Untersuchungen zur therapiespezifischen Modulation motorischer und nicht-motorischer Symptome verschiedener Bewegungsstörungen mittels funktioneller Bildgebung

Abstract

Neurologische Bewegungsstörungen sind vielgestaltige Erkrankungen mit motorischen, aber auch zahlreichen nicht-motorischen Symptomen. Die Erforschung sowohl der Erkrankungen selbst, als auch der Wirkung und Nebenwirkungen deren Therapiemöglichkeiten bietet einzigartige Einblicke in die Funktionsweisen des menschlichen Gehirns. In dieser Habilitationsschrift wird in zwei Arbeiten zum optimalen Stimulationsort der Tiefen Hirnstimulation (THS) bei Patient*innen mit Essentiellem Tremor (ET) gezeigt, wie eng ein besseres neuroanatomisches Verständnis des Tremornetzwerkes mit einer personalisierten Therapieoptimierung zusammenhängt: Wir konnten zeigen, dass der sweet spot der aktiven THS-Elektrode unserer eigenen Kohorten genauso wie die meisten sweet spots aus Studien anderer Autor*innen dem Verlauf des dentato-rubro-thalamischen Trakts folgt. Dieser Trakt kristallisiert sich mehr und mehr als gemeinsame neuroanatomische Zielstruktur einer effektiven THS bei ET heraus. Der Stimulationsort, der mit THS-Nebenwirkungen vergesellschaftet war, befand sich in enger Nachbarschaft mit dem von uns identifizierten sweet spot. Dieses Ergebnis sollte dazu führen, bei einem Auftreten von Stimulations-Nebenwirkungen die Stimulationsparameter anzupassen. Eine Elektrodenfehllage muss jedoch nicht angenommen werden. Bezüglich der Pathogenese der Multisystematrophie (MSA) konnten wir erstmals bei dieser orphan disease mittels Mikroglia-PET eine früh im Krankheitsverlauf auftretende und weit verteilte Aktivierung von Mikroglia in vivo zeigen. Studien zu anderen neurodegenerativen Erkrankungen haben demonstriert, dass eine durch Mikroglia (mit-)verursachte Neuroinflammation bereits in präklinischen Krankheitsstadien auftritt. Weitere Forschung ist vonnöten, um die Interaktion dieses inflammatorischen Prozesses mit dem voranschreitenden Neuronenuntergang besser zu charakterisieren. Die Relevanz von kognitiven Symptomen beim idiopathischen Parkinsonsyndrom (iPS) und deren differentielle Modulation durch dopaminerge Therapie wurde anhand zweier weiterer in dieser Habilitationsschrift vorgestellten Arbeiten thematisiert. Diesbezüglich konnte gezeigt werden, dass Einschränkungen der globalen Kognition mit nigrostriataler Degeneration im kognitiven Teil des Striatums assoziiert sind. Diese hat sich im Gegensatz zu den im Stroop-Test bestimmten Exekutivfunktionen nicht in Abhängigkeit der dopaminergen Medikation geändert, was am Ehesten an einem Mittelungseffekt sich unter Dopamin verbessernder und verschlechternder kognitiver Domänen liegt, die im eingesetzten MoCA-Test abgefragt werden. Neben den für einen Test erforderlichen kognitiven Domänen konnten wir auch das Erkrankungsalter als relevant für den Effekt von Dopamin auf Kognition beim iPS herausarbeiten. In dem von uns entwickelten Go/NoGo-Paradigma, das v.a. die Inhibition vorschneller Handlungsimpulse prüft, schnitten nach dem 50. Lebensjahr Erkrankte besser mit und jünger erkrankte iPS-Patient*innen besser ohne dopaminerge Medikation ab. Die Jüngeren zeigten zudem ein relativ intaktes kognitives Striatum im [123I]FP-CIT SPECT. Anschließende computationale Simulationen konnten zeigen, dass diese Gruppenunterschiede einen ursächlichen Zusammenhang von Verhaltens- und Bildgebungsdaten vermuten lassen: Unter Dopamin war bei den Jüngeren im Modell eine Überdosierung des relativ intakten kognitiven Striatums zu verzeichnen, welche durch eine höhere Aktivität des direkten Wegs der Kortex-Basalganglienschleife zu mehr Fehlern in der spezifischen NoGo-Bedingung geführt hat. Unsere dopaminerge Therapie muss sich dementsprechend nicht nur an den motorischen Symptomen orientieren, sondern insbesondere bei jüngeren iPS-Patient*innen auch Aspekte wie gesteigerte Impulsivität mit beachten. In der letzten Arbeit dieser Habilitationschrift konnten wir erstmals zeigen, dass das Volumen des cholinergen Hauptkerns Ncl. basalis Meynert (NBM) nicht nur bei iPS-Patient*innen unter medikamentöser Behandlung, sondern auch bei solchen mit THS als Prädiktor kognitiver Leistungen genutzt werden kann. Um dies zu zeigen wurde in der Studie neben einer herkömmlichen multiplen linearen Regression eine machine learning-Analyse mittels random forrests durchgeführt. Beide Ansätze bestätigten, dass das NBM-Volumen gefolgt von der Krankheitsschwere bezüglich der Vorhersagekraft kognitiver Veränderung vor den anderen untersuchten möglichen Risikofaktoren lag. Diese Ergebnisse werden aktuell in einer Anschlussstudie prospektiv validiert und ergänzt. Das übergeordnete Ziel dieser Arbeiten besteht in der Verbesserung der individuellen Risikoerfassung, um Patient*innen personalisiert dem für sie passenden Therapieverfahren mit möglichst gutem Effekt zuzuführen

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