Beck, Christoph

Ertl, Michael

Fricke, Verena

Giemsa, Esther

Jacobeit, Jucundus

Kühlbach, Benjamin

Naumann, Markus

Philipp, Andreas

Seubert, Stefanie

Soentgen, Jens

Straub, Annette

German

OPUS Augsburg

Jahresbericht201834Der Einfluss von Luftmassen und Wetterlagen auf Schlaganfälle in der Region AugsburgpRojektteam•	 PD	Dr.	Christoph	Beck	 christoph.beck@geo.uni-augsburg.de Tel.: 0821 598 2129 •	 PD Dr. Michael Ertl michael.ertl@klinikum-augsburg.de•	 Prof. Dr. Jucundus Jacobeit  jucundus.jacobeit@geo.uni-augsburg.de	•	 Prof.	Dr.	Markus	Naumann markus.naumann@klinikum-augsburg.de•	 B.Sc.	Verena	Fricke verena.gmeiner@student.uni-augsburg.de•	 M.Sc. Esther Giemsa esther.giemsa@geo.uni-augsburg.de Tel.: 0821 598 3578•	 M.Sc.	Benjamin	Kühlbach benjamin.kuehlbach@student.uni-augsburg.de•	 PD Dr. Andreas Philipp andreas.philipp@geo.uni-augsburg.de Tel.: 0821 598 2266•	 Dr. Stefanie Seubert stefanie.seubert@geo.uni-augsburg.de Tel.: 0821 598 2670•	 M.Sc. Annette Straub annette.straub@geo.uni-augsburg.de Tel.: 0821 598 2131•	 PD Dr. Jens Soentgen jens.soentgen@wzu.uni-augsburg.de Tel.: 0821 598 3560pRojektpaRtneR•	 Universität	Augsburg,	Institut	für	Geographie•	 Klinikum	Augsburg,	Neurologische	Klinik	und	Klinische	Neurophysiologie•	 Helmholtz	Zentrum	München,	Institut	für	Epide-miologie•	 Universitäres	Zentrum	für	Gesundheitswissen-schaften	am	Klinikum	Augsburg	-	UNIKA-T•	 Universität	Augsburg,	Wissenschaftszentrum	Umwelt  föRdeRUnG •	 Universität	Augsburg pRojektlaUfZeit•	 seit 201635Der Einfluss von Luftmassen und Wetterlagen auf Schlaganfälle in der Region AugsburgWorum geht es?Schlaganfallerkrankungen  sind  deutschland-  als  auch  weltweit eine der häufigsten Todesursachen und Ursachen für dauerhafte Pflegebedürftigkeit. Neurologische Folge-erkrankungen  wie  Aphasie,  Hemiparese,  Demenz  oder  Depressionen  schränken  die  Lebensqualität  von  Schlag-anfallpatienten  nachhaltig  stark  ein.  Darüber  hinaus  re-sultieren die höchsten Gesundheitskosten in Deutschland aus  kardiovaskulären  Erkrankungen  und  Schlaganfällen,  denen  damit  für  Medizin  und  Gesundheitsversorgung  auch eine hohe volkswirtschaftliche Relevanz zukommt. Bekannte Risikofaktoren für eine Schlaganfallerkrankung sind unter anderem Bluthochdruck, Diabetes mellitus, er-höhtes Cholesterin, Nikotin- und Alkoholkonsum sowie Herzrhythmusstörungen.Daneben  ergeben  sich  aus  einer  Vielzahl  von  Untersu-chungen aber auch Hinweise darauf, dass die Häufigkeit des  Auftretens  und  die  Schwere  von  Schlaganfallerkran-kungen durch meteorologisch-witterungsklimatologische und  weitere  Umweltfaktoren,  wie  etwa  die  Luftqualität  (z.B. Feinstaubbelastung) beeinflusst wird.Verschiedene Studien belegen etwa einen Zusammenhang zwischen  Lufttemperatur  und  Schlaganfällen.  Überwie-gend nachteilige Effekte ergeben sich demzufolge aus ne-gativen und/oder  positiven Temperaturanomalien,  sowie insbesondere  auch  aus  kurzfristigen  Temperaturände-rungen.  Aber  auch  für  weitere  meteorologische  Parame-ter  wie  Luftdruck  und  Luftfeuchtigkeit  konnten  Effekte  auf  Schlaganfallerkrankungen  nachgewiesen  werden,  die  allerdings hinsichtlich Wirkungsrichtung und -intensität nicht immer konsistent sind.Neben den  Effekten  einzelner  Parameter  wird  weiterhin  insbesondere  auch  der  kombinierten  Wirkung  verschie-dener  Größen  –  also  etwa  simultane  Temperatur-  und  Feuchteänderungen  –  Relevanz  für  Schlaganfallerkran-kungen beigemessen.Diese  synergetische  Gesundheitswirkung  verschiedener  meteorologisch-witterungsklimatologischer Parameter kann  mit  Hilfe  sogenannter  Luftmassen-  oder  Wetterla-genklassifikationen erfasst werden, die unterschiedliche großskalige und/oder lokale Variablen simultan zur Cha-rakterisierung der atmosphärischen Bedingungen berück-sichtigen.Zielsetzung	und	VorgehensweiseIm Rahmen einer Forschungskooperation zwischen Neu-rologen, Klima- und Umweltwissenschaftlern, Epidemio-logen und Umweltmedizinern sollen die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Klima- und Umweltfaktoren und Schlaganfallerkrankungen im Detail erforscht und hierbei diejenigen Einflussfaktoren identifiziert werden, die quan-tifizierbaren Einfluss auf Schlaganfallerkrankungen in der Region Augsburg haben.Auf der Grundlage belastbarer Erkenntnisse zur Wirkung von Klima-/Umwelteinflüssen auf Schlaganfallerkran-kungen sollen in weiteren Schritten Abschätzungen kurz-fristiger, wetter- und umweltbedingter Variationen sowie Projektionen möglicher langfristiger klimawandelbeding-ter Änderungen des Schlaganfallrisikos bis zum Ende des 21.  Jahrhunderts  erarbeitet  werden.  Solche  Aussagen  –  hinreichende Verlässlichkeit  vorausgesetzt  –  erlauben es  36Der Einfluss von Luftmassen und Wetterlagen auf Schlaganfälle in der Region Augsburgim Weiteren,  Patienten und medizinischen Versorgungs-einrichtungen  rechtzeitig  geeignete  präventive  und  ku-rative Maßnahmen zu treffen und damit im Idealfall das Auftreten von Schlaganfällen zu verhindern bzw. die Fol-genschwere der Erkrankung durch eine adäquate medizi-nische Versorgung zu minimieren. Zur  Realisierung  der  oben skizzierten  Zielsetzungen be-stehen  am  Forschungsstandort  Augsburg  ausgezeichnete  Voraussetzungen.Abb.  1:  Klimatische  Charakteristik  von  Luftmassen  im  Winter (DJF im Zeitraum 2006-2017) in der Region Augs-burg  (T.max/T.min  =  Tagesmaximum/-minimum  der  Lufttemperatur;  P  =  Bodenluftdruck;  CC =  Bedeckungs-grad; WS = Windgeschwindigkeit; DPD15 = Taupunktde-pression  um  15:00  Uhr;  DPR  =  Taupunkt-Spannweite).  Die  Luftmassenbezeichnungen  auf  der  X-Achse  setzen  sich  zusammen  aus  der  Kennzeichnung  der  jeweiligen  hygrischen (D = dry, M = moist) und der thermischen (T = tropical, M = moderate, P = polar) Charakteristik.Abb. 2: Wie Abbildung 1, jedoch für Sommer (JJA).Dies  beinhaltet  zum  einen  die  umfassende  Datenbasis  von  Schlaganfällen,  die  am  Klinikum  Augsburg  (Klinik  für Neurologie und Klinische Neurophysiologie) zur Ver-fügung  steht.  Bedingt  durch  die  besondere  Versorgungs-situation  mit  einer  starken  Zentralisierung  auf  einen  Maximalversorger in der Region und das Fehlen weiterer neurologischer Kliniken und Schlaganfall-Zentren im wei-teren Umkreis erfolgt am Klinikum Augsburg eine nahezu lückenlose  Erfassung von Schlaganfallpatienten.  Hieraus  resultiert  eine sehr umfangreiche Patientenzahl (~ 1800/Jahr) und eine flächendeckende und homogene Datener-fassung.  Für  den  Zeitraum  2006-2017  liegen  Daten  für  etwa  18.000  Schlaganfälle  vor,  die  zusätzlich  nach  un-terschiedlichen  Kriterien  (ICD -  International  Statistical  Classification of Diseases and Related Health Problems, TOAST - „Trial of Org 10172 in Acute Stroke Treatment“) in Subtypen kategorisiert sind.37Der Einfluss von Luftmassen und Wetterlagen auf Schlaganfälle in der Region AugsburgZum anderen wird die spezifische neurologische Experti-se am Klinikum Augsburg im Verbund der Projektpartner durch  Forschungsausrichtungen  im  Bereich  der  Klima-  und Umweltwissenschaften, Epidemiologie und Umwelt-medizin ergänzt.Im Rahmen erster Vorstudien erfolgt zunächst die Erstel-lung von Luftmassen- bzw. Wetterlagenklassifikationen, zur quantitativen Charakterisierung der schlaganfallrele-vanten  meteorologisch-witterungsklimatologischen  Be-dingungen in der Region Augsburg.Zur  Ermittlung  relevanter  Luftmassen  werden  meteoro-logische Messwerte der offiziellen Beobachtungsstation des  Deutschen  Wetterdienstes  in  Augsburg-Mühlhausen  herangezogen. Aus spezifischen Kombinationen von Messwerten der  Lufttemperatur,  Luftfeuchtigkeit,  Wind-geschwindigkeit  und  weiterer  Kenngrößen  ergibt  sich  hierbei die Zuordnung einzelner Tage des Untersuchungs-zeitraums zu sieben Luftmassenkategorien,  die sich ent-scheidend  hinsichtlich  der  mit  ihrem Auftreten  verbun-denen Lufttemperatur- und Luftfeuchtigkeitsverhältnisse unterscheiden lassen (siehe Abb. 1 und 2).Die  unterschiedlichen Luftmassen sind maßgeblich cha-rakterisiert  zum  einen  durch  ihre  Luftfeuchtigkeitsver-hältnisse  –  moist  (M),  dry (D)  –  und zum anderen durch unterschiedliche Temperaturniveaus – tropical (T), mode-rate (M), polar (P). Zusätzlich zu den sechs sich aus Kombi-nationen der Temperatur- und Feuchtigkeitsniveaus erge-benden Luftmassen wird eine siebte Luftmassenkategorie TR (transient) ausgeschieden, die durch eine ausgeprägte Wechselhaftigkeit der Temperatur- und Luftfeuchtigkeits-verhältnisse gekennzeichnet ist.Die im Jahresverlauf variablen Auftrittshäufigkeiten der Luftmassen in Augsburg sind in Abb. 3 dokumentiert.Über die Berücksichtigung der lokalen meteorologischen Bedingungen hinaus, beziehen weiterentwickelte Wetter-lagenklassifikationen zusätzlich auch die großräumigen synoptischen Verhältnisse – etwa die Bodenluftdruckver-teilung über Europa – in die Zuordnung von Einzeltagen zu spezifischen Wetterlagen ein.Abb. 3: Monatliche Auftrittshäufigkeiten (in %) der sie-ben  Luftmassenkategorien  für  Augsburg  im  Zeitraum  2006-2017.38In  einem weiterführenden  Untersuchungsschritt  werden  die  ermittelten  Luftmassen-  bzw.  Wetterlagenkategorien  bezüglich der Häufigkeit der mit ihrem Auftreten verbun-denen  Schlaganfallerkrankungen  statistisch  analysiert,  um auf diese Weise diejenigen Luftmassen bzw. Wetterla-gen zu identifizieren, die mit einem statistisch signifikant erhöhten  bzw.  reduzierten  Schlaganfallrisiko  verbunden  sind.Erste ErgebnisseAus den bisher durchgeführten Untersuchungen ergeben sich  die  nachfolgend  beispielhaft  skizzierten  ersten  Er-kenntnisse zu den Zusammenhängen zwischen Luftmas-sen  bzw.  Wetterlagen  und  Schlaganfällen  in  der  Region  Augsburg. Dabei ist allerdings festzuhalten, dass die Zu-sammenhänge  bei  Betrachtung unterschiedlicher  Patien-tengruppen (kategorisiert nach z.B. Alter, Geschlecht, Ri-sikofaktoren),  verschiedener  Schlaganfall-Subtypen  (z.B.  makroangiopathische  oder  kardiogen-embolische  Schlag-anfälle) und bei Zugrundelegung unterschiedlicher jahres-zeitlicher  Zusammenfassungen  durchaus  uneinheitlich  und teilweise gegensätzlich ausgebildet sind.Signifikant erhöhte Schlaganfallzahlen treten bei gesamt-jährlicher  Betrachtung  für  einige  Schlaganfall-Subtypen  bei trockenen und warmen Luftmassen (dry tropical - DT) auf  während  das  Schlaganfall  Risiko  bei  trockenen  und  kalten Luftmassen (dry polar - DP) signifikant reduziert er-scheint (siehe Abb. 4). Betrachtet man allerdings die Tem-peraturentwicklung im Vorfeld so scheint sich ein Anstieg der Lufttemperatur positiv (reduzierend), ein Temperatur-abfall dagegen negativ (erhöhend) auf das Schlaganfallrisi-ko auszuwirken.Inwieweit  sich  diese  ersten  Hinweise  auf  relevante  Ein-flüsse von Umweltfaktoren auf Schlaganfallerkrankungen bestätigen und sich bezüglich ihrer physiologischen Wirk-zusammenhänge  nachvollziehbar  erklären  lassen  wird  Gegenstand  zukünftiger  weiterführender  Untersuchun-gen sein.AusblickAufbauend  auf  den  bisher  durchgeführten  Untersuchun-gen und initialen Ergebnissen sind im Rahmen der inter-disziplinären  Forschungskooperation  zum  übergeordne-ten  Thema  „Umweltfaktoren  und  Schlaganfälle  in  der  Region  Augsburg“  weiterführende  Analysen  geplant,  die  Der Einfluss von Luftmassen und Wetterlagen auf Schlaganfälle in der Region AugsburgAbb.  4:  Relativ  erhöhte/reduzierte  Schlaganfallmorbidi-täten  der  sieben  Luftmassenkategorien  in  Augsburg.  **  bzw. ~ indizieren statistische Signifikanz der Abweichun-gen für α = 0.01 bzw. α = 0.1.39Der Einfluss von Luftmassen und Wetterlagen auf Schlaganfälle in der Region Augsburgvertiefte  Erkenntnisse  zu  den  Zusammenhängen  zwi-schen  Umweltfaktoren  und  Schlaganfällen  in  Augsburg  liefern  werden.  Dies  wird  insbesondere  die  Entwicklung  optimierter Wetterlagenklassifikationen beinhalten, die in noch höherem Maße als die bisher eingesetzten Klassi-fikationsansätze geeignet sein werden, die bedeutsamsten schlaganfallrelevanten  meteorologisch-witterungsklima-tologischen Einflussgrößen zu identifizieren und bezüg-lich ihrer Gesundheitseffekte zu quantifizieren. Verstärkt werden  dabei  auch  nichtklimatische  Umweltfaktoren,  insbesondere Luftqualitätsparameter, in die Untersuchun-gen mit einbezogen werden, um den vermuteten gesund-heitsrelevanten Wechselwirkungen Rechnung zu tragen.Schließlich  sollen  statistische  Modelle  entwickelt  wer-den, die eine begründete Abschätzung des mit spezifi-schen  Umweltfaktoren  verbundenen  Schlaganfallrisi-kos  in  der  Region  Augsburg  erlauben  und  die  damit  die  Grundlage für die langfristig angestrebte Entwicklung von „Schlaganfall-Warnsystemen“ darstellen können.Literatur• Beck,  C.,  Ertl,  M.,  Giemsa,  E.,  Jacobeit,  J.,  Kühlbach,  B.,  Naumann,  M.,  Seubert,  S.,  Soentgen,  J.,  Straub,  A.  (2017): Wetterlagen  und  Schlaganfälle  in  der  Region  Augsburg.  Deutscher  Kongress  für  Geographie  30.09.-05.10.2017, Tübingen.• Beck,  C.,  Ertl,  M.,  Giemsa,  E.,  Jacobeit,  J.,  Naumann,  M., Seubert, S. (2017): Weather types and strokes in the Augsburg region (Southern Germany). Geophysical Re-search Abstracts Vol. 19, EGU2017-9785.• Beck, C., Kühlbach, B.,  Ertl,  M., Naumann, M., Giem-sa,  E.,  Seubert,  S.,  Straub,  A.,  Soentgen,  J.,  Jacobeit,  J.  (2017): Der Einfluss von Luftmassen und Wetterlagen auf Schlaganfälle in der Region Augsburg. Tagungsband der 36. Jahrestagung des AK Klima der DGfG in Rau-ischholzhausen 2017. • Beck, C., Kühlbach, B., Ertl, M., Naumann, M., Straub, A.,  Giemsa,  E.,  Seubert,  S.,  Soentgen,  J.,  Jacobeit,  J.  (2018): Stroke occurrence in the Augsburg region (Sou-thern Germany) related to air masses and weather types. Geophysical  Research  Abstracts  Vol.  20,  EGU2018-10117. • Fricke, V. (2018): Zusammenhänge  zwischen  Wetter-lagen  und  Schlaganfällen  im  Raum  Augsburg.  Mas-terarbeit  am  Lehrstuhl  für  Physische  Geographie  mit  Schwerpunkt Klimaforschung.• Kühlbach, B. (2017): Erstellung  einer  synoptischen  Luftmassenklassifikation und Analyse der statisti-schen Zusammenhänge mit  Schlaganfällen in  der  Re-gion Augsburg (2006-2015). Masterarbeit am Lehrstuhl für  Physische  Geographie  mit  Schwerpunkt  Klimafor-schung.

Der Einfluss von Luftmassen und Wetterlagen auf Schlaganfälle in der Region Augsburg

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