Boretti, Felicitas S

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Zurich Open Repository andArchiveUniversity of ZurichUniversity LibraryStrickhofstrasse 39CH-8057 Zurichwww.zora.uzh.chYear: 2022Hypothyreose: klinische Zeichen und diagnostische HerausforderungBoretti, Felicitas SPosted at the Zurich Open Repository and Archive, University of ZurichZORA URL: https://doi.org/10.5167/uzh-226017Conference or Workshop ItemPublished VersionOriginally published at:Boretti, Felicitas S (2022). Hypothyreose: klinische Zeichen und diagnostische Herausforderung. In: 9. Schweiz-erische Tierärztetage, Basel, 5 May 2022 - 6 May 2022. 1 Hypothyreose: klinische Zeichen und diagnostische Herausforderung  Felicitas Boretti  Die canine Hypothyreose ist eine der häufigsten Endokrinopathien, die bevorzugt beim mittelalten Hund auftritt. In über 95% der Fälle mit erworbener Hypothyreose handelt es sich um eine primäre Hypothyreose, wobei die wichtigsten Formen die lymphozytäre Thyreoiditis und die idiopathische Atrophie sind. Durch eine progressive Zerstörung der Schilddrüse kommt es mit der Zeit zu einem Mangel an zirkulierendem Thyroxin.  Klinik Schilddrüsenhormone sind an vielen metabolischen Prozessen im Körper beteiligt, daher ist das klinische Erscheinungsbild vielfältig. Die Besitzer berichten von Apathie, Bewegungsunlust und Gewichtszunahme trotz normalem Appetit.  Bei der klinischen Untersuchung sind v. a. Haut- und Fellveränderungen, wie beispielsweise symmetrische Alopezie, haarloser Schwanz und Seborrhoe (trocken oder fettig) auffällig. Als typisch gilt ein Myxödem am Kopf. Ebenfalls beschrieben sind verschiedene neurologische Störungen, wie generalisierte neuromuskuläre Schwäche, Monoparese, peripheres Vestibulärsyndrom, Larynxparalyse, Myxödemkoma, epileptiforme Anfälle und Aggressivität. Die Kausalität, gerade von neurologischen Symptomen, kann unter Umständen schwierig zu belegen sein und darf auf gar keinen Fall auf der Bestimmung eines erniedrigten T4s beruhen (siehe unten). Oft führen die Anamnese und die klinischen Symptome zu einer ersten Verdachtsdiagnose. Diese zu bestätigen kann im Einzelfall unter Umständen trotz spezifischer Tests problematisch sein.   Diagnose Totales Thyroxin (T4) Über 95% der hypothyreoten Hunde haben ein tiefes T4, d.h. ein normaler T4-Spiegel bei einem Hund mit Verdacht auf eine Hypothyreose schliesst die Erkrankung praktisch aus. Problematisch ist allerdings, dass fast jede andere Erkrankung auch zu erniedrigten T4-Spiegeln führen kann, ohne dass eine Hypothyreose vorliegt („Euthyroid Sick Syndrom“). Hinzu kommen andere Ursachen, die zu einem tiefen Wert führen können: dazu gehören Medikamente (v.a. Glukokortikoide, NSAIDs, Sulfonamide und Phenobarbital), physiologische Fluktuationen, Abfall im Alter und physiologisch-niedrigere Werte bei bestimmten Rassen (z.B. Windhunde). Die Spezifität ist daher mit nur ca. 70% sehr tief. Deshalb ist die T4-Bestimmung als „Routineparameter“, wie es von einigen Labors angeboten wird, insbesondere bei Hunden ohne Symptome, nicht sinnvoll.  Freies Thyroxin (fT4)  Das freie T4 ist die biologisch aktive Fraktion des T4. Obwohl es weniger von nicht-thyroidalen Erkrankungen und Medikamenten beeinflusst wird, können grundsätzlich beide Faktoren zu tiefen fT4-Werten führen, ohne dass eine Hypothyreose vorliegt. Zudem wurde gezeigt, dass auch gesunde Hunde tiefe fT4-Spiegel (Spezifität eines tiefen fT4 ca. 93%) und umgekehrt hypothyreote Tiere normale fT4-Werte haben können (Sensitivität eines tiefen fT4 zwischen 80 und 98%). Messungen des fT4 sind nur zuverlässig, wenn sie im Anschluss an ein sg. Gleichgewichts/Equilibriumsdialyse-Verfahren bestimmt worden sind. Die Durchführung ist aufwendig und wird daher nur von wenigen Labors und i.d.R. nur auf spezielle Anfrage durchgeführt.   2 Im Gegensatz zur Messung des T4s wird diejenige des fT4s durch Auto-T4-Antikörper nicht beeinflusst. Aus diesem Grund liegt die Hauptindikation zur Bestimmung des fT4 bei Hunden mit Verdacht auf das Vorhandensein von T4-Autoantikörpern.   Canines (cTSH) Aufgrund der Hypophysen-Schilddrüsen-Achse würde man bei einer hypothyreoten Stoffwechsellage ein erhöhtes cTSH erwarten. Im Gegensatz zum Mensch ist jedoch die Bestimmung des cTSH bei Hunden kein guter Screening-Test. So liegt die Sensitivität zwischen 63-87%. In den meisten Fällen kann es als Bestätigungstest eingesetzt werden (Spezifität hoch mit Werten zwischen 82 und 98%), da es nur wenige Ausnahmen gibt, die zu einem falsch positiven Wert führen. Ursachen für erhöhte cTSH Werte ohne das Vorliegen einer Hypothyreose: • Sulfonamid-Behandlung • Erholungsphase einer nicht-thyroidalen Erkrankung • Nach Absetzen einer Versuchstherapie mit Thyroxin • Während der Trilostan-Therapie bei Hunden mit Hyperkortisolismus • Bei Hunden mit neu-diagnostiziertem Hypoadrenokortizismus (Morbus Addison) vor Beginn der Glukokortikoid-Therapie Bei Hunden mit Hypoadrenokortizismus kann das cTSH vor dem Beginn der Prednisolon-Therapie so stark erhöht sein, dass es im Bereich eines Hundes mit Hypothyreose liegen kann. Falls anhand der Symptome, z.B. Leistungsschwäche, beide Erkrankungen in Frage kommen, empfiehlt es sich, zuerst den Addison auszuschliessen und zu behandeln, bevor die Schilddrüse abgeklärt wird. Bei einem Grossteil der Hunde mit Addison normalisiert sich das cTSH wenige Wochen nach Glukokortikoid-Substitution, in Einzelfällen kann es jedoch auch 3-4 Monate dauern.  Schilddrüsen-Auto-Antikörper  Der Nachweis von Thyreoglobulin-Autoantikörpern (TgAAk) ist ein Zeichen, dass eine lymphozytäre Thyreoiditis vorliegen kann und fällt bei ca. 50% der Hunde mit Hypothyreose positiv aus. Eine mögliche Erklärung für das Fehlen von Antikörpern bei hypothyreoten Hunden ist eine andere Aetiologie, d.h. wenn statt einer Entzündung eine Atrophie vorliegt.  Daher kann die Bestimmung dieser Auto-Antikörper nicht hergenommen werden, um eine Hypothyreose zu bestätigen. Vielmehr ist es so, dass ihr Nachweis lediglich einen Rückschluss auf eine immunvermittelte Aetiologie (lymphozytäre Entzündung) zulässt. Ausserdem können sie auch bei euthyreoten Hunden nachgewiesen werden. Verlaufsuntersuchungen haben gezeigt, dass ca. 15% dieser Tiere dann im Verlauf Antikörper-negativ werden, ohne eine Hypothyreose zu entwickeln. Ein ähnlicher Anteil entwickelt innerhalb ca. 12-18 Monaten eine Hypothyreose, während die anderen Antikörper positiv bleiben, ohne hypothyreot zu werden. Der Anteil TgAAk-positiver Hunde und das Risiko eine Hypothyreose zu entwickeln, ist je nach Rasse stark verschieden. Bei Barzoi, Beaglen, Hovawarts und Riesenschnauzern konnte eine genetische Komponente festgestellt werden. Allerdings stammen diese Daten überwiegend aus USA und Schweden, d.h. die Situation muss nicht zwingend auf andere Länder übertragbar sein. Für den praktizierenden Tierarzt ist die Bestimmung von TgAAk in den meisten Fällen nicht hilfreich, da sie keine Aussage über die Schilddrüsenfunktion zulässt. Ein Teil dieser Autoantikörper reagiert zusätzlich gegen T3 und T4, was, diagnostisch beachtet werden muss. In solchen Fällen ist es sinnvoll, T4-Autoantikörper bestimmen zu lassen.    3 TSH-Stimulationstest  Der TSH-Stimulationstest wird von einigen Autoren nach wie vor als Goldstandard betrachtet. Das Prinzip beruht auf der intravenösen Verabreichung von synthetischem TSH und der Bestimmung der T4-Konzentration vor und 6 Stunden nach der Stimulation. Durch das Ausmass des T4-Anstiegs kann die Reservekapazität der Schilddrüse abgeschätzt und so eine Aussage über die hormonelle Aktivität gemacht werden.  Da die Kosten des rhTSH-Produktes (ThyrogenÒ), das für die Stimulation verwendet wird, sehr hoch sind, wird die Substanz gemäss Packungsbeilage aufgelöst, anschliessend aliquotiert und in fertig aufgezogenen Spritzen bis zum Gebrauch bei -20° C gelagert. Dadurch lässt sich der Preis in einem tolerierbaren Mass halten. Wir empfehlen für den Test eine Dosierung von 150ug pro Hund.   Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Diagnosebestätigung einer Hypothyreose beim Hund nicht auf der Bestimmung eines tiefen T4 beruhen darf. Bei Hunden, die eine andere Erkrankung haben und bei solchen, die Medikamente bekommen, sollte die T4-Messung auf einen späteren Zeitpunkt verschoeben werden. Falls ein Zuwarten nicht möglich ist, wäre ein TSH-Stimulationstest zu empfehlen. Grundsätzlich sollte das T4 nicht routinemässig bei älteren Hunden ohne das Vorliegen von klinischen Symptomen gemessen werden.    Literaturverzeichnis: Referenzen können auf Anfrage beim Autor bezogen werden   Anschrift des Verfassers: Felicitas Boretti  Klinik für Kleintiermedizin, Vetsuisse Fakultät Zürich, Universität Zürich Winterthurerstr. 260, 8057 Zürich, Schweiz  

Hypothyreose: klinische Zeichen und diagnostische Herausforderung

https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/226017/1/HypothyreoseKlinikDiagnoseProceedingsSTT2022.pdf

Hypothyreose: klinische Zeichen und diagnostische Herausforderung

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