Unimolekulare Mizellen zeigen aufgrund ihrer vielseitigen Materialeigenschaften interessante Anwendungsmöglichkeiten, welche auf ihre kovalent verknüpften Kern-Schale-Architekturen zurückzuführen sind. Sie können unter anderem als Drug-Delivery-Systeme verwendet werden. Diese kovalent verknüpften Strukturen begünstigen eine erhöhte Stabilität in Lösung im Vergleich zu klassischen Mizellen, welche durch Selbstassemblierung von niedermolekularen amphiphilen Molekülen gebildet werden. Aufgrund des kovalenten Charakters der unimolekularen Mizellen liegt kein dynamisches Gleichgewicht zwischen Mizelle und den amphiphilen Molekülen vor. Die chemischen Strukturen solcher Kern-Schale-Architekturen basieren insbesondere auf Dendrimeren, hyperverzweigten Polymeren oder amphiphilen, sternförmigen Blockcopolymeren.
In der vorliegenden Arbeit wurde eine neue Stufenwachstumspolymerisation auf Basis einer Passerini-Dreikomponentenreaktion (Passerini-3KR) entwickelt, um gezielt solche sternförmigen Blockcopolymere herzustellen. Die Passerini-3KR ist aufgrund der hohen Ausbeuten und Atomökonomie, der einfach umsetzbaren Reaktionsführung, der hundertprozentigen Endgruppentreue und vor allem der großen strukturellen Vielfalt der Produkte ein beliebtes Synthesetool in der organischen und Polymerchemie. Von großer Wichtigkeit für diese Arbeit war auch, dass bei dieser Reaktion die Wahl der Seitengruppen nahezu frei ist, was wiederum die Einstellung der Eigenschaften, wie Polarität und Funktionalität im Kern der amphiphilen, unimolekularen Mizellen ermöglichte. Zusammen mit der in dieser Arbeit beschriebenen Molekulargewichtskontrolle bietet die Passerini-3KR ein einfaches und vielfältiges makromolekulares Design.
Die Molekulargewichtskontrolle konnte durch die Einführung eines monofunktionellen irreversiblen Kettentransferreagenzes (ICTA) in den Polymerisationsprozess realisiert werden. Durch das Verhältnis von ICTA zu Monomer konnte das Molekulargewicht gezielt eingestellt werden (analog zu dem Initiator zu Monomer Verhältnis bei lebenden/kontrollierten Polymerisationen, aber mechanistisch vollkommen unterschiedlich). Durch die Verwendung eines tri- und tetrafunktionalen ICTA konnten mittels der Passerini 3KR auch drei- und vierarmige Sternpolymere hergestellt werden. Die daraus erhaltenen Sternpolymere wurden anschließend mit einer wasserlöslichen Polyethylenglycol (PEG)-basierten Schale funktionalisiert, um amphiphile Sternblockcopolymere mit unimolekularem, mizellarem Verhalten zu generieren. Hierfür wurden die vorhandenen Carbonsäure-Endgruppen der Sternpolymere mit einem PEG-Aldehyd und einem Isocyanid bzw. PEG-Isocyanid in einer weiteren Passerini-3KR umgesetzt, um so eine wasserlösliche Schale mit und ohne Verzweigung am Verknüpfungspunkt der Polymerblöcke zu erhalten. Des Weiteren wurde der Einfluss des Molekulargewichtes der PEG-Reste auf das Aggregationsverhalten der Sternblockcopolymere in wässriger Lösung untersucht. Durch die Anzahl an Wiederholeinheiten im Kern und durch die Wahl unterschiedlicher Isocyanide als Seitenketten, sowie durch die Oxidation der Thioether-Funktionen zu Sulfonen im Polymerrückgrad, konnte die Polarität und die Mikroumgebung im Kern gezielt eingestellt und an die Einkapselung von gewünschten Gastmolekülen angepasst werden. Das Aggregationsverhalten in wässriger Lösung, sowie das Einschlussverhalten und der Transport verschiedener Farbstoffe wurde sowohl visuell oder mittels Dynamischer Lichtstreuung (DLS), als auch mit UV/VIS Spektroskopie und Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) untersucht. In letztgenannten Untersuchungen konnte zudem gezeigt werden, dass diese Polymere biokompatibel sind und sich für Anwendungen als Drug-Delivery-Systeme eignen, was Zelluntersuchungen, sowie die Einkapselung als auch die Freilassung eines Wirkstoffes (Azithromycin) bestätigten