Die Milieuanalyse der Praxeologischen Wissenssoziologie

Abstract

Das zunehmende Interesse an der Milieuforschung bzw. die Suche nach neuen theoretischen und methodischen Grundlagen für derartige Analysen verweisen zumindest teilweise auf das Verblassen einer Dominanz jenes Diskurses, welcher durch das Individualisierungstheorem geprägt ist und insbesondere in den 1990er Jahren noch im Zentrum der Sozialwissenschaften stand. Die Rede von der „Zerbrechlichkeit sozialer Lagen und Biographien“ (Beck 1996: 21), von der „Bastel-Existenz“ (Hitzler/Honer 1994), von „Patchwork-Identität“ (Keupp et al. 1999: 74) impliziert, wie bereits in den 1990er Jahren kritisiert wurde (Neckel 1993: 79; auch Bohnsack 1998: 77) eine „Verfallsrhetorik“, die – wie sich nun rückblickend zeigt – in ihrer Erklärungs- oder Prognosekraft recht begrenzt ist. Diese Argumentation ist von vornherein mit einer Art ‚Kurzschluss‘ behaftet, dahingehend, dass die Art und Weise, wie eine Erosion sozialer Lagen oder Milieus verarbeitet wird, als ein ausschließlich oder primär individueller oder subjektiver Prozess verstanden wurde. Dass gerade aus einem kollektiven, also gemeinsamen oder besser: strukturidentischen Erleben von Diskontinuitäten und Brüchen im Bereich sozialer Lagerungen und milieuspezifischer Bindungen neue Formen der Zugehörigkeit und Milieubildung entstehen können, wird auch dort letztlich nicht erkannt, wo von „posttraditionalen Gemeinschaften“ die Rede war oder ist

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