Im Zuge der Miniaturisierung von Bauteilen stößt die Anwendung von mechanischen Komponenten in den Bereich der Mikroskala vor. In diesem Bereich unterscheidet sich das plastische Verformungsverhalten metallischer Mikrosysteme aufgrund von sogenannten Größeneffekten von dem bekannten Verhalten makroskopischer Bauteilkomponenten. Zur Gewährleistung der Zuverlässigkeit der Mikrosysteme ist ein tiefgreifendes Verständnis für die Mikrostrukturevolution von elementarer Bedeutung, wobei die genauen Auswirkungen der auftretenden Gleitsysteminteraktionen bisher größtenteils unbekannt sind.
Im Rahmen dieser Arbeit wird eine mechanismusbasierte Kontinuumsformulierung der Kristallplastizität weiterentwickelt sowie datengetriebene Analysemethoden und theoretische Systemanalysen eingesetzt, um direkte Einblicke in die Interaktionen von Gleitsystemaktivitäten und deren Auswirkungen auf die Versetzungskonfigurationen in einkristallinen, kubisch-flächenzentrierten Metallen unter verschiedenen Belastungen zu erhalten. Hierbei lässt sich eine Klassifikation der Gleitsysteme vornehmen, wobei sich die einzelnen Gleitsystemgruppen bezüglich ihrer Aktivitäten, Spannungsrelaxationsmechanismen sowie Versetzungskonfigurationen unterscheiden. Die beobachtete Akkumulation von sogenannter geometrisch notwendiger Versetzungsdichte lässt sich in homogenen Spannungsfeldern auf den inaktiven Gleitsystemen und in inhomogenen Spannungsfeldern auf den aktiven Gleitsystemen lokalisieren, wobei sich die Stabilisierung der Versetzungsdichten in den Systemen auf die jeweiligen Spannungskonfigurationen und die Bildung von Versetzungsnetzwerken zurückführen lässt. Der interne Versetzungsaufstau induziert dabei einen Größeneffekt, sofern der Einfluss interner Spannungen verglichen zum externen Spannungsfeld
ausreichend groß ist. Folglich vertieft diese Arbeit signifikant das Verständnis für die Gleitsysteminteraktionen bzw. für das Materialverhalten der Mikrosysteme im Allgemeinen