Naloxonabgabe zur Umkehrung einer bezeugten Heroinüberdosis: Eine vergleichende Analyse der Wirksamkeit von Naloxon-Schulungsprogrammen auf der Grundlage von systematischer Literaturrecherche und Experteninterviews

Abstract

Einleitung: Überdosierungen von Opioiden, meistens von Heroin, führen jährlich weltweit zu tausenden von drogenbedingten Todesfällen. Trotz der Bezeugung durch andere Konsumierende im Drogennotfall, wird aus Angst vor Strafverfolgung nur selten ein Notarztruf getätigt. Naloxon, ein Opioidantagonist, kann in kurzer Zeit die lebensgefährlichen Folgen einer Überdosierung umkehren und Leben retten. In Zusammenhang mit Erste Hilfe-Training, Edukation und adäquater Ausbildung von Laien, wird Naloxon in Kits, inkl. Verabreichungsund Erste Hilfe-Mitteln, sowie einer Anleitung verteilt. Die Naloxon-Distribution solcher sogenannter Take-Home-Naloxon-Kits soll die Rettung der überdosierenden Abhängigen unterstützen. Das Thema der Wirksamkeit dieser Maßnahme ist bislang eher unerforscht. In dieser Arbeit liegt der Fokus auf der Anzahl der vermiedenen Todesfälle durch Naloxon im Drogennotfall, welche die Grundlage zur Beurteilung der Effektivität bilden. Methodik: Basis dieser Arbeit ist die systematische Literaturrecherche von Studien, die sich mit verschiedenen Take-Home-Naloxon-Programmen befassen. Es wurde eine internationale Recherche in den Datenbanken von Medline, Embase, Google Scholar und PubMed durchgeführt. Zudem wurden eine Expertin und zwei Experten rekrutiert: Die leitende Apothekerin Regina Lilje der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg, Herr Urs Köthner, Vorstand von akzept e.V. und Herr Dr. Thilo Beck, leitender Chefarzt der Psychiatrie im Suchtzentrum arud, um weitere Aspekte bezüglich der Durchführung, Umsetzung und Wirksamkeit der Programme aufzudecken. Ergebnisse: In der Analyse wurden insgesamt 23 Studien inkludiert, die Take-Home- Naloxon-Programme entweder selbst durchführten oder schon bestehende Programme anhand von bestehenden Daten evaluiert haben. Alle Autorinnen/ Autoren berichten von einem zweckmäßigen Trainingsablauf und Rettungen durch die Vergabe von Naloxon. Die Spannweite der umgekehrten Überdosierungen liegt hier zwischen 22,2–100 Prozent. Während des Trainingszeitraums sind in einigen Programmen Konsumierende ihrer Überdosis erlegen. Die Range liegt hier zwischen null bis zehn Todesopfern. Insgesamt konnten sehr viele Überdosierungen umgekehrt werden. Die Naloxonvergabe im Drogennotfall hat sich somit als effektiv erwiesen. Durch die Korrespondenz mit Frau Lilje konnte aufgedeckt werden, weshalb Take-Home-Naloxon-Kits, zumindest in Deutschland, nicht zu Lasten der GKV verschrieben werden können. Die Expertenmeinungen gingen etwas auseinander: Herr Köthner erkennt Naloxon als effektiv und sinnvoll an, wohingegen Herr Dr. Beck Naloxon als Nachbesserung der langjährigen Substitutionstherapie ansieht. Diskussion: Naloxon-Distribution ist eine effektive Lösung zur Bekämpfung der steigenden drogenbedingten Todeszahlen. Die professionelle Schulung von Konsumierenden kann in Verbindung mit Aufklärung und Erste Hilfe-Instruktionen die entscheidende Kombination zur Bewältigung dieser Thematik darstellen. Das Drogenmilieu bleibt jedoch weiterhin ein eher unerforschter Bereich. Darüber hinaus führen strikte Gesetzeslagen auf nationaler Ebene zu geringen Möglichkeiten Take-Home-Naloxon-Kits weiter zu testen, vielmehr liegen Untersuchungsergebnisse aus den USA vor. Eine weitere Expansion der Naloxon-Verteilung, auch an Angehörige, wird national und international angestrebt und als Präventionsinstrument empfohlen

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