Hardecker, Georg

Ilg, Wolfgang

Maaß, Christoph

Schweitzer, Friedrich

Publikationsserver der Universität Tübingen

ForumGeorg Hardecker, Christoph Maaß, Wolfgang Ilg, Friedrich SchweitzerDie Konfirmandenarbeit bleibt in BewegungErste Befunde aus der Zweiten Bundesweiten Studie zur KonfirmandenarbeitKontinuität bei den religiösen Einstellungen der Jugendlichen im Zeitvergleich; ein wei-ter ausbaufähiges Eingehen auf die Fragen und Bedürfnisse der Jugendlichen; eine hohe Zufriedenheit mit der Konfi-Zeit; Be-wegungen hin zu mehr Konfirmandenarbeit statt eines Konfirmandenunterrichts - dies sind schlaglichtartig einige der zentralen Einsichten, die im Rahmen der Zweiten Bundesweiten Studie zur Konfirmandenar-beit gewonnen wurden und im Folgenden überblicksweise dargestellt werden. Befragt wurden im Rahmen der Zweiten Bundesweiten Studie über 10.000 Konfir-mandinnen und Konfirmanden, an einem Befragungszeitpunkt zu Beginn der Konfi- Zeit im Herbst 2012 (t1) und an einem zweiten kurz vor der Konfirmation im Frühsommer 2013 (t2). Wie bei der ersten Konfirmandenstudie (2007/2008) sind die erhobenen Daten repräsentativ für das Gebiet der EKD und zeigen ein realisti-sches Bild der gegenwärtigen Konfirman-denarbeit in Deutschland.1. Kontinuität bei den religio sen Einstellungen der Konfir mandinnen und Konfirmanden und deren offene FragenDen Konfirmandinnen und Konfirmanden wurden größtenteils Aussagen vorgelegt, zu denen sie mittels einer siebenstufigen Skala von »trifft gar nicht zu« bis »trifft voll zu« Stellung nehmen konnten. Die Werte 5 bis 7 auf der Skala sind im Folgenden der Übersichtlichkeit halber als Zustim-mung zusammengefasst. Auf diese Weise wurden die Jugendlichen auch nach ihren religiösen Gewissheiten und Einstellungen gefragt (vgl. Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.).Die höchsten Zustimmungswerte erfuhren bei t1 (Zweite Studie) die Aussagen »Ich glaube an Gott« (CE09) mit 68 % und »Gott liebt jeden Menschen und kümmert sich um uns« (CE03) mit 66 %. Der Glaube an Gott ist - so zeigen genauere Analysen - überwiegend ein Glaube an einen lieben-den Gott. Nicht übergangen werden darf allerdings, dass ein Drittel der Jugendli-chen an dieser Stelle nicht zustimmen kann oder sich nicht festlegen will. Knapp über die Hälfte pflichten den Aussagen »Jesus ist auferstanden« (CE04: 52 %) und »Es gibt ein Leben nach dem Tod« (CE02: 52 %) bei. Etwas niedriger fällt die Zustimmung zu »Die Welt ist von Gott er-schaffen« aus (CE01): 46 % kreuzten hier zustimmende Werte an.Inwiefern verändern sich die Einstellun-gen der Jugendlichen während der Kon-firmandenzeit?Bei der Frage nach einem Leben nach dem Tod steigt die Zustimmung zwischen t1 und t2 bei der zweiten Studie um 7 Pro-zentpunkte (CE/KE02), um 6 Punkte steigt der Wert bei der Aussage, der Glaube sei in schwierigen Situationen eine Hilfe (CE/ KE08). Den stärksten Anstieg zeigt aber die Zustimmung zur Aussage »Ich weiß, was zum christlichen Glauben gehört«: Hier liegt der Wert bei t2 um 11 Punkte □ t1 2007 0(2 2008 «t1 2012 «t2 2013ci"e§CCE01/KE01: CE02/KE02: Es CE03/KE03: Die Welt ist von gibt ein Leben Gott liebt jeden Gott erschaffen, nach dem Tod. Menschen und kümmert sich um uns.CE04/KE04: CE05/KE05: Ich CE08/KE08: In CE09/KE09: lchCE10/KE10: Ich Jesus ist bin mir schwierigen glaube an Gott, weiß, was zum auferstanden, unsicher, was Situationen hilft christlichenich glauben soll mir mein Glauben gehört.Glaube an Gott.Abbildung 1: Befunde zu religiösen Einstellungen (jeweils t1 und t2 für 2007/2008 und 20012/2013) im Vergleich, N-10006-10092 (t 1/2012); N=8885-8962 (t2/2013); N=11267-11365 (t1/2007); N=10618-10727 (t2/2008).60 KU-Praxis 60 (2015)Georg Hardecker, Christoph Maaß, Wolfgang llg, Friedrich Schweitzer/Die Konfirmandenarbeit bleibt in Bewegunghöher als bei t1 (CE10: 53 %; KE10: 64 %). Konfirmandenarbeit erfüllt insoweit ei-nen ihrer Zwecke, nämlich das Kennenler-nen des christlichen Glaubens.Vor dem Hintergrund allerdings, dass• die Alltagsrelevanz des Gelernten den Jugendlichen oft nicht deutlich ist (KK35: 47 %),• der Kirche nur von einem Drittel eine Antwortkompetenz in Bezug auf die eigenen Fragen zugebilligt wird (CG/ KG02: 32 % bzw. 34 %),• nur 39% angaben, dass ihre Glau-bensfragen zur Sprache kamen (KK11),• unter denen, die den Schöpfungs-glauben ablehnen, überdurchschnitt-lich viele Gymnasiasten sind,drängen sich die beiden Fragen auf: Wer-den die kritischen Vorbehalte der Jugend-lichen tatsächlich ausreichend wahrge-nommen? Und: Erreichen Antworten, die entlang der christlichen Lehrtradition ge-geben werden, in ausreichendem Maße die Jugendlichen?2. Wohlwollendes Verhältnis zur Kirche und ausbaufähige PartizipationDas Verhältnis zur Kirche ist vonseiten der Jugendlichen größtenteils wertschät-zend: So stößt die Kirche zu Beginn der Konfi-Zeit bei 71 % (CF02) bzw. an deren Ende sogar bei 75 % (KF02) der Konfir-mandinnen und Konfirmanden auf posi-tive Resonanz. Auch die Taufbereitschaft ist bleibend hoch, wenn auch etwas schwächer ausgeprägt als 5 Jahre davor (CG/KG03). Beides ist jedoch nicht mit einem entsprechenden Zugehörigkeits-gefühl verbunden (CG/KG01: 41% bzw. 46 %). Dies spiegelt sich auch im Erleben der Gottesdienste wider: Als »langweilig« wird er bei t1 von 45 % und bei t2 sogar von 52 % der Konfirmandinnen und Kon-firmanden empfunden (KG04; CG04). Dieser Wert ist jedoch bei denen niedri-ger, die auch jugendgemäße Gottes-dienste erlebten oder bei der Vorberei-tung von Gottesdiensten beteiligt waren. Daher legt es sich nahe, verstärkt nach Möglichkeiten aktiver Teilnahme zu su-chen. Auch dem während der Konfi-Zeit wachsenden Interesse an kirchlichen Ju-gendgruppen (CG08:18 %, KG08: 26 %) ist nach Möglichkeit durch entspre-chende Angebote entgegenzukommen: Eine stärkere Verknüpfung zwischen Konfirmandenarbeit und Jugendarbeit legt sich von daher nahe.3. Breite Zufriedenheit mit der Konfi-ZeitErfreuliches zeigt sich beim Blick auf die Zufriedenheit der Konfirmandinnen und Konfirmanden mit ihrer Konfi-Zeit (Vgl. auch aus Interesse an guter inhaltlicher Konfirmandenarbeit Tabelle 1).Tabelle 1: Zufriedenheit der Konfirmandinnen und KonfirmandenWie zufrieden bist Du mit... ? M SD TZSkala: 1 =trifft gar nicht zu; 7=trifft voll zu; N=8172-8991.M=Mittelwert; SD=Standardabweichung; TZ=tendenzielle Zustimmung (Stufen 5/6/7).KNOT der Konfi-Zeit insgesamt 5.31 1.41 75%KN03: den Themen in der Konfi-Zeit 4.77 1.31 59%KN07: Pfarrer(in)/Konfi-Hauptverantwortliche(r)5.45 1.62 75%KN08: anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern5.26 1.57 73%KN10: den Gottesdiensten 4.65 1.49 57 %KN11: Freizeiten/Seminare/Camps 5.37 1.73 73%KN14: Musik/Lieder/Singen 4.60 1.67 55%KN20: den Arbeitsformen (z.B. Arbei-ten mit biblischen Texten, Gruppenarbeit usw.)4.67 1.39 56%75 % der Jugendlichen (8 Prozentpunkte mehr als in der ersten Studie) zeigten sich zufrieden mit der Konfi-Zeit insgesamt (KN01) - ein erfreuliches Ergebnis für alle, die mit viel Einsatz in der Konfirmanden-arbeit tätig sind! Es besteht nachweislich ein enger Zusammenhang zwischen Zu-friedenheit und Spaß auf der einen und dem Lernerfolg auf der anderen Seite. Da die nicht-unterrichtlichen Formen der Konfirmandenarbeit wie etwa die sehr beliebten Freizeiten und »Konfi-Camps« auf sehr große Zufriedenheit stoßen, legt sich ein weiterer Ausbau dieser jugend-arbeitsnahen Formen auch aus Interesse an guter inhaltlicher Konfirmandenarbeit nahe.4. Mehr ehrenamtlich Mitarbeitende und demo-grafischer WandelDie Bedeutung ehrenamtlicher Mitarbeit nimmt weiter zu. Schätzungen weisen auf eine Gesamtzahl von 62.000 ehrenamt-lich Mitarbeitenden hin - dies wäre ein Anstieg um 3% seit der Ersten Studie. Da zugleich die Gesamtzahl der Konfirman-dinnen und Konfirmanden im selben Zeit-raum demografisch bedingt um 10 % sank, hat sich das Verhältnis zwischen Konfirmandinnen und Konfirmanden ei-nerseits und Mitarbeitenden andererseits verändert: Das Verhältnis liegt bundes-weit nun beinahe bei 1 zu 3.Der demografisch bedingte Rückgang der Konfirmandenzahlen stellt die Konfirman-denarbeit vor die Aufgabe verstärkter Ko-operation. So müssen vor allem ländliche und ostdeutsche Gemeinden die Zusam-menarbeit untereinander verstärken, zu-gleich aber zu große Gruppengrößen ver-meiden. Auch die Vernetzung der unterschiedlichen Felder der Jugendarbeit, zu denen die Konfirmandenarbeit zählt, ist eine damit einhergehende Aufgabe.5. Zufriedenheit und Herausforderungen der MitarbeitendenVerbreitet ist unter den Mitarbeitenden - KU-Praxis 60 (2015) 61Forumhauptamtlichen wie ehrenamtlichen - eine hohe Zufriedenheit mit der eigenen Konfir-mandenarbeit (VM01): Während sich 78 % der Pfarrerinnen und Pfarrer zufrieden äu-ßern, tun dies sogar 89 % der Ehrenamtli-chen.Zwischen den Zielen der haupt- und ehren-amtlich Mitarbeitenden einerseits, und de-ren Erreichung andererseits besteht an ei-nigen Stellen eine gewisse Spannung. Hatten bei t1 93 % der Mitarbeitenden an-gegeben, dass die Glaubensfragen der Ju-gendlichen eine Rolle spielen sollen (WC15), so konnten gegen Ende der Konfi-Zeit nur 79 % der Mitarbeitenden bestätigen, die Glaubensfragen der Jugendlichen tatsäch-lich berücksichtigt zu haben (VB18). Ebenso im Falle des Kennenlernens der kirchlichen Jugendarbeit, das nur nach Ein-schätzung von 71 % der Mitarbeitenden stattfand (VC06) - als Ziel hatten es sich jedoch 85 % gesetzt (WC06). Eine Interpre-tation fällt hier nicht leicht: Möglicherweise ist dies als ein Hinweis darauf zu verstehen, dass die angestrebten Ziele eine Gestal-tung der Konfirmandenarbeit verlangen, deren Planung nicht einfach «nebenher”, neben den vielfältigen sonstigen Aufgaben des Pfarramtes etwa, möglich ist.Es gibt demgegenüber auch Beispiele für gelingende Prozesse, die am Anfang nicht als Ziele im Blick waren: So fanden etwa deutlich mehr persönliche Gespräche zwi-schen Mitarbeitenden und Konfirmanden statt, als dies von den Mitarbeitenden an-gestrebt war (WD05: 51 %, VD05: 81 % der Pfarrer, 74 % der ehrenamtlich Mitar-beitenden).6. Weitere Kontexte der StudieDie Zweite Bundesweite Studie umfasst im Gegensatz zur Vorgängerstudie einen zusätzlichen Befragungszeitpunkt t3.Diese Befragung erfolgt zwei Jahre nach der Konfirmation im Frühsommer 2015 und soll Einsichten auf längerfristige Aus-wirkungen der Konfirmandenarbeit lie-fern, etwa auf die Haltung zu zivilgesell-schaftlichem Engagement. Flankiert werden diese quantitativen Zugänge durch Teamer-Interviews, deren Auswer-tung zusammen mit den Ergebnissen des 3. Befragungszeitpunktes Anfang 2016 veröffentlich werden soll. Erneut findet die Studie zur Konfirmandenarbeit im Kon-text einer europaweiten Erhebung statt, deren Ergebnisse ebenfalls 2015 veröf-fentlicht werden sollen. Weitere Informa-tionen zur Studie sind zugänglich auf www.konfirmandenarbeit.eu.62 KU-Praxis 60(2015)

Die Konfirmandenarbeit bleibt in Bewegung : Erste Befunde aus der Zweiten Bundesweiten Studie zur Konfirmandenarbeit

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