Boden führen (Biernat et al. 2020, Chmelíková et al. 2021). Andererseits führt das Fehlen eines reinen N-Düngers, insbesondere im ökologischen Gemüsebau, bei der N-Bedarfsdeckung starkzehrender Kulturen, z.B. Kohlarten, mit Wirtschaftsdüngern zu Ungleichgewichten anderer Nährstoffe. (Möller und Schultheiß 2014, Zikeli et al. 2017). Die Nährstoffun-gleichgewichte werden durch die gasförmigen N-Verluste sowie der Nitratauswaschung verstärkt. Auch Schwefelüberschüsse und Kaliumdefizite spielen eine wichtige Rolle. Eine präzisere Stickstoffdüngeplanung durch Information über die witterungsabhängige N-Verfügbarkeit ist daher in Hinblick auf andere Nährstoffe ein wichtiger Bestandteil einer nachhaltigen Landwirtschaft (Swain et al. 2016). Einen Beitrag dazu können pro-zessbasierte Modelle wie NDICEA (Nitrogen Dynamics In Crop-rotations in Ecological Agriculture, https://www.ndicea.nl/indexnl.php, Burgt et al. 2006) leisten, welches im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau (BÖL) geförderten Projektes „Nutri@ÖkoGemüse“ neu programmiert wurde und derzeit anhand von Versuchsdaten für den ökologischen Gemüsebau validiert wird (Tietjen et al. 2022). Im Folgenden soll der Modellierungsansatz von NDICEA erläutert und anhand eines Beispiels gezeigt werden, wie das Modell zur Ermittlung des Düngerbedarfes genutzt werden kann. Ab-schließend werden Möglichkeiten und Limitationen des Modells zur Anwendung im öko-logischen Gemüsebau diskutiert.                                                  1 Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Nevinghoff 40, 48147 Münster  Email: philipp.schad@lwk.nrw.de 2 Louis Bolk Institute, Kosterijland 3-5, 3981 AJ Bunnik, Niederlande 16. Wissenschaftstagung Ökologischer Landbau Beitrag wird archiviert unter http://orgprints.org   Methode - Modellbeschreibung Die Grundlage von NDICEA bildet ein Kohlenstoff-Stickstoff-Umsatzmodell (Janssen 1984). Es werden gesamte Fruchtfolgen betrachtet, um den täglichen Abbau der orga-nischen Substanz unter Einbezug der schlagspezifischen Düngung, der Wurzelmasse und der Erntereste der vergangenen Jahre sowie des regionalen Wetters zu berechnen. Die ertragsabhängige N-Aufnahme der Kultur sowie Verluste durch Auswaschung und Denitrifikation werden mit der mineralisierten und verfügbaren Stickstoffmenge tage-weise bilanziert (Abb. 1). Für einen Ackerschlag werden Kulturart, Dauer und Düngergaben eingetragen. Für das zweischichtige Bodenmodell können die Bodenart, der pH-Wert und der Anteil organi-scher Substanz angegeben werden. Für jede auswählbare Kategorie sind Modellpara-meter in Datenbanken hinterlegt, die bei Bedarf angepasst werden können. Wenn N-min-Messungen verfügbar sind, können diese zur schlagspezifischen Kalibrierung eini-ger Parameter genutzt werden. Abbildung 1: Vereinfachte Darstellung der Berechnung des pflanzenverfügbaren Stickstoffs in NDICEA Ergebnisse - Modellanwendung Eine Düngeplanung kann durch die Gegenüberstellung der kumulierten verfügbaren und zu entziehenden N-Menge vorgenommen werden. Durch Anpassung der Dünger-menge, des Ausbringdatums und des Saattermins können die beiden Kurven mit einer Sicherheitsmarge (e.g. 20 kg N) optimal aufeinander abgestimmt werden (Abb. 2 A). Die wetterbedingte Unsicherheit kann durch die Annahme verschiedener Wetterszena-rien aus den Vorjahren und zu erwartenden Erntemengen abgeschätzt werden. Ideal-erweise wird das Szenario mit vorhandenen N-min-Probemessungen aus den Vorjah-ren kalibriert. In Abb. 2 A) ist der Effekt zweier unterschiedlicher Düngergaben (0 und 80 kg N / ha) zu Kopfsalat auf die durch NDICEA berechnete N-Verfügbarkeit abgebil-det.  16. Wissenschaftstagung Ökologischer Landbau Beitrag wird archiviert unter http://orgprints.org   Abbildung 2: Stickstoffdynamik bei Düngung mit Haarmehlpellets (HMP) und Nulldüngung zu Salat. (A) Modellierte kumulierte Stickstoffverfügbarkeit und Auf-nahme für beide Düngungsvarianten. (B) Modellierter (NDICEA) und gemessener (N-min) täglicher mineralischer Stickstoff bei Nulldüngung. Diskussion Im täglichen Verlauf der modellierten N-min-Werte (Abb. 2 B) lassen sich viele Effekte der Bewirtschaftungsmaßnahmen wie Düngergaben und die zeitlich versetzte N-Aus-waschung in den Unterboden beobachten. N-Bindung durch Zwischenfrüchten (Wicke) werden ebenso abgebildet wie N-Verluste aus dem System durch fehlende Bodenbe-deckung (Herbst 2020). Der pflanzliche Entzug ist ebenfalls durch eine steil abfallende Kurve zu beobachten. Im Rahmen des Projektes wurden Erntemenge, Trockenmasse- und N-Gehalte der Pflanzen bestimmt und im Modell berücksichtigt. Der Unterschied zwischen verfügba-rem und entzogenem N bei Kopfsalat (kreuzenden Linien in Abb. 2 A) ist auf eine feh-lende nachgelieferte N-min-Menge zurückzuführen. Auch der Vergleich zu den N-min-Messungen zum Zeitpunkt der Beet Bereitung (Abb. 2. B) stützt diese Vermutung. In 75% der modellierten 130 Kohl- und Salat-Flächen konnte eine ähnliche Tendenz beo-bachtet werden. Die hohe N-min-Dynamik während der kurzen ertragreichen Kulturzeit (Kopfsalat, Abb. 2 B) mit einem starken Anstieg nach Kulturende kann in intensiv be-wirtschafteten Flächen mit hohen gebundenen Stickstoffmengen in der organischen Bo-densubstanz durch die erhöhte N-Mineralisation nach Bodenbearbeitung (z.B. Einsatz von Hacken) erklärt werden (Spiegel et al. 2002). Diese Umstände sind häufig im öko-logischen Gemüsebau anzutreffen. Eine geplante Modellverbesserung ist daher die Be-rücksichtigung kulturspezifischer Bodenbearbeitungsmaßnahmen im Kohlenstoff-Stick-stoff-Umsatzmodell.   16. Wissenschaftstagung Ökologischer Landbau Beitrag wird archiviert unter http://orgprints.org   Schlussfolgerungen  Mit der Visualisierung der zeitlichen Stickstoffdynamik bietet NDICEA generell ein wert-volles Instrument für eine effizientere Planung der Stickstoffdüngung in der Landwirt-schaft. In den durchgeführten Versuchen im ökologischen Gemüsebau ließ sich jedoch oft eine Unterschätzung des nachgelieferten Stickstoffes durch das Modell feststellen. Daher ist unter anderem die Abbildung der Bodenbearbeitung als Mineralisationsfaktor als nächster Schritt in der Weiterentwicklung von NDICEA geplant. Danksagung  Besonderen Dank gilt Sarah Tietjen und André Sradnick vom Leibniz-Institut für Ge-müse- und Zierpflanzenbau (IGZ) und Konrad Egenolf von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen (LWK NRW). Gefördert wurde diese Arbeit durch das Bundesmi-nisterium für Ernährung und Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau. Literatur Biernat L, Taube F, Vogeler I,Reinsch T, Kluß C & Loges R (2020). Is organic agriculture in line with the EU-Nitrate directive? On-farm nitrate leaching from organic and conventional arable crop rotations. Agriculture, Ecosystems & Environment 298, 106964 Burgt G J H M van der, Oomen G J M, Habets A S J, Rossing W A H (2006) The NDICEA model, a tool to improve nitrogen use efficiency in cropping systems. Nutrient Cycling in Agroecosys-tems 74: 275-294. Chmelíková L, Schmid H, Anke S & Hülsbergen K J (2021) Nitrogen-use efficiency of organic and conventional arable and dairy farming systems in Germany. Nutrient Cycling in Agroecosys-tems 119, 337–354. DOI: 10.1007/s10705-021-10126-9 Fragstein und Niemsdorff P von, Geyer B & Reents H J (2004) Status quo Ökologischer Gemüsebau – Betriebsbefragungen. Unveröffentlichter Endbericht BLE-Projekt 02OE222, Kassel, Witzen-hausen. Godinot O, Leterme P, Vertès F & Carof M (2016). Indicators to evaluate agricultural nitrogen effi-ciency of the 27 member states of the European Union. Ecological Indicators 66, 612-622. DOI: https://doi.org/10.1016/j.ecolind.2016.02.007 Janssen B H (1984) A simple method for calculating decomposition and accumulation of ‘young’ soil organic matter. Plant Soil 76: 297 –304. DOI: https://doi.org/10.1007/BF02205588 Möller K & Schultheiß U (2014) Organische Handelsdüngemittel im ökologischen Landbau – Cha-rakterisierung und Empfehlungen für die Praxis. KTBL-Schrift 499. KTBL Darmstadt. Spiegel H, Pfeffer M & Hösch J (2002) N Dynamics under Reduced Tillage, Archives of Agronomy and Soil Science, 48:5, 503-512, DOI: 10.1080/03650340215644 Swain E Y, Almadni M, Leifert C, Stockdale E A& Cooper JM (2016) NDICEA Calibration and vali-dation on a northern UK soil. Organic Agriculture, 6(4), 267-280. DOI: https://doi.org/10.1007/s13165-015-0134-2 Tietjen S, Egenolf K, Fischer R, Schad P & Sradnick A (2022) Improving N fertilization management in organic vegetable farming with decision support systems. Presented at the International Horticultural Congres (IHC) https://app.ihc2022.org/event/ihc-2022/planning/UGxhbm5pbmd-fOTY0NDQx Opheusden A H M van, Burgt G J H M van der & Rietberg P I (2012). Decomposition rate of organic fertilizers: effect on yield, nitrogen availability and nitrogen stock in the soil. (Publicatie / Louis Bolk Instituut; No. 2012-033 LbP). Louis Bolk Instituut. https://edepot.wur.nl/237962. Zikeli S, Deil L & Möller K (2017) The challenge of imbalanced nutrient flows in organic farming systems: A study of Organic greenhouses in Southern Germany. Agriculture, Ecosystems En-vironment 244: 1-13, DOI: 10.1016/j.agee.2017.04.017 

Das NDICEA-Modell zur Abbildung der Stickstoffdynamik im ökologischen Gemüsebau

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