Schuchardt, Hugo

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4 9 8 VERMISCHTES. ZUR WORTGESCHICHTE.Berührte weitere Aufklärung verschafft. Für jetzt bemerke ich nur daſs das siz. calumeddi kaum die Stricke der groſsen Endbojen bei der Tratta bedeuten kann; wahrscheinlich haben wir an ein Synonym von naturali , naturaleddi zu denken, das heiſst an die horizontal verlaufenden Enden der Netzstücke, die zu deren Verbindung dienen. In Trapani benannte mir ein Fischer die Einfassungsleinen der Netze mit calomi, wofür zu Palermo und anderswo bremi gesagt wird, ein Wort, das aber seinerseits an gewissen Orten den Sinn von calomi und auch von Zugseilen hat. H. SchuchardtFranz. guideau.Richtig stellt Thomas Essais de philologie française S. 314  ff. engl. kiddle zu franz. guideau; zweifelhaft ist es ob jenes von diesem herkommt; abzulehnen ist die Herleitung dieses vom deutschen Kittel. Ein noch fleiſsigeres Herumblättern in deutsch-fremdsprach­lichen Wörterbüchern, wie denen von Mozin- Peschier, Sachs, Valentini, Tolhausen u. s. w. oder dem Deutschen Wörterbuch, nämlich dem Grimmschen würde Thomas auf das Wort Keutel (dessen sich z. B. Luther bedient hat) mit den Nebenformen Keidel, Kiedel geführt haben, welches den Sack in der Mitte eines Zug­netzes (Wate) bezeichnet. Im Kurischen und im Frischen Haff aber ist der Keutel, Keitel, Kiedel (von den drei für dort angegebenen Formen wird wohl nur die letzte volkstümlich sein) ein Zugnetz ohne Flügel, das sich also als Sack und zwar als sehr langen, im Hinterteil, wie die Reusen, mit einer Einkehle versehenen darstellt; das Litauische hat das Wort in der Form kiùdelis entlehnt. Das D. Wtb. bringt an einer andern Stelle, auf die an der ersteren kein Bezug genommen wird, mhd. (westmitteld.) kudel, im Sinne von „Reuse“ „Bunge“ oder „Fischbehälter“ ; die Form ist eine nieder­deutsche, die sich als mnd. bei Schiller-Lübben in einem ent­sprechenden Sinne und bei Graff aus einem nicht weiter bezeichneten alten nd. Glossar =  „gurgustium“ (man denke an dessen mittel­lateinische Bedeutung) findet. Dieses kudel würde freilich im Nhd. Kuttel* zu lauten haben, wie das in demselben Glossar vorkommende cudele „sepia“ Kuttelfisch ist (vgl. engl. cuttle für altes und mund­artliches cudele, cudle, coodle u. ä.). Aber bei der Dunkelheit die noch über der Herkunft von Keutel schwebt, habe ich doch ge­glaubt auf dies sinn- und lautähnliche Wort hinweisen zu dürfen. Wegen der Bedeutung die ich bei Mozin-Peschier u. A. für Keutel angegeben finde: „Recht oder Platz zum Fischen“ verweise ich auf bolus gleich unten. H. Schuchardt.Franz. boeuf, vache (Fischerspr.).Im Griechischen bedeutet βόλος das Auswerfen des Netzes, den Zug mit dem Netze, die Menge der bei einem Zuge gefangenenFische und endlich das Netz selbst. Das lat. bolus dürfte alle diese Bedeutungen gehabt haben, wenn auch nur eine davon in der Litteratur belegt ist. Wenigstens sind sie dem Mittellatein und dem Romanischen nicht fremd. In den teils lateinischen teils italienischen zu verschiedenen Zeiten von 1356 bis 1529 abgefaſsten Statuten von Gaeta, lesen wir, zufolge den Auszügen die Targioni Tozzetti I, I ,  379 ff. gegeben hat: nullus patronus retiarum possit auferre bolum alteri patrono retiarum qui esset ante eum — pisces quos ceperit in bolo predicto — illi patrono seu sciabeche cuius est bolum predictum —  si aliquis patronus haberet primum bolum — liceat tunc ipsi secundo ponere volum suum —  poneret bolum usque ad quatuor saulas [saule heiſsen die Stücke aus denen die Zugleinen bestehen, heute je gegen 80 Meter lang] —  dimictere bolum et redire et cedere locum illi qui esset ante eum u. s. w.; quelli che hanno il volo primo — sia suo il volo — se . . . .  dice: io voglio questo volo; s’ intenda suo questo volo — il volo sia alle Bigne, alla Tesa — perda tutte le vola a dietro, ciò è la Tesa, il Molo e le Piaggie a dietro, ma non la Piaggia et le Bigne u. s. w. Also das Wort bezeichnet den Netzwurf oder auch das Recht da­rauf, den Platz dafür. Ebenso ist kat. bol: 1) Netzwurf (span. „echar un bol“), und zwar handelt es sich dabei um die Jábega, ein Zugnetz mit Sack und Flügeln; 2) Ort des Netzwurfes „el pa­rage á propósito en que se reda y sobre que echan suertes los patrones, para saber qual debe empezar primero en el bol ó boles, que tienen sus nombres propios con que se distingue la variacion que localmente hay entre unos y otros“ Sañez I, 260 f.). Zu Ali­cante aber heiſst, wie a. a. O. bemerkt wird, die Jábega selbst bol, und so zu Valencia der Boliche oder Arte Real, ein der Jábega nahe verwandtes Netz. Im Südfranzösischen lautet das Wort je nach den Mundarten bol, bǫu, vǫu, auch bau (ebenso bau neben bou, bol } bolus „Siegelerde“) und bedeutet 1) Netzwurf, 2) Ort des Netzwurfes, 3) Fischbeute eines Fahrzeugs. Es wird aber 4) früher auch für ein bestimmtes Netz und zwar für das (groſse) Gangui gegolten haben; Azaïs bemerkt daſs man hauptsächlich bei der Fischerei mit ihm den Ausdruck bol brauche: a lou bol, a fach un bel bol, a mes lou bol en terro. 1) Dieses Netz und sein Name bou fanden etwa am Ende des 17. Jahrhunderts in Katalonien Eingang. Sañez I, 306 f. bezeichnet das als eine unbeglaubigte Überlieferung die man von irgend einem alten Fischer zu Barcelona vernommen habe; ebenso wenig Vertrauen flöſst ihm eine handschriftliche Notiz ein derzufolge der Bou 17 19  von der französischen Küste ge­kommen sei; und wenn er selbst in Katalonien gehört hatte daſs vor 40 oder 50 Jahren (der erste Band von Sañez erschien 1791) ein gewisser Coníl den Bou dort eingeführt habe, so widerlegt er das mit Urkunden von 1726 und 1736, in denen schon des Netzes 1H. SCHUCHARDT, FRANZ. GUIDEAU; FRANZ. BŒUF, VACHE. 4 9 91 Ich darf nicht verschweigen daſs Duhamel I,  I I , 148a . 1 5 1 b . 1 59a vom bol oder bou bei der Aissaugue, dem Bregin und der Tartane spricht.32*5 0 0 VERMISCHTES. ZUR WORTGESCHICHTE.Erwähnung geschieht. Er zeigt im Folgenden die Möglichkeit daſs der Bou aus dem Ganguil sich an Ort und Stelle entwickelt habe, will aber schlieſslich die Frage des Ursprungs nicht entscheiden. Ganguil und Bou sind nämlich nahe verwandt; in Katalonien werden, oder wurden zur Zeit von Sañez, die beiden Namen aus­einandergehalten, in Südfrankreich wird das zweite Netz als eine Unterart des ersten (grand gangui) benannt, und auch in einer Entscheidung des Obergerichtshofs von Valencia von 1736 ist die Rede von der „pesquera del Ganguil, ó por otro nombre el Bou“, Für mich gibt der Name bou den Ausschlag. Derselbe hätte in Katalonien bol lauten sollen; aber bou befestigte sich indem es sich an bou „Ochs“ anklammerte. So wurde dann bou auch als Netz­name im Spanischen mit buey wiedergegeben (insbesondere in Andalusien). Den Namen des Netzes pflegt auch das zugehörige Fahrzeug zu tragen; da aber hier zwei Fahrzeuge und zwar ganz gleichbeschaffene das Netz bedienten, so heiſst es bous, bueyes oder parella de bous, pareja de bueyes oder kurzweg parella, pareja (die bueyes oder parejas kommen schon in einer königlichen Verordnung von 1726 für Barcelona vor).1 Dieser Sprachgebrauch ging dann ins Südfranzösische über: daſs in dem betreffenden Sinn aller­dings nicht belegbare bou wurde durch biǫu oder buou (zu Nizza übrigens bou) verdrängt. Vor Allem als Bezeichnung des Fahr­zeugs, aber wohl nicht ausschlieſslich, wie man aus Mistral ent­nehmen könnte: „bateau de pêche . . . .  sert à trainer dans la mer le filet nommé gàngui“ .2 Gourret überschreibt den bezüglichen Abschnitt: „Boeuf ou Grand Gangui“ ; er sagt: „les bœufs ne peuvent être traînés“ (S. 140) und spricht vom „filet bœuf“ und den „bateaux bœufs“ . Duhamel I, I I , 1 54b betitelt den § 5: „De la pêche au Gangui, dite du Bœ uf; des Bœufs; ou aux Bœufs“ . Wenn nun Gourret auch sagt: „bette“ oder „mouré de pouar [es sind dies Arten von Fahrzeugen] servant à la pêche des bœufs“ (S. 138. 140), so kann man bei bœufs nicht gut an die Fahrzeuge denken, aber noch weniger ans Netz (es müſste heiſsen au bœuf), —  die Be- Bedeutung des Wortes ist ganz verwaschen. Duhamel gibt an der angeführten Stelle, wohl als Erster, die Erklärung: „on a comparé les deux bateaux qui traînent de concert un même filet, à une paire de Bœufs qui sont attelés à une voiture“ . Er legt weiter kein Gewicht auf diese Vermutung, die von Andern, wie Sañez, Mistral, Gourret mit gröſserer Bestimmtheit wiederholt worden ist; und sie dürfte in der That unhaltbar sein. Ob wohl irgend einem Istrianer oder Dalmatiner bei dem alltäglichen Anblick der paarweise die Coccia ziehenden Bragozzi der Chioggioten der Ge­danke an ein Ochsenpaar gekommen ist? Nicht die Vorstellung 121 Targioni Tozzetti I, I I ,  465 Anm. erwähnt die „A rte  de parejas del Bou“ , als „portata in Ispagna e in Portogallo“ ; aus letzterem Land vermag ich die entsprechende Benennung nicht nachzuweisen.2 Nach Tolhausen würde auch das Spanische betonen g á n g u il — aber es betont g a n g u íl.H. SCHUCHARDT, OSTITAL. TOGNA; ITAL. VOLANTINO ETC. 5 0 1hat das Wort hervorgerufen, sondern das Wort die Vorstellung, und der „Ochs“ hat schlieſslich eine „Kuh“ nach sich gezogen. Die vache sagt Gourret S. 150 „est un filet de même espèce que le bœuf, mais plus petit; au lieu d’être remorqué par deux bateaux, il ne l’est que par un seul“ . Bei Mistral findet sich unter d. W. vaco: „faire la vaco, se dit d’une tartane qui traîne un filet de pêche, par opposition à fa ire lou buou, qui se dit de deux tartanes qui traînent un filet de conserve“ . Hie und da ist der „Ochs“ zu einem „Büffel“ geworden: „la pesca chiamata di conserva a coppia, o a Buffala“ (Genua 1776), „di pescare . . .  di conserva, a coppia o a bufa la “ (Livorno, 1767) bei Targioni Tozzetti I, I , 63. 195. In Katalonien heiſst ein kleinerer Bou bouét und bolivét (Sanez I, 390); im letzteren Namen hat sich wohl boliche eingemischt. Auch der Name eines in Sizilien gewöhnlichen Fahrzeugs, einer Art schwer­fälliger Tartane, bovo (s. F. Lafitte et J. Servonnet Le Golfe de Gabès en 1888 S. 377 ff. Pl. IX), das allerdings nicht unmittelbar dem Fischfang dient, ist offenbar nur ein italianisiertes bou.Ich bemerke noch daſs der Name fisca, wie jedes der drei spitzdreieckigen Netzteile heiſst welche eben und unten von der Öff­nung des Sackes vom Bou mit der Spitze nach hinten gehen (Sanez I,  209. 326 f.), nicht katalanisch ist, sondern aus dem Südfranzö­sischen stammt. Allerdings heiſst beim Bœuf jener Teil guiroun, aber bei der Thonnaire bedeutet fisco, flisco (=  flisco, fisclo „Fetzen“) das unten angesetzte Stück alten Netzes.Wenn im Französischen der nur auf einer Seite bezeichnete Würfel bœuf heiſst oder hieſs (gewöhnlicher farinet), so könnte man auch an bolus „Wurf des Würfels“ (βολίς bedeutet dieses und, spät, auch den Würfel) denken; aber es fehlt an nachweisbaren Zwischen­gliedern. H. Schuchardt.Ostital. togna; ital. volantino (Fischerspr.).In Dalmazien, zu Fiume, zu Triest, zu Venedig und zu Tarent (wahrscheinlich auch in den zwischenliegenden Seestädten) bedeutet togna die einfache aus Hanf oder Pferdehaar angefertigte Angel­leine mit einem oder mehreren Angelhaken; die Verschiedenheiten die sie sei es an den einzelnen Orten, sei es — und diese nur sind wesentliche — mit Hinsicht auf die zu fangenden Fische aufweist kommen hier nicht in Betracht. Die Hauptsache ist daſs eigentlich die aus der Hand geworfene Leine darunter verstanden wird; zu Venedig und Triest allerdings, den Wörterbüchern von Boerio und Kosovitz zufolge, nicht nur diese, sondern auch die Legangel (filaccione). Das Wort stammt aus dem Griechischen, wo ἀπ ετ ο ν ιὰ, π ετ ο ν ιὰ (Σκαρλάτος Δ. ὁ Β υζ. setzt zu letzterem: ἐκ τοῦ  Π ετῶ το ῥ ίπτω) die Angelleine bedeutet. Und zwar nicht die an der Rute befestigte, welche ὁρμίδι, ἁρμίδι (ὁρμιά) heiſst. Wenn N. Apostolidès La pêche en Grèce S. 56 sagt, die

Franz. bœuf, vache (Fischerspr.)

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