Studien zum Zusammenhang von sozialen Medien und Lebensstilpolitik

Abstract

Private Lebensführung ist ein Ort politischen Handelns. Menschen verändern gezielt ihre Ernährungs-, Reise- und Konsumgewohnheiten, um so Verantwortung für globale Probleme, wie den Klimawandel, zu übernehmen. Auf diese Weise politisieren sie Entscheidungen alltäglicher Lebensführung und betreiben Lebensstilpolitik. Ein zentraler Ort für die Herausbildung von Lebensstilpolitik sind soziale Medien. In den Diskursräumen sozialer Medien debattieren Nutzer*innen die gesellschaftlichen Konsequenzen moderner Lebensstile, sie präsentieren dort ihre politisierte Lebensführung und vernetzen sich mit Gleichgesinnten. Vor diesem Hintergrund untersucht die kumulative Dissertation in drei separaten Studien, wie die Nutzung sozialer Medien lebensstilpolitisches Engagement beeinflusst. Studie 1 erörtert aus theoretischer Perspektive, wie soziale Medien die unterschiedlichen Dimensionen und Arten von Lebensstilpolitik beeinflussen, wie sie also ihre Ausübung unterstützen, verändern oder um digitale Praktiken erweitern. In Studie 2 wird empirisch untersucht, ob der Einfluss sozialer Medien auf Lebensstilpolitik je nach Nutzungsmotiv und Nutzungsart variiert. Die Ergebnisse einer Online-Befragung zeigen, dass die Nutzung sozialer Medien positiv mit lebensstilpolitischem Engagement assoziiert ist. Dieser Zusammenhang gilt aber nicht uneingeschränkt, sondern nur dann, wenn Nutzer*innen soziale Medien zur politischen Information und zum aktiven Austausch mit anderen nutzen. Studie 3 testet den Einfluss sozialer Medien auf lebensstilpolitisches Engagement international vergleichend und mit Blick auf kulturelle Kontextfaktoren. Anhand von Befragungsdaten aus 28 europäischen Ländern wird untersucht, wie postmaterielle Orientierungen und allgemeines Vertrauen als kulturelle Orientierungen den Zusammenhang von sozialen Medien und Lebensstilpolitik beeinflussen. Die Mehrebenenanalyse offenbart, dass die Nutzung sozialer Medien nur in Ländern mit postmaterieller Orientierung und mit hohem sozialen Vertrauen einen positiven Einfluss auf Lebensstilpolitik hat. Die Dissertation zeigt so über alle drei Studien hinweg, dass soziale Medien lebensstilpolitisches Engagement fördern können, allerdings nur unter bestimmten Bedingungen. Es kommt erstens darauf an, wie und warum Menschen sich sozialen Medien zuwenden und zweitens unter welchen Kontextbedingungen dies geschieht. Indem diese Dynamiken aufgedeckt werden, leistet die Dissertation einen wichtigen Beitrag dazu, das mobilisierende Potential sozialer Medien für personalisierte, außerinstitutionelle und projektorientierte Formen politischer Partizipation besser zu verstehen

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