Untersuchungen zur Induktion und Reparatur von DNA-Schäden durch Hydroxyurea

Abstract

Die durch eine Hydroxyurea-Behandlung (HU) induzierte Depletion von Desoxyribonukleotiden wurde über einen langen Zeitraum zur Therapie von Krankheiten wie HIV und verschiedener Krebsarten, insbesondere von Leukämien eingesetzt. Durch die Arretierung von Replikationsgabeln, die von der Depletion des Desoxyribonukleotid-Pools ausgelöst wird, bietet sich eine HU-Behandlung von Zellen außerdem für Untersuchungen des zellulären Verhaltens nach Replikationsstress an. Bei früheren Untersuchungen konnte mit Hilfe der Pulsfeldgelelektrophorese gezeigt werden, dass eine HU-Behand¬lung zeitabhängig zur Induktion von DNA-Doppelstrangbrüchen (DSBs) führt. In der vorliegenden Arbeit konnte dies mit immunfluoreszenzmikroskopischen Analysen jedoch zum ersten Mal auf Einzelzellebene bestätigt werden. Bei der Untersuchung des Zellzyklusverhaltens sowie der DSB-Reparatur nach einer 24-stündigen HU-Behandlung zeigte sich das erstaunliche Ergebnis, dass nach dieser Behandlung kein G2/M-Arrest induziert wird und gleichzeitig nur eine ineffiziente DSB-Reparatur erfolgt. Durch den Einsatz von Zellen mit einer Defizienz im Reparaturweg der homologen Rekombination (HR) konnte die bereits in früheren Arbeiten mit Überlebensexperimenten gezeigte HR-abhängige Reparatur HU-induzierter DSBs auf Einzelzellebene bestätigt werden. Außerdem konnte mit diesem Experiment gezeigt werden, dass die detektierte ineffiziente Reparatur nicht durch ein Gleichgewicht zwischen effizienter Reparatur von DSBs und der Induktion neuer DSBs über einen sekundären Mechanismus nach Ende der HU-Behandlung zustande kommt, sondern möglicherweise auf die Struktur der HU-induzierten DSBs zurückzuführen ist. Die ineffiziente DSB-Reparatur in Kombination mit dem fehlenden G2/M-Arrest führten dazu, dass Zellen mit einer signifikant erhöhten Anzahl an γH2AX-Foci und Chromatidbrüchen durch die G2-Phase, die Mitose sowie die G1-Phase progressierten. Diese Situation stellt für Zellen eine ernste Bedrohung ihrer genomischen Integrität dar und wurde aufgrund dessen im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit näher untersucht. Bei der Untersuchung der Checkpoint-Profizienz HU-behandelter Zellen zeigte sich, dass nach der Kom¬bination einer HU-Behandlung und Röntgenbestrahlung oder einer kombinierten Behandlung mit HU und Methylmethan¬sulfonat (MMS) ein G2/M-Arrest induziert wird. Da Zellen nach einer solchen kombinierten Behandlung zwar einen G2/M-Arrest induzierten, diesen aber früher aufhoben als Zellen, die nur bestrahlt wurden bzw. nur mit MMS behandelt wurden, scheint eine HU-Behandlung eine Störung in der Aufrechterhaltung des G2/M-Arrests hervorzurufen. Für die genauere Charakterisierung der durch die verschiedenen Behandlungen induzierten Zellzyklus-kontroll-Signalkaskade wurden die beiden phosphorylierten und damit aktiven Checkpoint¬kinasen Chk1 und Chk2 untersucht. Während Chk2 durch eine HU-Behandlung nur sehr schwach aktiviert wird, induziert sowohl eine kurze (2 h) als auch eine lange (24 h) HU-Behandlung ein sehr starkes pChk1-Signal. Da Chk1 nicht nur durch resektierte DSBs sondern auch durch arretierte Replikationsgabeln aktiviert wird, könnte die, von den arretierten Replikationsgabeln ausgelöste, lang anhaltende Aktivierung von Chk1 zur Depletion des intrazellulären Chk1-Pools führen. Da in der Literatur bereits mehrfach die wichtige Rolle von Chk1 bei der Aufrechterhaltung des G2/M-Arrests diskutiert wurde, könnte diese Depletion zusammen mit der nur sehr geringen Aktivierung von Chk2, die durch eine HU-Behandlung ausgelöst wird, eine Erklärung für die fehlende Induktion eines G2/M-Arrests nach einer 24-stündigen HU-Behandlung darstellen. Um die ineffiziente Reparatur nach einer 24-stündigen HU-Behandlung zu analysieren, wurde mit Hilfe von Rad51- und Rad54-Depletion die Struktur der HU-induzierten DSBs charakterisiert. Rad51 und Rad54 spielen wichtige Rollen in der Reparatur von DSBs über die HR. Die in dieser Arbeit darge¬stellten Ergebnisse zeigten, dass sich 30 – 40 % der HU-induzierten DSBs in einem späten Schritt der HR befinden, während dem die DNA-Reparatur-Synthese stattfinden sollte. Möglicherweise wird die für die HR-abhängige DSB-Reparatur nötige DNA-Synthese bereits während der HU-Behandlung induziert. Da diese unter HU-Einfluss aber nicht ablaufen kann, könnte es zu einem Kollaps des DNA-Reparatur-Synthese-Komplexes kommen, wie er für die Replikationsgabeln in der S-Phase beschrieben ist. Diese Vermutung wird von der effizienteren Reparatur nach einer kürzeren, 10-stündigen HU-Behandlung unterstützt, da die DNA-Reparatur-Synthese über einen kürzeren Zeitraum inhibiert wird. Die übrigen durch HU induzierten DSBs befinden sich in einem früheren Schritt der HR, vermutlich bei der von Rad51 vermittelten Homologiesuche im Schwesterchromatid. Warum diese Homologiesuche während und nach der HU-Behandlung so viel Zeit in Anspruch nimmt, könnte möglicherweise auf die während der S-Phase aufgelockerte Chromatinstruktur zurückzuführen sein. Die Überprüfung dieser Theorien sowie der Fragestellung, ob es zu einer Depletion des Chk1-Pools durch die langanhaltende Aktivierung aufgrund der arretierten Replikationsgabeln kommt, wird Gegenstand weiterer Untersuchungen sein

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