Diagnostischer und prognostischer Stellenwert von löslichem suppression of tumorogenicity 2 (sST2) bei jugendlichen und erwachsenen Patienten mit komplexem angeborenem Herzfehler

Abstract

Das Protein „suppression of tumorogenicity 2“ (ST2) kann als Mitglied der Interleukin-1-Rezeptorfamilie sowohl in einer transmembranösen Form (ST2L) als auch in einer löslichen Form (sST2) vorkommen. Während ST2L zusammen mit Interleukin-33 eine kardioprotektive Achse bildet, inhibiert sST2 die Interleukin-33/ST2L-Achse und führt so zu einer vermehrten Apoptose, Fibrose und Hypertrophie des Myokards. In klinischen Studien konnte gezeigt werden, dass bei chronischer und akuter Linksherzinsuffizienz erhöhte sST2-Konzentrationen gemessen werden können, sST2 jedoch bei der Diagnostik einer vorliegenden Linksherzinsuffizienz den natriuretischen Peptiden unterlegen ist. Dennoch scheinen dauerhaft erhöhte sST2-Konzentrationen bei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen ein inverses myokardiales Remodeling widerzuspiegeln. Zahlreiche Studien konnten ebenfalls den prognostischen Stellenwert von sST2 bei Patienten mit Linksherzinsuffizienz und darüber hinaus einen zusätzlichen Nutzen von sST2 zu den natriuretischen Peptiden bezüglich der Risikostratifikation und Prognoseeinschätzung belegen. Aufgrund dieser vielversprechenden Daten untersuchten wir daher den diagnostischen und prognostischen Stellenwert von sST2 bei einem Hochrisikokollektiv an Patienten mit komplexem angeborenem Herzfehler. Im Zeitraum von Dezember 2008 bis November 2016 wurden insgesamt 169 konsekutive Patienten mit komplexem angeborenem Herzfehler und einem durchschnittlichen Alter von 28,3 12,0 Jahren in die Studie eingeschlossen. Bei allen Patienten wurden die sST2-Konzentrationen im Serum bestimmt und mit 32 herzgesunden Probanden verglichen. Zudem wurden die sST2-Spiegel mit klinischen, echokardiographischen und laborchemischen Parametern als auch auftretenden schwerwiegenden kardialen Ereignissen (wie kardiale Dekompensation oder Tod) assoziiert und mit den NT-proBNP-Konzentrationen hinsichtlich des diagnostischen als auch prognostischen Nutzens verglichen. Im Patientenkollektiv lagen die gemessenen sST2-Spiegel im Median bei 29,7 ng/ml (24,5-37,3 ng/ml) und waren im Vergleich zu den herzgesunden Probanden mit 26,4 ng/ml (23,0-30,5 ng/ml) signifikant erhöht (p=0,007). Die sST2-Konzentrationen stiegen mit dem Schweregrad des Herzfehlers, dem Ausmaß der vorliegenden Herzinsuffizienz gemäß NYHA-Klasse und der Schwere der aufgetretenen kardialen Ereignisse signifikant an, wobei eine genauere Differenzierung der NYHA-Klasse I und II als auch die Diagnostik einer erhöhten atrialen Arrhythmie-Last nur mit dem Marker NT-proBNP möglich war. Bezüglich der Diagnostik einer vorliegenden Herz-insuffizienz gemäß einer eingeschränkten systolischen Funktion des System- ventrikels zeigte sich NT-proBNP dem Marker sST2 in der ROC-Kurven-Analyse ebenfalls überlegen (AUC 0,770 versus 0,621; p=0,003). Das Vorliegen einer akuten kardialen Dekompensation konnte jedoch durch sST2 genauso gut wie durch NT-proBNP erfasst werden (AUC 0,928 versus 0,926; p=0,963). Bei 56 Patienten waren serielle Messungen beider Biomarker möglich und es zeigte sich, dass bei Repetitiv-Messungen zur Diagnostik einer kardialen Dekompensation der Anstieg von sST2 dem NT-proBNP-Anstieg jedoch überlegen war (AUC 0,930 versus 0,765; p=0,116). Bezüglich des prognostischen Stellenwertes wurden beide Marker sowohl für die Prädiktion einer kardialen Dekompensation als auch der Gesamtmortalität untersucht. Als stärkster unabhängiger Prädiktor konnte eine höhere NYHA-Klasse III/IV für die Vorhersage einer kardialen Dekompensation und sST2 für die Vorhersage der Gesamt-mortalität ausgemacht werden. In der ROC-Kurvenanalyse zeigte sich für sST2 eine höhere AUC zur Prädiktion der Gesamtmortalität als NT-proBNP (AUC 0,890 versus 0,875; p=0,788). Weiterhin zeigte sich im kombinierten Biomarker-Modell ein Anstieg der AUC auf 0,907 sowie eine Verbesserung der Klassifikation von Ereignissen durch sST2 bei der Net-Reclassification-Improvement (NRI)-Analyse mit einer Sensitivitäts-NRI von 4,3% und einer Spezifitäts-NRI von -0,7%, was auf einen möglichen zusätzlichen prognostischen Nutzen von sST2 hinweist. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sST2 kardialerseits verschiedene und vor allem fortgeschrittene pathophysiologische Gegebenheiten gut widerspiegelt, wohingegen NT-proBNP auch zu einer feineren Diskrimination in der Lage ist. Die diagnostische Performance von sST2 zur Detektion einer beginnenden Herzinsuffizienz ist daher im Vergleich zu NT-proBNP eher schlecht. Bezüglich des prognostischen Stellenwertes konnte in unserer Studie ein potentiell zusätzlicher Nutzen von sST2 bei der Prädiktion der Gesamtmortalität aufgezeigt werden, so dass dieser Marker auch bei Patienten mit komplexem angeborenem Herzfehler möglicherweise zur besseren Risiko-stratifikation beitragen kann.The protein “suppression of tumorogenicity 2” (ST2) is a member of the interleukin-1-receptor family and expressed both in a transmembrane (ST2L) and soluble form (sST2) with the latter blocking the cardioprotective effects of interleukin-33/ST2L interaction and thus promoting myocardial apoptosis, fibrosis and hypertrophy. In cardiovascular disease, elevated sST2 levels maintained over time may indicate the presence of adverse myocardial remodeling and disease progression. In the clinical setting, circulating sST2 levels have been shown to be of prognostic value in patients with chronic and acute left heart failure. The aim of the present study was to assess the diagnostic and prognostic value of sST2 levels in adolescent and adult patients with complex congenital heart disease (CHD). In 169 consecutive patients with complex congenital heart disease and a mean age of 28.3 12.0 years, serum sST2 levels were compared to 32 healthy controls and associated with clinical status, echocardiographic and laboratory parameters as well as the occurrence of major adverse cardiac events (MACE). In CHD patients, median sST2 levels were 29.7 ng/ml compared to 26.4 ng/ml in healthy controls (p=0.007) and increased with different types of CHD, NYHA class and the severity of MACE. However, sST2 was not capable to differentiate NYHA class I from II or to diagnose high atrial arrhythmic burden as was the case for NT-proBNP. Thus, NT-proBNP also turned out to be superior in diagnosing the presence of heart failure in terms of a reduced systolic ventricular function of the systemic ventricle (AUC 0.770 versus 0.621; p=0.003). In contrast, there were no differences of both biomarkers for the diagnosis of acute heart failure (AUC 0.926 versus 0.928; p=0.963). All-cause mortality was best predicted by sST2 levels (AUC 0.890), NT-proBNP levels (AUC 0.875) and NYHA class (AUC 0.837) with sST2 as the strongest independent predictor (p<0.001). Moreover, AUC increased to 0.907 in the combined biomarker model and net reclassification improved with the addition of sST2 both indicating that sST2 may have additive value to natriuretic peptides for the prediction of all-cause mortality in this cohort of patients

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