Rural life near the city? In all larger German cities, urban expansion has greatly changed the peripheral areas since 70 years. In Hanover, where suburbanisation took place along major infrastructure axes, 10 small villages close to the city have survived to this day. Only partly characterised by cultural heritage and agricultural functions, they have already functionally become parts of the city—almost hidden in the general perception. The aim of WESTSIDE STORY is to discover these villages and develop narratives for their future, as liveable, attractive places, with new spatial and social density, which actively contribute to the increased demand for living and working space in the Hannover conurbation

Diesch, Alissa

Schröder, Jörg

Institutionelles Repositorium der Leibniz Universität Hannover

In allen größeren europäischen Städten hat die urbane Expansion seit 70 Jahren die Randge-biete stark verändert, Dörfer wurden zu Sub-urbia, werden aber dennoch immer noch in traditionellen Dichotomien von Stadt und Land gesehen und entwickelt, bis hin zu ar-chitektonischen Paradigmen für Haustypen. Und dies, obwohl solche Dörfer nicht nur Teil funktionaler urbaner Ballungsräume sind, son-dern zunehmend komplexen metropolitanen Dynamiken unterliegen, die über einzelne Städte hinausgehen. Mit dem Konzept der Dy-namics of Periphery (Schröder, Carta, Ferretti, Lino, 2018) wurde ein theoretischer Rahmen entwickelt, um die Potenziale, Kontexte, Proz-esse und Narrative verschiedenster Formen von Peripherien, ihrer Netzwerke und Verbind-ungen zu metropolitanen Entwicklungen be-grifflich und operativ zu fassen. Dabei kommen örtlichen Dynamiken und Innovationsprozes-sen eine besondere Rolle zu, die nicht nur zu nachhaltiger Entwicklung – auch überörtlich – sondern auch zu neuer Baukultur beitragen können (Schröder 2017). Wenn sich der Fokus des Projekt WESTSIDE STORY auf 10 kleine Dör-fer direkt westlich von Hannover richtet, steht allerdings nicht nur eine aktuelle Positions-bestimmung und Ermittlung von Chancen in vielfältigen materiellen und immateriellen Flüssen und Strömen im Vordergrund, sondern vor die Herausforderung des Klimawandels (Schröder 2020a) und die Herausforderung, Europäische Politiken wie den Green Deal und Initiative wie das New European Bauhaus örtlich zur Wirkung und Entfaltung zu bringen (Schröder, Cappeller, 2021), inklusiv zu sein und kosmopolitisch zu agieren (Schröder, Carta, Scaffidi, Contato, 2021). Eine weitere Ausdeh-nung von Siedlungsflächen ist keine Option mehr, es geht um Verdichtung – nicht nur in Kernstädten, sondern auch in kleineren Sied-lungseinheiten, und um nachhaltiges Bauen, vor allem in der Nutzung des Bestands, Ener-gieeffizienz, nachhaltige Mobilität.  Daher verstehen wir WESTSIDE STORY als paradigmatisches Projekt für eine Vielzahl von Peripherien in Metropolregionen und als Vertiefung der Beschäftigung mit neuen Siedlungsmodellen, die unter dem Stichwort Climate Commons (Schröder, Diesch, 2020) be-gonnen wurde. Das Projekt ist besonders auf-grund der unmittelbaren Nähe der untersuch-ten 10 Dörfer zu Hannover, wodurch Chancen und Grenzen neuer Modelle nachdrücklich sichtbar werden. Diese Besonderheit beruht darauf, dass diese Dörfer in ihrer Ausdehnung begrenzt wurden, Suburbanisierung um Han-nover wurde weitgehend entlang großer In-frastrukturachsen gelenkt. Nur noch zum Teil geprägt von Kulturerbe und landwirtschaft-lichen Funktionen sind sie bereits funktional zu Teilen der Stadt geworden. Teil dieses “Ein-frierens” der Dörfer ist offenbar, dass sie fast versteckt in der allgemeinen Wahrnehmung in Hannover sind. Das Ziel von WESTSIDE STORY ist es, diese Dörfer zu entdecken und Narrative für ihre Zukunft zu entwickeln. Die aktuellen Herausforderungen drängen dazu, neue Rollen für sie zu überlegen: Wir streben Dekarbonisierung und Energieunabhängigkeit CIRCULAR DYNAMICS: KULTURELLER WANDEL FÜR STADTNAHE DÖRFER ZUR KLIMANEUTRALITÄTProf. Jörg Schröder6ESSAYSsowie die Nutzung erneuerbarer Ressourcen an, zum Beispiel in Nahrungssystemen, aber auch in vielen anderen Bereichen. Gleichzeit-ig führt das Wachstum der Stadtbevölkerung zu einem erhöhten Bedarf an Wohnraum. Die 10 Dörfer können als Lebensorte der Zukunft betrachtet werden, mit neuen Arbeitsmodel-len und unternehmerischen Chancen, die stark von der Digitalisierung beeinflusst werden und auf neuen Formen nachhaltiger Mobil-ität basieren. Die Hypothese der WESTSIDE STORY sieht für die 10 Dörfer ein angepasstes Bevölkerungswachstum vor (zwischen 50 und 200 Zuzügen), insbesondere in jüngeren Bev-ölkerungsgruppen. Eine Nachhaltigkeitsper-spektive lenkt die Entwicklung in Richtung Intensivierung, Verdichtung und Aktivierung, ohne weitere Naturräume zu verbrauchen. Gleichzeitig kann das Netzwerk der 10 Dörfer und seine Verbindungen mit der Stadt nicht nur Material- und Energieflüsse, sondern auch neue Menschen, Wissens-, Ideen-, Finanz- und Investitionsströme initiieren und in Richtung einer Kreislaufvision treiben. Das Vorgehen von WESTSIDE STORY beruht auf der Verbindung architektonisch-städtebauli-cher Tools in Analyse und Konzeptfindung mit interdisziplinären Aspekten (Wirtschafts-, So-zial-, Kulturwissenschaften, Verkehrsplanung, Energiefragen) und direkten Kontakt zu Orten, Räumen, Menschen, und Initiativen in den Dör-fern. Ergebnisse der Untersuchung werden in einem Atlas als einem Projekt (Diesch 2023) synthetisiert und verbunden mit dem Arbeit-en mit Stories destilliert aus Orten, Aktivitäten, Menschen, Sichtweisen, Vorstellungen. Über das Konzept der Narrative (Cappeller 2023) wird der Schritt zu Projekten in verschiede-nen, verbundenen Maßstabsebenen (Haus, Umfeld, Dorf) vorangetrieben, die zwischen den 10 Dörfern in Dialog gesetzt werden. In einem dritten Schritt werden Erkenntnisse und Hypothesen zu den 10 Dörfern zu einem regionalen Netzwerk zusammengesetzt. Die Erkenntnisse von WESTSIDE STORY lassen sich zusammenfassend in 5 Rubriken verdichten, also Handlungsfelder für eine Aktivierung und neue Rolle der Dörfer für Nachhaltigkeit: Neue Dichte: Aktivierung von Ortszentren durch Recycling (Nutzung von Lücken, Ver-wendung nicht mehr genutzten Bestands) aber auch durch neue Impulse der Transforma-tion (Umnutzungen, neue Siedlungsmodelle und Haustypologien), verbunden mit sozialer Dichte und neuen Modellen für soziale Infra-strukturen und Kultur, für lebenswerte, attrak-tive Orte. Neues Wohnen: Beitrag zum steigenden Be-darf an Wohnraum, Eingehen auf Diversifi-zierung der Wohnbedürfnisse, Attraktivität für Junge, Wünsche nach Gemeinschaftlichkeit, Gemeinwohlorientierte Projekte, Verbinden von Wohnen und Arbeiten – alles in Großstäd-ten längst Praxis, in Dörfern Neuland. Neues Arbeiten: Direktvermarktung für Produkte Landwirtschaft und Handwerk, wirtschaftliche Perspektiven durch Digitalisi-erung, nicht nur durch gemeinschaftliche For-men von Homeoffice, sondern vor allem auch in der Steuerung von Produktionsprozessen, 7direkter Kundenbindung, neuer Formen der Organisation und Finanzierung von Unterne-hmen, Ausbau des Kultur- und Freizeitsektors. Neue Mobilität: neues Angebot öffentlichen Verkehrs und gemeinschaftlich organisierter Modelle, Tür-zu-Tür Prinzip, alternative Mobilitätsformen, Fuß- und Fahrrad, Sharing, e-Waren- und Gütertransport. Neue Netzwerke: im Austausch mit Hannover und mit Mittelzentren, neue Ströme (Kultur, Freizeit, Sport), Strukturierung in Cluster aus mehreren Dörfern – nicht nur geographisch, kulturell, oder funktional, sondern auch anhand von möglichen gemeinsamen Zukunftsthemen. Die Herausforderungen der Klimaneutralität, Inklusion und wirtschaftlicher Innovation fordern nicht nur einen neuen Blick von Gesellschaft, Kultur, Wirtschaft und Politik auf kleine Dörfer in Stadtnähe. Sie werden auch Konzepte und Herangehensweisen in Architektur und Städtebau verändern, und zwar grundlegend – wie mit dem neuen Paradigma Circular Design (Schröder, Cappeller, Diesch, Scaffidi, 2023) und im Hinblick auf Innovationsprozesse für Circular Dynamics (Schröder 2022) vorgeschlagen wird.BibliographieCappeller R. (2023) “Circular Narratives”. In: Schröder J., Cappeller R., Diesch A., Scaffidi F. (2023) Circular Design. Berlin, Jovis, pp. 30–43. Diesch A. (2023) “The Atlas as a Project”. In: Schröder J., Cappeller R., Diesch A., Scaffidi F. (2023) Circular Design. Berlin, Jovis, pp. 60–65. Schröder J. (2017) “Territories. Design Flows. Rural-urban governance and regional building culture for a design driven place-based approach to alpine territorial development”. In: Favargiotti S., Staniscia S. eds. (2017) Monograph Research R.E.D.S. 03. Flowing Knowledge. Trento, LISt Lab, pp. 183–187 Schröder J., Carta M., Ferretti M., Lino B., eds. (2018) Dynamics of Periphery. Atlas of Emerging Creative and Resilient Habitats. Berlin, Jovis.  Schröder J. (2020a) “Peripheries—Dynamics for the Green Deal”. In: Topos, special issue 2020, urbanes.land. Available on-line at: http://urbanesland.toposmagazine.com/client_articles/peripheries-dynamics-for-the-green-deal (01.11.2022). Schröder J. (2020b) “Climate Commons. Circular Design für neue Siedlungsmodelle”. In: Schröder J., Diesch A., eds. (2020) Climate Commons. Hannover, Regionales Bauen und Siedlung-splanung, Leibniz Universität Hannover. pp. 9–17. Schröder J., Diesch A., eds. (2020) Climate Commons. Hannover, Regionales Bauen und Siedlungsplanung, Leibniz Universität Hannover. pp. 9–17. Schröder J., Cappeller R., eds. (2021) New Bauhaus City. Rediscovering territories outside of metropolis. Hannover, Regionales Bauen und Siedlungsplanung, Leibniz Universität Hannover.  Schröder J., Carta M., Scaffidi F., Contato A., eds. (2021) Cosmo-politan Habitat. A research agenda for urban resilience. Berlin, Jovis. DOI: http://doi.org/10.1515/9783868599626. Schröder J. (2022) “Territorialising Resilience: Innovation Processes for Circular Dynamics”. In: Carta M., Perbellini M.R., Lara-Hernandez J. A., eds. (2022) Resilient Communities and the Peccioli Charter - Towards the possibility of an Italian Char-ter for Resilient Communities. Cham, Springer, pp. 71–84. Schröder J., Cappeller R., Diesch A., Scaffidi F. (2023) Circular Design. Berlin, Jovis.8ESSAYS

Circular Dynamics: Kultureller Wandel für stadtnahe Dörfer zur Klimaneutralität

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Circular Dynamics: Kultureller Wandel für stadtnahe Dörfer zur Klimaneutralität

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