Psychotherapie für alle?: Zur Indikation für psychotherapeutische Behandlungen

Abstract

Zusammenfassung: Hintergrund: Die Wirksamkeit der Psychotherapie zur Behandlung der meisten psychischen Störungen ist empirisch sehr überzeugend belegt. Es gibt aber weltweit bei weitem nicht genügend Therapeuten, um alle Menschen mit psychischen Erkrankungen angemessen psychotherapeutisch behandeln zu können. Fragestellung und Methodik: Es werden Überlegungen zu der Frage dargestellt, welche Krankheiten, Störungen oder Probleme generell psychotherapeutisch behandelt werden sollen, wer diese Behandlungen am besten durchführt und wie die Dissemination evidenzbasierter Ansätze trotz knapper Ressourcen verbessert werden kann. Ergebnisse: Je schwerer eine Gesundheitsstörung ausgeprägt ist, umso höher ist in aller Regel auch der therapeutische Nutzen einer Intervention. Das gilt auch für die Psychotherapie. Aber gerade die schwer kranken Menschen werden heute oft nicht mit wirksamen psychotherapeutischen Interventionen behandelt. Ein Grund hierfür ist, dass es wenig validierte Therapiekonzepte für multimorbide Patienten mit psychischen und somatischen Erkrankungen gibt. Ein weiterer Grund besteht darin, dass deren Behandlung ein spezifisches medizinisches Wissen sowie weitere spezielle Fähigkeiten und Erfahrungen erfordert, die bei weitem nicht alle Psychotherapeuten besitzen. Schlussfolgerungen: Die Indikation zur Psychotherapie soll immer sorgsam, mit Augenmaß, unter Berücksichtigung der verfügbaren wissenschaftlichen Evidenz und klinischer Erfahrungswerte gestellt werden. Zukünftig sollten sich die Ausbildung von Psychotherapeuten, die wissenschaftlichen Untersuchungen von Psychotherapien und die klinischen Angebote verstärkt auf Patienten mit schweren psychischen Störungen und/oder mit psychischen und somatischen Komorbiditäten konzentrieren

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