Neue Ansätze zur Vereinheitlichung und Rückführung der Kalibrierung von Partikelanzahl-Messgeräten für die PKW-Typprüfung der Abgasemissionen

Abstract

Die europäische Abgasgesetzgebung für Partikelanzahl-(PN)-Emissionen bei der KFZ-Typprüfung (TP) basiert auf der detaillierten Definition und Charakterisierung des Abgaspartikelzählers (APZ). Der Gesetzgeber definiert dabei jedoch weder einen einheitlichen Kalibrierstandard, noch gibt es klare Anforderungen zur metrologischen Rückführung bzw. zur Bestimmung der Unsicherheit der Kalibrierung. Dies schränkt die Vergleichbarkeit und Rechtssicherheit der Messungen deutlich ein und erzeugt Hindernisse für die Durchsetzung von Emissionsstandards zum Schutz der Gesundheit, aber auch ein signifikantes wirtschaftliches Risiko für die PKW-Hersteller. Mit der Forderung einer "mobilen" Emissions-TP (RDE) und der EU-Einführung der neuen PN-Geräteklasse des Portable Emission Measurement System (PEMS) gibt es in der TP unterschiedliche Kalibrieranforderungen und Geräte (stationäre APZ und mobile PN-PEMS) für denselben gesetzlichen PN-Grenzwert. Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Kalibrierung der Hauptkomponenten des APZ, CPC (Condensation Particle Counter = optischer, zählender Partikelsensor) und VPR (Volatile particle remover = Verdünnungs- und Flüssigpartikelentfernungssystem) bezüglich ihrer Messunsicherheit untersucht und ein einheitlicher Kalibrierstandard entwickelt. Zudem wurde ein repräsentatives PN-PEMS umfassend messtechnisch charakterisiert. Erstmals wurde die Kalibrierunsicherheit des CPC für Abgas-Anwendungen in einem Ringvergleich zwischen verschiedenen Industrie- und Kalibrierlaboren ermittelt. In diesem Laborvergleich mit Rußaerosol wurde eine starke Abhängigkeit der PN-Messunsicherheit von der Partikelgröße festgestellt. Bei einem Partikeldurchmesser von 41nm beträgt die Unsicherheit 4,5% (Variationskoeffizient, COV), bei 23nm dagegen 11%. Als wichtigste Einflussfaktoren bei 41nm wurden die Genauigkeit der Kalibrierung des Referenzzählers (min. 2,5% COV), die Wiederholbarkeit des Referenzgeräts (1%) und die genaue Definition und Standardisierung des Kalibrierrußes (2,6%) identifiziert. Bei 23nm sind die Eigenschaften des Rußreferenzaerosols die dominierende Unsicherheitsquelle (min. 7,2%), die Größenklassierung trägt hier zusätzlich min. 1,4% COV zur Gesamtunsicherheit bei. Für den VPR des APZ ist eine Bestimmung der Partikelverluste vorgeschrieben, aber die dazu erforderliche Unsicherheitsbetrachtung in der Gesetzgebung nicht definiert. Die Unsicherheit und Wiederholbarkeit der VPR-Partikelverlust-Charakterisierung wurde erstmals über ein sehr großes Ensemble von 31 APZ bestimmt und erstmals hinsichtlich ihrer Langzeitstabilität untersucht. Die gemessene Wiederholbarkeit liegt bei einem COV von 2%. Da kein Absolutwert kalibriert wird, bildet dieser Wert die Unsicherheit eines professionellen Labors ab. Die höchste Verdünnungsstufe des APZ zeigte eine deutlich reduzierte Wiederholbarkeit und sollte daher vermieden werden. Für den direkten Vergleich mobiler und stationärer APZ wurde ein CPC-basiertes PN-PEMS in seinen Einzelkomponenten nach den Vorschriften für stationäre APZ und als System untersucht. Dabei zeigte sich eine deutlich andere Systemauslegung als bei stationären APZ. Die Partikelverluste im PEMS-VPR waren deutlich höher, was durch einen CPC mit höherer Sensitivität für kleine Partikel kompensiert wurde. Somit verhält sich das Gesamtgerät ähnlich wie ein stationärer APZ, die Einzelkomponenten müssen aber anders parametrisiert und kalibriert werden. Die in dieser Arbeit im direkten Vergleich ermittelten Unterschiede zwischen APZ und PN-PEMS, die Kalibrierunsicherheit und wirtschaftliche Bedeutung der PN-Messungen für die PKW-TP begründen den dringenden Bedarf für ein harmonisiertes, vereinheitlichtes und metrologisch rückführbares Kalibrierverfahren für beide APZ-Geräteklassen. Im Rahmen dieser Arbeit wurde daher ein Verfahren entwickelt, das erstmals eine harmonisierte, metrologisch abgestimmte Charakterisierung der Hauptkomponenten eines Kalibrieraufbaus einschließt. Diese Komponenten sind Kalibrieraerosol, Referenzzähler und Partikelgrößenklassierer. APZ werden mit einem vereinheitlichten Ansatz als Gesamtsystem charakterisiert, sodass die Kalibrierung direkt die Zähleffizienzcharakteristik beschreibt und einen direkten und genaueren Vergleich unterschiedlicher Messgeräte und Messszenarien erlaubt. Hierfür wurde erstmals auch die Reproduzierbarkeit der Messgeräte direkt messtechnisch untersucht, was bisher nicht als Information verfügbar war. Für das Standard-Rußaerosol wurden die Temperaturbeständigkeit des Aerosols und die Reproduzierbarkeit des Referenzaerosols in Bezug auf Partikelkonzentration und Anzahlgrößenverteilung charakterisiert und dafür ein Validierverfahren entwickelt. Die in dieser Arbeit entwickelte Definition von Referenz-Zähler und Größenklassierer erfolgt unter Berücksichtigung der bestehenden ISO-Normen ISO 27891 für die Aerosol-Partikelanzahlkonzentration und ISO 15900 für die Bestimmung der Partikelgrößenverteilung. Außerdem wurde ein vereinheitlichter Kalibrieraufbau und -ablauf entwickelt und die Berechnung von Zähleffizienz und Linearität eindeutig festgelegt. Die neue Kalibrier-Prozedur wurde auf verschiedene, typprüfungsrelevante APZ und PN-PEMS angewandt und ein reduzierter Kalibrieraufwand bei gleichzeitig verbesserter Genauigkeit demonstriert. Die Reproduzierbarkeit lag dabei bei 5 Wiederholungen für 41nm bei 0,7% COV für einen stationären APZ und 7% COV für ein mobiles PN-PEMS. Durch das neue, harmonisierte und rückführbare Kalibrierverfahren und die Beschreibung der Rückführbarkeit für die Einzelkomponenten des Kalibrieraufbaus wurde in dieser Arbeit auch für das Endergebnis erstmals bei den beiden wichtigsten Automobil-PN-Geräteklassen (stationärem APZ und mobilem PN -PEMS) Vergleichbarkeit und Rückführbarkeit ermöglicht, was sowohl die Messgüte erhöht als auch die Rechtssicherheit der TP ermöglicht

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