Diskrete Wachstumsmodi in synchroner kontinuierlicher Kultur von Mikroorganismen : Erweiterung eines Populations- und Zellzyklusmodelles

Abstract

Wie vielfach in der Modellbildung vernachlässigt, besteht die Biomasse aus einzelnen Zellen, die in ihrer Masse zunehmen und sich anschließend bei Erreichen einer bestimmten Größe teilen. Dieser Vorgang wird als Zellzyklus bezeichnet. Die Untersuchungen beschäftigen sich mit dem Wachstumsverhalten von Mikroorganismen in Ruhrkesselreaktoren in kontinuierlicher Betriebsweise. Die einzelnen Zellen neigen hier unter gewissen Umgebungsbedingungen dazu, ihren Zellzyklus zu synchronisieren. Dieser als synchrone Kultur bezeichnete Wachstumszustand erlaubt es, die Wachstumseigenschaften in Abhängigkeit vom Zellzyklus zu beobachten. Dabei werden die tatsächlichen metabolen Stoffwechselpfade sichtbar. Zur mathematischen Beschreibung derartiger Prozesse dürfen weder die Zellzyklus- noch die Populationsstruktur vernachlässigt werden. Im stationären Zustand ist es mit Hilfe der Zellbilanz möglich, einen linearen Zusammenhang zwischen der Generationszeit und der mittleren Verdopplungszeit anzugeben. Dabei wird angenommen, dass die Generationszeiten der Zellen ganzzahligen Vielfachen der Periodenlänge entsprechen, um die Zellbilanz im stationären Fall zu erfüllen. Abhängig vom Verhältnis der Generationszeiten der einzelnen Zellklassen – dem Wachstumsmodus der Kultur – ergibt sich für eine feste Verdopplungszeit eine bestimmte Periodenlänge. Ziel des Projektes ist es, die Gültigkeit dieser Wachstumsmodi durch Experimente und dynamische Simulationen zu prüfen. Die hierzu notwendigen Experimente wurden am Institut für Mikrobiologie der Universität Hannover durchgeführt. Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Implementierung und Anwendung eines dynamischen Modells, das sowohl ein Zellzyklus- als auch ein genealogisches Populationsmodell enthält. Die Klasseneinteilung nach Alter und Herkunft geht hierbei über die Unterscheidung von einer Mutter- und einer Tochterzellklasse hinaus. Der Lösung der partiellen Differentialgleichungen geht ein Vergleich mehrerer numerischer Verfahren voraus. Besondere Beachtung findet dabei ein explizit einzustellender Diffusionsterm. Die Diffusion ist ein Effekt, der der Synchronisation entgegenwirkt, die aufgrund stark unterschiedlicher Wachstumsraten im Verlauf des Zellzyklus entsteht. Die Zellen legen in einer ersten Phase Speicherstoffe an, die zum Abschluss des Zellzyklus aktiviert werden. Hierdurch ist es den Zellen möglich, den Zellzyklus weitgehend unabhängig von den Umgebungsbedingungen zu beenden. Die Simulationsergebnisse bestätigen die mit Hilfe der Zellbilanz gewonnenen Eigenschaften. Die Periodenlänge ändert sich in Abhängigkeit von der Verdünnungsrate und dem Wachstumsmodus. Andere Parameter haben keinen Einfluss, solange sie nicht infolge einer Verschiebung der Konkurrenzsituation zwischen den Zellklassen zu einem neuen Wachstumsmodus führen. Die Ergebnisse zeigen, dass die nach der Zellbilanz gültige Periodenlänge eine gute Approximation darstellt. Über die Eigenschaften des vereinfachten Modells hinaus ist das dynamische Modell in der Lage, auch die Initiierung der synchronen Kultur sowie den Moduswechsel zu beschreiben

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