Könemann, Judith

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EB 4 I 2004 Könemann: Praxisfeld GruppeJudith KönemannPraxisfeld GruppeEine systematische Weiterbildung zur Leitung von Gruppen»Praxisfeld Gruppe« ¡steine mehrteilige Weiterbildung, die als Kooperationsver­anstaltung zweier kirchlicher Bildungs­einrichtungen1 seit 1997 jährlich ange­boten wird. Sie richtet sich an haupt-, neben- und ehrenamtliche Personen, die in ihrer Tätigkeit mit und in Grup­pen und/oder Teams arbeiten. Aufgrund der Erfahrungen mit der Weiterbildung und der Rückmeldungen seitens der Teilnehmenden hat sich die Konzeption für diese Weiterbildung im Laufe der Jahre, in denen sie durchgeführt wird, immer weiter entwickelt. Im Folgenden soll die Konzeption der Weiterbildung und Erfahrungen mit der konzeptionel­len Weiterentwicklung vorgestellt und reflektiert werden.Zur Konzeption der WeiterbildungDas Praxisfeld Gruppe (freie Gruppen, Arbeitsgruppen, Teams, Projektgrup­pen, Bildungsgruppen) spielt in vielen Arbeitsbereichen eine zunehmend be­deutsame Rolle.2 An die Personen, die Leitungs- und Begleitungsaufgaben über­nehmen, werden dabei hohe Anforde­rungen gestellt, die sich neben dem spezifisch fachlich-inhaltlichen Wissen des jeweiligen Arbeitsfeldes vor allem auch auf Fähigkeiten im Bereich der Gruppenleitung, d.h. konkret auf Steue­rung der Prozesse und der Dynamik von Gruppen erstrecken.3 Nur die Ver­bindung von Know-how in beiden Fel­dern ermöglicht ein gelingendes Arbei­ten und das Erreichen der gesetzten Zie­le.Praxisfeld Gruppe ist eine längerfristige Weiterbildung, die das Ziel verfolgt, Personen, die mit der Leitung oder Be­gleitung einer Gruppe bzw. eines Teams betraut sind, den Erwerb der notwendi­gen Kompetenzen zur Leitung von Gruppen oder Teams zu ermöglichen. Das Curriculum der Weiterbildung um­fasst insgesamt 23 Seminartage mit ins­gesamt 154 Unterrichtsstunden und er­streckt sich über den Zeitraum von ei­nem Jahr. Für die Teilnahme an der ge­samten Weiterbildung erteilen die bei­den veranstaltenden Institutionen ein qualifiziertes Zertifikat.Der konzeptionelle Ausgangspunkt die­ser Weiterbildung liegt darin, den Er­werb inhaltlicher Basiskompetenzen zur Leitung von Gruppen (methodi­sches Handwerkszeug) mit einer Vertie­fung der Kenntnisse über und Erfahrun­gen mit der eigenen Person (Selbster­fahrung) sowie mit Umsetzungsmög­lichkeiten in das individuelle Arbeits­feld (Transfer) zu verbinden. Damit ver­bindet die Weiterbildung konzeptionell inhaltlich bedeutsame Aspekte von Lei­tung und gruppendynamisches Know- how zur Prozesswahrnehmung und -Steuerung.4 Diesem Grundanliegen tragen alle drei Grundelemente der Weiterbildung (ein vierteiliger Basis­workshop, ein gruppendynamisches Training und ein zweiteiliger Coaching­workshop) in ihrer spezifischen Aus­richtung Rechnung.Im Basisworkshop (vier Kurseinheiten von je drei Tagen) steht der Erwerb von Basiskompetenzen zur Leitung von Gruppen (Moderations- und Interventi­onskompetenz, Konflikt- und Reflexi­onskompetenz) im Vordergrund. Diese Kompetenzen werden systematisch un­ter Berücksichtigung ihrer Wirkung auf der Inhalts- und Prozessebene trainiert. Da Leitung immer auch als personales Angebot zu verstehen ist, liegt der Schwerpunkt des gruppendynamischen Trainings5 (fünftägig) auf einer intensi­ven Auseinandersetzung mit der eige­nen Person und ihrer Wirkung im Kon­text einer Gruppe unter Berücksichti­gung von Rollenaspekten. Im Vorder­grund stehen Fragen der Selbst- und Fremdwahrnehmung, der Rollensicher­heit, Rollenflexibilität und Rollengestal­tung.6 Der Workshop »Coaching« (zwei Kurseinheiten von je drei Tagen) unter­stützt die Übersetzung der Lernergeb­nisse aus den ersten beiden Teilen in das jeweils konkrete Arbeitsfeld. Der Coachingworkshop bietet Gelegenheit, eigene konkrete Praxissituationen vor­zustellen und zu reflektieren mit dem Ziel, das eigene Leitungshandeln perso­nen- und situationsangemessen auszu­richten.7Die Konzeption der Weiterbildung zeichnet sich dadurch aus, dass das hier vorliegende Konzept nicht von vorn­herein in dieser Form existierte, sondern vielmehr aufgrund der Erfahrungen ei­nes mehrfach durchgeführten Work­shops zur Leitung von Gruppen zur jet­zigen Form entwickelt wurde.8 Dabei erfuhr der jetzige Basisworkshop meh­rere Veränderungen und wurde von ur­sprünglich zwei auf drei und schließ­lich auf vier Kurseinheiten erweitert. Aufgrund der konzeptionellen Grundli­nie, den Erwerb von methodischem Handwerkszeug eng an das Selbstkon­zept der jeweiligen Person anzubinden und insbesondere die gruppendynami­schen Aspekte der Leitung von Grup­pen einzubeziehen, zeigte sich jedoch, dass bei den Teilnehmenden ein immer höherer Bedarf an und damit auch der Wunsch nach einer intensiven Reflexi­on der eigenen Person und der indivi­duellen Wahrnehmung der Leitungsrol­le, insbesondere der Interdependenz von Person und Rolle, in Form von Selbsterfahrung entstand, der im (vor al­lem zeitlichen) Rahmen der vier Kurs-Judith Könemann: Praxisfeld Gruppe. Eine systematische Weiterbildung zur Leitung von Gruppen. In: Erwachsenenbildung 50 (2004), Heft 4, S. 199-200 199Könemann: Praxisfeld Gruppe EB 4 | 2004einheiten nicht zu leisten war. Deshalb wurde das Konzept um ein gruppendy­namisches Training zum Thema »Per­son und Rolle« erweitert, das diesem Anliegen Rechnung trägt.Die zweite Erweiterung hin zur jetzigen Konzeption begründet sich in dem im­mer deutlicheren Wunsch und der Not­wendigkeit, neben dem methodischen Handwerkszeug und der intensiven Re­flexion der eigenen Person und Rolle ei­nen Ort zu schaffen, an dem die Um­setzung des Gelernten in die Praxis des jeweiligen Arbeitsfeldes reflektiert wer­den kann. Mit dem zweiteiligen Coa­chingworkshop wurde ein solcher Ort geschaffen, der jeder/m Teilnehmerin ein Zeitbudget zur Verfügung stellt, in dem bedeutsame Praxissituationen hin­sichtlich ihrer Wirkung intensiv und mit professioneller Begleitung reflektiert werden können.ErfahrungenDie Erfahrungen mit der Durchführung der erweiterten Konzeption zeigen vor allem, dass durch die zeitliche Entzer­rung ein fundierteres und intensiveres Lernen an den einzelnen Themen­schwerpunkten möglich ist. Insbeson­dere der Basisworkshop ist deutlich von der Aufgabe entlastet, neben der Ver­mittlung des Basiswissens auch den Teil intensiver Selbsterfahrung und Transfer in die Praxis an individuellen Situati­onen leisten zu müssen. Dies ermög­licht den Teilnehmenden und auch der Leitung im Gegenzug ein intensiveres Einlassen auf die jeweiligen Themen, ohne zwei weitere Aufgaben gleichzei­tig mitbearbeiten zu müssen. Die Er­weiterung um ein gruppendynamisches Training zum Zusammenhang von Per­son und Rolle ermöglicht den Teilneh­menden eine intensive Auseinanderset­zung mit der eigenen Person und bear­beitet den Zusammenhang von Selbst­konzept und Wahrnehmung der Lei­tungsrolle. Insbesondere überdas »Hier und Jetzt Prinzip« und über Feed back Prozesse (Auseinandersetzung mit der Selbst- und Fremdwahrnehmung)9 als zwei wesentlichen Grundprinzipien der angewandten Gruppendynamik ha­ben die Teilnehmerinnen die Möglich­keit der Auseinandersetzung mit der Wirkung der eigenen Person auf ande­re und erfahren etwas über ihre je spe­zifische Gestaltung des Zusammen­hangs zwischen der eigenen Person und der beruflichen Rolle. Das aussch­ließlich im Selbsterfahrungsbereich an­gesiedelte Training ist für viele Teilneh­mer und Teilnehmerinnen eine zunächst ungewohnte Erfahrung. Die Bedeutsamkeit des die eigene Person handlungssteuernden biografisch be­dingten Musters ist für viele Teilnehme­rinnen im Vorfeld in irgendeiner Form spürbar, oftmals jedoch kaum zu for­mulieren, wird dann aber im Training auf eine existentielle Art und Weise be­wusst, die ohne diese Erfahrung kaum einzuholen ist.10Der Umsetzung in das eigene Praxisfeld einen eigenen Reflexionsraum im Rah­men des Workshops »Coaching« zur Verfügung zu stellen, erweist sich aus mehreren Gründen als positiv: Zum ei­nen wird hier am Ende der Weiterbil­dung der unmittelbare Bezug zwischen Weiterbildung und eigenem Arbeitsfeld am deutlichsten hergestellt und ermög­licht den Teilnehmenden die Bearbei­tung und Reflexion von Situationen aus ihrer Praxis, ohne sich erst einen Coa­chingprozess, der das Anliegen indivi­dueller Begleitung erfüllt, organisieren zu müssen. Außerdem zeigen sich hier bereits die Wirkungen der Weiterbil­dung auf das Leitungshandeln in der Praxis, die an dieser Stelle bereits re­flektiert werden können. Damit erfolgt sozusagen schon eine erste Evaluation der Weiterbildung, die zudem unmittel­bar erhebbar ist. Zum anderen erfüllt der Coachingworkshop jedoch auch auf der Ebene der Prozessdynamik der Gruppe eine wichtige Funktion, indem er mit dem Transfer sehr deutlich den Blick auf das »Draußen« lenkt und das jeweilige Arbeitsfeld deutlich ins Be­wusstsein hebt. Beginnt die Weiterbil­dung mit dem Prozess des »Sich Fin­dens« und ist dazu ein Einlassen auf das »Hier und Jetzt« der Weiterbildung not­wendig, dass das »Draußen« tendenzi­ell hinter sich lassen muss, so gilt es in der Endphase den Blick wieder auf die Außenwelt zu öffnen. Im Hinblick auf die Beendigung der Weiterbildung ist dies ein wichtiger und nach dem inten­siven Selbsterfahrungsprozess im grup­pendynamischen Training, das eher den Blick nach »innen« auf die eigene Per­son und die Gruppe lenkt, ein zudem notwendiger Schritt, um nicht im »Wir- Gefühl« des Gruppenprozesses zu ver­bleiben.ANMERKUNGENInsgesamt zeigen die Erfahrungen der Durch-führung in der veränderten Konzeption, dass für die Teilnehmenden ein intensiveres Lernen auf den verschiedenen Lernebenen der eigenen Per-son, der Sache und der Gruppe ermöglicht wird und dieses Lernen mit ausreichend Zeit zur Re-flexion (in der Weiterbildung selbst) als auch zur Verarbeitung des Gelernten (durch die Anlage auf ein Jahr) versehen ist. Die Nachfrage macht fer-ner deutlich, dass trotz der Beschleunigung von Lernprozessen eine hohe Bereitschaft existiert, sich auch auf längerfristige Lernprozesse einzu-lassen.1 Die Weiterbildung wird als Kooperationsveran-staltung der kath. Bildungsstätte und Heim Volks-hochschule Haus Ohrbeck, Georgsmarienhütte (Dr. Judith Könemann) und dem Diözesanbil-dungswerk Münster (Michael Faßnacht) durchge-führt.2 Vgl. dazu die Fülle an Literatur, die in den letzten Jahren vornehmlich auch für den so genannten Profitbereich erschienen ist. Als Beispiel sei hier nur genannt: Doppler, K.; Lauterburg, C.: Change Management, Den Unternehmenswandel gestal-ten, Frankfurt l02002 und Doppler, K.; Fuhrmann, H.; Lebbe-Waschke, B.; Voigt, B.: Unternehmens-wandel gegen Widerstände. Change Manage-ment mit den Menschen. Frankfurt 2002.3 Vgl. dazu Langmaack, B., Braune-Krickau, M.: Wie die Gruppe laufen lernt. Anregungen zum Planen und Leiten von Gruppen. Ein praktisches Lehrbuch, Weinheim 72000, Rechtien, W.: Ange-wandte Gruppendynamik. München 31999.4 Vgl. dazu Antons, K.: Praxis der Gruppendyna-mik, Göttingen 8. erg. Auflage 2000; Stahl, E.: Dynamik in Gruppen. Handbuch der Gruppen-leitung. Weinheim 2002.5 Vgl. zu Inhalten, Zielen und Formen gruppendy-namischer Trainings, Rechtien, W.: Angewandte Gruppendynamik, München 31999.6 Vgl. zu diesen Aspekten Antons, K.: Praxis der Gruppendynamik, Göttingen 51992, S. 226-228; Doppler, a.a.O., S. 305-311.7 Vgl. zu unterschiedlichen Coachingansätzen Rauen, C.: Coaching. Innovative Konzepte im Vergleich. Göttingen 32OO3.8 Vgl. Könemann, J.; Faßnacht, M.: Workshop zur Leitung von Gruppen. In: Info-Dienst Mitarbeiter-fortbildung 28, 1999, S. 28f.9 Vgl. zu den Grundprinzipien der Gruppendyna-mik Rechtien, W.: Angewandte Gruppendynamik 1995.10 Gerade die spezifische Arbeitsform des gruppen-dynamischen Trainings führt die Teilnehmenden i.d.R. sehr schnell auf ihre handlungssteuernden Muster zurück, die so der Bearbeitung zugäng-lich werden.Dr. Judith Könemann ist pädagogische Mitarbeiterin im Haus Ohrbeck, Georgsmarienhütte.200

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