Pusch, Claus D.

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Ruhr-Universität Bochum (RUB): Open Journal Systems

 Ressenyes 419Joan A. Argenter / Jens Lüdtke (eds.): Manual of Catalan Linguistics.Berlin / New York: De Gruyter, 2020 (Manuals of RomanceLinguistics; 25). 796 S. ISBN 978-3-11-044825-2.Seit 2014 erscheint bei De Gruyter unter der Reihenherausgeberschaft vonGünter Holtus und Fernando Sánchez-Miret die Handbuchreihe Manuals ofRomance Linguistics (MRL), deren Mission es u. a. ist, das lange Zeit zumin-dest im deutschsprachigen Raum maßgebliche Referenzwerk Lexikon derRomanistischen Linguistik (LRL; Holtus / Metzeltin / Schmidt [eds.], 1988–2005) zu aktualisieren und zu erweitern. War das LRL noch in seinerGesamtstruktur genau durchgeplant, ist das MRL als eher offene Reihekonzipiert, die sowohl Einzelsprachen gewidmete Handbücher ‚klassischer’Machart umfasst als auch Titel, die einzelne Themenfelder und spezifische(durchaus eng theoriebezogene) Forschungsfragen behandeln. Etwa 60Bände soll das MRL umfassen, 35 sind aktuell (Anfang 2021) auf der Ver-lags-Webseite benannt, 23 davon erschienen. Neben der heterogeneren,oder positiv gemünzt: flexibleren Reihenstruktur zeichnet sich das MRLdurch die Wahl des englischen Reihentitels durch eine klarere Ausrichtungauf einen internationalen Rezipientenkreis aus (wobei betont werden muss,dass auch das LRL von Skopus und vor allem von der Autorenschaft hersehr international aufgestellt war). Bei den Einzelbänden wird dies aufmetasprachlicher Ebene aber nur teilweise eingelöst, sind doch von den 35vom Verlag aufgelisteten Bänden nur 15 englischsprachig, davon das hierbesprochene, von Joan A. Argenter und dem 2019 verstorbenen JensLüdtke verantwortete Manual of Catalan Linguistics (ab jetzt: MCL).1 Aus1 Wobei Rolf Kailuweit in seinem Nachruf auf Lüdtke in ZfK 32 (2019), S. 369, daraufZeitschrift für Katalanistik 34 (2021), 406–423 ISSN 0932-2221 · eISSN 2199-7276https://doi.org/10.46586/ZfK.2021.419-423420 Buchbesprechungen meiner Sicht kann man die Bandherausgeber zu dieser Entscheidung nurbeglückwünschen, kann das MCL doch so eine Leserschaft barrierefreierreichen, die auch zur typischen Zielgruppe solcher Handbücher zählt,nämlich die an sprachlichen Themen Interessierten (Forschende, Studie-rende und aus dem außerakademischen Bereich) außerhalb der (romanisti-schen) Philologie(n).Das MCL präsentiert seine beinahe 800 Seiten im verlagstypischenangenehmen, gut lesbaren und akkurat gestalteten Layout, und die Druck-ausgabe ist, wie von De Gruyter gewohnt und für ein Buch, das von vielenLesern in die Hand genommen werden soll, erwartbar, solide verarbeitet;allerdings kann man davon ausgehen, dass die meisten Nutzer auf die zeit-gleich erschienene E-book-Version zugreifen werden, die von vielenBibliotheken anstelle der (oder ergänzend zur) gedruckten Ausgabe lizen-ziert werden wird. Auch bei den Einzelbeiträgen zeigt sich in formalerHinsicht, dass hier mit großer Sorgfalt gearbeitet wurde. Inhaltlich gliedertsich das MCL in drei große, mit „Language Description“, „Language His-tory“ und „Catalan Today“ überschriebene Blöcke, denen neben einemVorwort von Argenter der eher essayistische Text „Language, Cultures,Nations: A History of Europe“ des valencianischen Soziologen Joan F.Mira und der sehr umfassende Überblicksbeitrag „History of Catalan Lin-guistics“ (mit einer beeindruckenden 13-seitigen Bibliographie) des 2020verstorbenen Joan Julià-Muné vorangestellt sind. Der Block „LanguageDescription“ behandelt 7 zentrale, überwiegend strukturlinguistische The-men (in Form von 13 Aufsätzen): Orthographie, Phonologie und (segmen-tale sowie suprasegmentale) Phonetik, Morphologie und Syntax (zusam-mengefasst in einem Kapitel „Morphosyntax“, das 5 Teilbeiträge umfasst,darunter einen aus der Feder von Jaume Mateu zur Phraseologie, die alslexikalisierte Syntax perspektiviert wird), Pragmatik und Textlinguistik,Lexikologie, Variations- und Varietätenlinguistik, sowie Korpuslinguistik.Der Block „Language History“ beinhaltet 7 Themenbereiche (8 Texte),wobei der Beitrag von Albert Turull zur Onomastik zwar natürlich die demGegenstand inhärente historische Dimension aufzeigt, aber auch in denstrukturell-deskriptiven ersten Block gepasst hätte. Die übrigen 7 Beiträgefokussieren überwiegend oder ausschließlich auf die externe Sprach-geschichte (mit Ausnahme des Abschnitts „Early Medieval Catalan“ vonPhilip D. Rasico, der zu zwei Dritteln einer intern-diachronischen struktu-                                                                                                                     hinweist, dass die Wahl des Englischen als Publikationssprache letztlich eher über-raschend erfolgte. Ressenyes 421rellen Beschreibung des Altkatalanischen gewidmet ist), wobei bei denKapiteln, die die Periode ab dem 19. Jahrhundert in den Blick nehmen,(nicht ganz überraschend) Aspekte der Sprachnormierung und Sprach-institutionalisierung breiten Raum einnehmen. Dass der mit „Translation“überschriebene Beitrag von Montserrat Bacardí und Joaquim Mallafrè indieser und nicht etwa in der nachfolgenden Sektion des Handbuchserscheint, ist dem Umstand zuzuschreiben, dass er nicht translatorischeFragen behandelt, sondern einen Überblick zu übersetzten Werken undAutoren in unterschiedlichen Epochen und zu Übersetzungen aus demKatalanischen in andere Sprachen aus jüngerer Zeit bieten möchte.Der dritte, im Vergleich zu den beiden anderen etwas kürzere Inhalts-block liefert unter seiner wenig expliziten Überschrift „Catalan Today“ 9Beiträge einerseits zu Themen der (Makro-)Soziolinguistik, Sprachpolitikund Sprachsoziologie und andererseits zu Aspekten der angewandtenSprachwissenschaft (Sprachvermittlung und Terminologie) sowie einenBeitrag von August Bover i Font zur Präsenz von katalanischer Spracheund Kultur weltweit sowie zu Akteuren und Institutionen der Kulturver-mittlung. Der (kurze) Beitrag von Oriol Camps und Aina Labèrnia Roma-gosa, „Catalan in the Mass Media: The Rise of Stylebooks“, gibt bereits imTitel zu erkennen, dass er das anwendungsorientierte Teilthema der llibresd’estil und der Sprachberatung priorisiert, gleichzeitig aber auf eine – ineinem solchen Handbuch sicherlich nützliche und auch erwartbare –Gesamtdarstellung der katalanophonen Medienlandschaft verzichtet.2 EineListe mit Kontaktdaten der Autorinnen und Autoren sowie ein kumulierterSach- und Personenindex, der 30 Seiten stark und sehr ausdifferenziert ist,schließen das Opus ab.Es liegt in der Natur eines Handbuchs und seines (von Vorkenntnissenund Lektüreabsicht her) durchmischten potentiellen Rezipientenkreises,dass es für die Autoren der Einzelbeiträge eine heikle Abwägungssache ist,wie weit sie ausholen und einführende bzw. spezifische Inhaltsaspektegewichten. Im MCL werden dabei sehr unterschiedliche Wege beschritten:während M. Teresa Cabré und M. Amor Montané in ihrem Kapitel „Ter-minology and Neology“ 5 von 13 Fließtextseiten einer allgemeinen Einfüh-rung in Wesen, Gegenstand und Geschichte der Terminologieforschung2 Das ist auch deswegen bedauerlich, weil der bereits erschienene medienlinguistischeMRL-Band von Bedijs / Maaß (eds. 2017) – legitimerweise – themen- und nicht spra-chenorientiert gegliedert ist und von daher nicht ersatzweise für einen solchen Über-blick herangezogen werden kann.422 Buchbesprechungen und -planung einräumen, bevor sie auf die Situation im Katalanischen zusprechen kommen, verzichtet Maria Josep Cuenca im Beitrag „Pragmaticsand Text Linguistics“ ganz auf eine allgemeine Hinführung, stellt auf nureiner Seite die Grundzüge der Subdisziplinen dar, verweist für weiterge-hende Informationen auf Sekundärliteratur und widmet sich dann umge-hend spezifischen (und angesichts der Breite des Felds unweigerlich selek-tiven) Themen zum Katalanischen.Eine nicht weniger heikle Abwägungssache bei einem Handbuch, dasdas Gesamtportrait einer Sprache zeichnen soll, ist die Frage der zuberücksichtigenden, da als kanonisiert geltenden Inhaltsbereiche und damitdie Gewichtung von Struktur- vs. Soziolinguistik, von synchronen vs. dia-chronen Inhalten, von formalen vs. funktionalen Perspektiven. Argenterund Lüdtke haben im MCL die (im weitesten Sinne) soziolinguistischen,sozio-historischen und sozio-kulturellen Bereichen gegenüber den syste-misch-strukturellen Inhalten zwar insgesamt privilegiert; allerdings darf esals klug bezeichnet werden, dass einer strukturellen Beschreibung desKatalanischen durch den ersten Inhaltsblock (dem quantitativ betrachtetumfangreichsten des Handbuchs) dennoch ausreichend Raum gewährtwird, denn eine derartige ‚traditionelle’ Beschreibung des katalanischenSprachsystems wird mit Sicherheit von einem beträchtlichen Anteil deranvisierten Rezipienten eines solchen Handbuchs auch erwartet.3 Il fautfaire un choix – diese Devise gilt schließlich bei einem Überblickswerk, daseine Teilphilologie in ihrer gesamten Breite anspricht, auch bei den Beiträ-gern, die man für die Einzelkapitel mit ins Boot holt. Die Bandherausgeberhaben, von wenigen Ausnahmen abgesehen, hier Autorinnen und Autorenaus dem katalanischsprachigen Gebiet zum Zuge kommen lassen, die alle-3 In den MRL-Bänden, die den Einzelsprachen gewidmet sind, wird diesbezüglich sehrunterschiedlich verfahren. Während etwa der Band zur Sprachwissenschaft des Spani-schen (Ridruejo [ed.], 2019) in toto einem solchen Gliederungsprinzip nach strukturell-systemischen Beschreibungsebenen folgt, wird im Band zum Französischen (Polzin-Haumann / Schweickard [eds.], 2015) ein innovativer, ganz anderer Aufbau gewählt, indem die gewohnten deskriptiven Strukturebenen als solche nicht aufscheinen. Hierbesteht ein signifikanter Unterschied zwischen dem MRL-Ansatz und dem LRL, indem die Einzelsprachen-Darstellungen z.T. bis in die Unterkapitel hinein vergleichbaraufgebaut waren. – In diesem Zusammenhang wird die von Lluís Payrató in seinerRezension des MCL (in Estudis Romànics 43 [2021], 455–460, hier: 459) aufgeworfeneFrage „Però què és, la lingüística catalana?“ relevant, die sich natürlich ebenso stellt,wenn es darum geht festzulegen, was man unter ‚französischer / spanischer / ...Sprachwissenschaft‘ bzw. ‚Sprachwissenschaft des Französischen / Spanischen / ...‘verstanden haben möchte. Ressenyes 423samt als ausgewiesene Fachleute auf dem von ihnen behandelten Feld gel-ten dürfen. Dass dem in der Katalanistik Bewanderten bei nahezu jedemTeilgebiet auch alternative Namen sowohl aus den Katalanischen Ländernselbst als auch aus der internationalen Sprachwissenschaft einfallen wür-den, tut der insgesamt glücklichen Autorenwahl von Argenter und Lüdtkekeinen Abbruch.Trotz einer gewissen inhaltlichen Selektivität und unvermeidlicherKompromisse bei der Gewichtung der einzelnen thematischen Facetten,die bei einem einbändigen Werk diesen Zuschnitts unumgänglich sind,liegt mit dem MCL eine durchdachte, akkurat edierte, aktuelle und damitwertvolle Ressource vor, die sowohl katalanistisch Versierte als auch Novi-zen und „Gelegenheitsgäste“ auf dem Gebiet der katalanischen Sprachwis-senschaft in Forschung und Studium mit Gewinn nutzen werden und dieden Ansprüchen an ein modernes und leserfreundliches Handbuch, wie sieim Profil der MRL-Reihe formuliert werden, vollauf gerecht wird. Wennder (nun für Sommer 2022 angekündigte) MRL-Band zum Galicischen(Sousa / González Seoane [eds.], i.V.) vorliegt, werden die (territorialisier-ten) romanischen Hauptsprachen der Iberischen Halbinsel vollständig indiesem Handbuch-Projekt in erfreulicherweise weitgehend ähnlichem For-mat dokumentiert sein.BibliographieBedijs, Kristina / Maaß, Christiane (eds.) (2017): Manual of Romance Lan-guages in the Media (MRL; 23), Berlin / New York: De Gruyter.Holtus, Günter / Metzeltin, Michael / Schmitt, Christian (eds.) (1988–2005): Lexikon der romanistischen Linguistik, Tübingen: Niemeyer (12 Bän-de).Polzin-Haumann, Claudia / Schweickard, Wolfgang (eds.) (2015): Manuelde linguistique française (MRL; 8), Berlin / New York: De Gruyter.Ridruejo, Emilio (ed.) (2019): Manual de lingüística española (MRL; 14), Berlin/ New York: De Gruyter.Sousa, Xulio / González Seoane, Ernesto (eds.) (i.V.): Manual of GalicianLinguistics (MRL; 19), Berlin / New York: De Gruyter.Claus D. Pusch, Albert-Ludwigs-Universität, Romanisches Seminar, Platz der Univer-sität 3, D-79085 Freiburg im Breisgau, <claus.pusch@romanistik.uni-freiburg.de>,ORCID: 0000-0002-4083-8663.

Joan A. Argenter / Jens Lüdtke (eds.): Manual of Catalan Linguistics. Berlin / New York: De Gruyter, 2020

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