Entwicklung und Validierung einer Methodik zur Ermittlung der realen Evapotranspiration anhand von Fernerkundungsdaten in Mecklenburg-Vorpommern

Abstract

Die reale Evapotranspiration ist eine räumlich und zeitlich sehr variable Größe, deren exakte Ermittlung trotz der Existenz einer Reihe anerkannter Bestimmungsmethoden vor allem dann noch immer Schwierigkeiten bereitet, wenn es um repräsentative Gebietswerte oder räumlich hochaufgelöste Informationen geht. Die Quantifizierung der Verdunstung großer Gebiete (z. B. land- oder forstwirtschaftlich genutzte Flächen, Einzugsgebiete) ist Voraussetzung für weitergehende Untersuchungen des Wasser- und Wärmehaushalts. Die Nutzung von Fernerkundungsdaten stellt aus heutiger Sicht die einzige praktikable Möglichkeit für die flächendeckende, räumlich differenzierte Quantifizierung der realen Evapotranspiration dar. In der vorliegenden Arbeit wird eine Methodik vorgestellt, mit deren Hilfe aus multispektralen Satellitendaten die reale Evapotranspiration in ihrer räumlichen Verteilung berechnet werden kann. Der verwendete Sensor muss mindestens über Kanäle in den Spektralbereichen Grün, Rot, Nahes Infrarot und Thermales Infrarot verfügen. Zusätzliche bodengestützte Messungen sind nicht erforderlich. Der Ansatz ist automatisierbar und ermöglicht damit die operationelle Bereitstellung von aktuellen Flächendatensätzen der Verdunstung in Nahe-Echtzeit. Der latente Wärmestrom wird als Restglied der Energiebilanz an der Erdoberfläche berechnet. Dazu erfolgt im ersten Schritt die Ermittlung der „Basisparameter“ (Oberflächentemperatur, Normalized Difference Vegetation Index, Albedo, Globalstrahlung und langwelliges Emissionsvermögen der Erdoberfläche), mit deren Hilfe nachfolgend die Nettostrahlung berechnet und auf die Komponenten der Energiebilanz aufgeteilt wird. Die Methodik wird anhand von neun Landsat-Szenen aus dem Jahr 2000, die alle Jahreszeiten repräsentieren, getestet. Der Vergleich mit bodengestützt ermittelten Messwerten bzw. den Ergebnissen anerkannter Berechnungsverfahren erlaubt die Validierung der Methodik für das Untersuchungsgebiet Mecklenburg-Vorpommern. Da einerseits die Ermittlung von Referenzwerten der realen Evapotranspiration schwierig ist und andererseits auch die Zwischenergebnisse verifiziert werden sollen, beschränkt sich die Modellvalidierung nicht auf den Vergleich von Verdunstungswerten. Die Genauigkeit der fernerkundungsbasierten Lufttemperatur wird ebenso wie die der Globalstrahlung durch den Vergleich mit bodengestützt ermittelten Messwerten ermittelt. Um ein Maß für die Genauigkeit der Oberflächentemperatur zu erhalten, werden Wassertemperaturen der Ostsee und von Binnengewässern herangezogen. Die reale Evapotranspiration wird schließlich durch den Vergleich mit Lysimetermessungen und Berechnungswerten der FAO-Referenzverdunstung verifiziert. Die Sensitivitätsanalyse zeigt, dass das Interpretationsmodell auch bei ungenau ermittelten Basisparametern plausible Ergebnisse liefert. Die Berechnungsgenauigkeiten von Albedo, Globalstrahlung und Normalized Difference Vegetation Index haben gegenüber denen von Oberflächentemperatur und langwelligem Emissionsvermögen den entscheidenden Einfluss auf die Größe der fernerkundungsbasiert ermittelten realen Evapotranspiration. Der Ansatz ist insgesamt als robust einzuschätzen. Die Berechnungsgenauigkeit für einzelne Parameter (Oberflächentemperatur ca. +/-2 K, Lufttemperatur ca. +/-3 K, Globalstrahlung ca. +/-20 W m-2) erscheint für eine Reihe praktischer Anwendungen als ausreichend. Die Genauigkeit der fernerkundungsbasierten realen Evapotranspiration beträgt ca. +/-50 %, wobei für eine belastbare Aussage die Datengrundlage nicht ausreichend ist. Der Vorteil der fernerkundungsbasierten Methodik gegenüber den konventionellen Verfahren zur Verdunstungsermittlung liegt in erster Linie in der Erfassung der räumlichen Verteilung dieses Parameters. In der vorliegenden Arbeit wird auf bodengestützt erhobene Zusatzdaten verzichtet. Dadurch wird gezeigt, mit welcher Genauigkeit die Verdunstung allein auf der Basis von Fernerkundungsdaten ermittelt werden kann. Um eine bessere Genauigkeit als auch eine höhere zeitliche Auflösung zu erreichen, wird die Berücksichtigung von konventionellen Bodendaten (z. B. Nutzung der SYNOP-Stationen) als sinnvoll erachtet. Die Kombination von bodengestützten Messungen, die punktuell kontinuierliche Informationen über die Verdunstung mit hoher zeitlicher Auflösung und hoher Genauigkeit (für den Messpunkt) liefern, mit Fernerkundungsverfahren bekannter Genauigkeit und Modellierungen scheint für die Zukunft eine Erfolg versprechende Strategie zu sein, um die Verdunstung sowohl räumlich als auch zeitlich mit einer hohen Auflösung flächendeckend ermitteln zu können. Die vorliegende Arbeit ist als ein Baustein aus dem Bereich der Fernerkundung für die Erreichung dieses Ziels zu betrachten

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