Vergangenheit versus Gegenwart? Anmerkungen zu Potentialen, Risiken und Nebenwirkungen einer Kombination historischer und aktueller Ansätze der Naturgefahrenforschung
'In der derzeitigen Naturgefahrenforschung wird eine historische Untersuchungsperspektive in zwei bisher weitgehend getrennten Erkenntniszusammenhängen verfolgt. Während eine mehr natur- und sozialwissenschaftliche, an der Gegenwart orientierte Forschung mehr an der Ermittlung von Frequenz-Magnitude-Beziehungen in der Vergangenheit interessiert ist, um daraus Schlüsse für die Zukunft abzuleiten, gibt es daneben eine rein historisch und geisteswissenschaftlich ausgerichtete Naturgefahrenforschung, die Katastrophen als gesellschaftliches Ereignis in der Vergangenheit analysiert. Im Artikel wird die Frage diskutiert, inwieweit eine Verknüpfung beider Untersuchungsperspektiven sinnvoll ist. Ausgehend von einem Überblick historischer Naturgefahrenforschung in den einzelnen Zusammenhängen, wird die These vertreten, dass vor allem im Bereich der aktuellen Naturgefahrenforschung eine verstärkte Analyse archivalischer Quellen vor allem längere Zeitreihen und ergänzende Datierung von Ereignissen bietet. Am Beispiel einer Untersuchung zum Hangrutschungsrisiko im Bereich der Schwäbischen Alb wird das Potential einer kombinierten Auswertung der Quellen dargestellt. Eine vorläufige Einteilung in historische Abschnitte der Wahrnehmung wird diskutiert und ihre Bedeutung im Hinblick auf die Überlieferung von Ereignissen dargestellt.' (Autorenreferat)'The article deals with the question, whether two clearly separated perspectives of historical investigation within the analysis of natural catastrophe should be combined. The one perspective, often preferred within investigations dealing with recent catastrophe, is to reconstruct earlier events on a certain, mostly short time scale. The second perspective has a focus on perception and interpretation of earlier events. Based upon the example of the reconstruction of the landslide history of the Swabian Alb in Germany the advantages and problems of a reconstruction of the events and the perception of the affected societies will be discussed. It becomes quite clear that the recent knowledge about landslides in historical times is very poor. At least four periods of perception of landslides as a regional risk are introduced in the current discussion.' (author's abstract