Lieb, Ludger

Schanze, Christoph

Heidelberger Dokumentenserver

JIAS 2020; 8(1): 164–166ObituaryJacob Klingner (1973–2020)https://doi.org/10.1515/jias-2020-0014Jacob KlingnerJacob Klingner studierte Ältere und Neuere deutsche Literatur sowie Philosophie in Freiburg im Breisgau, in Oxford und an der FU Berlin. Nach der Promotion 2005 bei Prof. Dr. Volker Mertens an der FU Berlin (Minnereden im Druck. Studien zur Gattungsgeschichte im Zeitalter des Medienwechsels) arbeitete er bis 2007 bei Prof. Dr. Ludger Lieb als Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt „Handbuch Minnereden“ an der TU Dresden. Es folgten Assistentenstellen an den Universi­täten in Erlangen (bei Prof. Dr. Hartmut Kugler) und Kiel (bei Ludger Lieb), bevor Jacob Klingner zum Wintersemester 2010/2011 mit Ludger Lieb nach Heidelberg ging. Im September 2012 wechselte er von der Universität in das Verlagswesen: Er übernahm eine Stelle als Acquisitions Editor für den Bereich Literary and Cultural Studies beim Verlag Walter de Gruyter in Berlin, wo er bis zu seinem Tod pro­grammverantwortlicher Lektor für den Bereich „Mittelalter und Frühe Neuzeit“ *Corresponding authors: Ludger Lieb, Universität Heidelberg, Germanistisches Seminar,  Heidelberg, Germany, E-Mail: ludger.lieb@gs.uni-heidelberg.deChristoph Schanze, Universität Gießen, Institut für Germanistik, Gießen, Germany,  E-Mail: christoph.c.schanze@germanistik.uni-giessen.deJacob Klingner (1973–2020)   165war und – neben vielen anderen Reihen und Projekten – auch mehrere Publika­tionsorgane der International Arthurian Society begleitete.Jacob Klingner war ein leidenschaftlicher Mediävist und Frühneuzeitforscher und ein ebenso begeisterter und begeisternder akademischer Lehrer. Viele Stu­dierende haben durch ihn erfahren dürfen, wie viel Freude Mediävistik machen kann. Junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hat er immer mit großem Engagement gefördert, wenn er merkte, dass sie Interesse an Literatur sowie die Fähigkeit und Lust zum Lesen, Schreiben und Diskutieren haben. Als Forscher interessierte er sich weniger für hochfliegende Theorien als für die überlieferten Dichtungen und Kulturphänomene als solche. Er wollte die Dinge von Grund auf verstehen, wollte wissen, wie die alten Texte funktionieren, wie sie miteinander in Beziehung stehen und warum und für wen sie produziert wurden. Dafür scheute er auch nicht vor großen Textmengen und variantenreichen Mehrfachüberlie­ferungen zurück, die er mit philologischer Akribie durcharbeitete. Angetrieben wurde er hierzu auch von seiner Liebe zu mittelalterlichen Handschriften und Frühdrucken. Er freute sich besonders an (Wieder­)Entdeckungen unbekannter Texte, die ihm wiederholt gelangen. Eine herausragende Frucht seiner wissen­schaftlichen Arbeit ist das zweibändige Handbuch Minnereden (2013). Die Arbeit an diesem Nachschlagewerk sowie an der dazugehörenden Minnereden-Auswahl-edition (2017) geschah stets auch im Team mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern; das gemeinsame Arbeiten an den Gegenständen hat Jacob Klingner immer besonders viel Freude gemacht.Seine ausgeprägte Fähigkeit, andere zu respektieren, ihnen zuzuhören, ihre Argumente gelten zu lassen, ohne mit der eigenen Meinung hinterm Berg zu halten, machte Jacob Klingner zu einem ausgesprochen beliebten Gesprächs­partner, der gerne um wissenschaftlichen und editorischen Rat gefragt wurde. Seit seinem Wechsel zu De Gruyter hat er sich als Lektor durch seine zuverlässige, interessierte, freundliche und immer zuversichtliche Art große Achtung im Fach erworben, wobei er durchaus auch streitbar war, vor allem wenn ihm die Wissen­schaft mit unerfüllbaren Erwartungen oder Selbstüberschätzung gegenübertrat. Dabei ging es ihm aber stets um die Sache: ein möglichst gutes Buch.Von Jacob Klingners Tätigkeiten im Verlag hat auch die International Arthu­rian Society ganz wesentlich profitiert, der er dabei behilflich war, ihre zentra­len Publikationsorgane zu professionalisieren und sie editorisch auf den Stand der Zeit zu bringen: Er hat die Umwandlung des Bibliographical Bulletin of the Arthurian Society (BBIAS) in eine Bibliographie (Bibliography of the Internatio-nal Arthurian Society – BIAS) sowie eine getrennt erscheinende wissenschaftli­che Zeitschrift (Journal of the International Arthurian Society – JIAS) mit großem Engagement begleitet und sich in der Folge weit über seine eigentlichen Pflich­ten hinaus und teils sogar in seiner Freizeit um diese beiden Publikationsorgane 166   Ludger Lieb, Christoph Schanzebemüht. Bei der Erstellung der Druckvorlage der BIAS hat er aktiv mitgearbeitet, bei JIAS hat er akribisch die inhaltlich­argumentative Qualität der Beiträge über­prüft und dadurch wesentlich zum Niveau der Zeitschrift beigetragen. Besonders dankbar ist ihm die Deutsch­österreichische Sektion der International Arthu­rian Society für die Zusammenarbeit bei der Publikation ihrer Schriftenreihe SIA (Schriften der Internationalen Artusgesellschaft – Deutsch-österreichische Sektion). Selbst scheinbar Unmögliches hat er immer wieder mit großem Einsatz möglich gemacht.Trotz seiner schweren Krankheit war Jacob Klingner bis zuletzt für die Mediä­vistik und Frühneuzeitforschung aktiv und war, wo immer es ging, auf Tagungen präsent, um den Dialog zwischen Wissenschaft und Verlagswesen in der für ihn charakteristischen Offenheit und wissenschaftlichen Neugier zu befördern. Es war beeindruckend und berührend, wie viel Zuversicht er ausstrahlte und wie wenig er mit seinem Schicksal haderte. Am 26. Mai 2020 ist Jacob Klingner nach langer schwerer Krankheit im Kreis seiner Familie in Berlin gestorben.Wir vermissen ihn.

Jacob Klingner (1973–2020)

https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/32726/1/10.1515_jias-2020-0014.pdf

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