Engels, Anita

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Comparativ (E-Journal)

346 Buchbesprechungen dert, indem die Gerichte es fort-bilden. Hier bestehen starke Bezüge zu den Grundrechten des ersten Abschnitts, nicht nur der Glaubens- und Bekenntnis-freiheit wegen, sondern etwa auch im Bl ick auf Verfahrensga-rantien wie sie insbesondere der Abschnitt über die Rechtspre-chung konkretisiert, Verfahrens-garantien, die bei Gerichten entstanden und daher der Recht-sprechung zugeordnet sind. Der im Umfang griffige, wie gesagt im Aufbau und in der Methode überzeugende und bisher erfolgreiche Kommentar kann nur empfohlen werden. Seine Autoren sind nicht einge-bunden in Loyalitätszusam-menhänge etwa von Verbänden, die ihre Sicht trüben könnten. Die Bearbeitung der zweiten Auflage ist bis auf ganz wenige Ausnahmen makellos und auf dem neuesten Stand. Sie fällt nicht hinter die erste Auflage zurück. Insgesamt wird das Werk auch weiterhin seinen Weg machen, gerade auch weil die Strategie des Verlages und der Autoren weiterhin dem se-riösen Muster folgt, das bisher zugrunde lag, nämlich eine Neuauflage nur nach hinrei-chend langen Abschnitten der Weiterentwicklung der Recht-sprechung auf den Markt zu bringen, also nicht im Rahmen der Vermarktung der Bände vor allem Mittel abzugreifen durch rasch aufeinander folgender, kaum veränderter und deshalb fragwürdiger Neuauflagen. Wünschenswert wäre im Bl ick auf das Inkrafttreten der Födera-lismusreform mit zahlreichen fragwürdigen und komplizierten Änderungen des Grundgesetzes eine raschere dritte Auflage jedenfalls des zweiten Bandes. Angesichts der Qualität des Kommentars erlaubt aber auch ein knapp bemessener Bibl io-theksetat die ernsthafte Erwä-gung, die Neuauflagen dieses Kommentars anzuschaffen. Man kann mit ihm gut arbeiten, das gilt auch für die Nachbardiszi-plinen der Jurisprudenz, also etwa die Politikwissenschaft, die Geschichtswissenschaft und im weiteren Sinne die alte Staats-wissenschaft überhaupt. Helmut Goerlich Thomas Fues/Jochen Hippler (Hrsg.): Globale Politik. Ent-wicklung und Frieden in der Weltgesellschaft. Festschrift für Franz Nuscheier, Bonn: Dietz Verlag 2003, 400 S. Festschriften sind zuweilen in ihrem Erkenntniswert be-schränkt, da es sich typischer-weise um nur lose verknüpfte Beiträge handelt, die den Hauptzweck verfolgen, Wich-tigkeit (die eigene und die des Geehrten) zu demonstrieren. Für die vorliegende Festschrift zur Emeritierung von Franz Nu-scheier gilt das nicht. Es handelt sich um eine umfangreiche und zuweilen schonungslose Bilan-Buchbesprechungen 347 zierung zum theoretischen und politischen Stand von Global Governance, Frieden und Ent-wicklung. In dieser Breite und Aktualität dürfte der Sammel-band eine gewisse Einzigartig-keit aufweisen. Das erleichtert es, über die teilweise schwärme-rischen und allzu persönlich geratenen Beiträge zur Person Nuschelers im ersten Teil des Buches hinweg zu lesen. Im Anschluss an Vorwort und Grußwort von Johannes Rau und der österreichischen Außenministerin Benita Ferrero-Waldner eröffnet der Einlei-tungsbeitrag von Thomas Fues und Jochen Hippler den Band mit der Frage, wie Weltproble-me unter Globalisierungsbedin-gungen lösbar werden können (S. 17), die das bisherige Werk von Franz Nuscheier in prä-gnanter Weise auf den Punkt bringt. Die Autoren bemerken zu Recht, dass die Festschrift in einer kritischen Umbruchphase erscheint, die eine Bilanzierung besonders nahe legt. Der erste Buchteil zu Person und Werk Franz Nuschelers enthält Bei -träge von Klaus Hänsch, Anne-lie Buntenbach, Erfried Adam, Sybille von Fölkersamb, Ri-chard Hermle und Ernst Ulrich von Weizsäcker. Daran schlie-ßen sich drei weitere thematisch fokussierte Buchteile an. Der zweite Teil stellt Global Gover-nance auf den Prüfstand, und zwar sowohl in Bezug auf seine Wirksamkeit als Politikmodell als auch auf seine analytischen Potentiale. Autorinnen sind Lothar Brock, Dirk Messner, Marianne Beisheim, Achim Brunnengräber, Uta Ruppert und Inge Kaul. Im dritten Teil finden sich Beiträge zu den Themen Entwicklung und Frie-den von Michael Bohnet, Rainer Tetzlaff, Peter Meyns, Volker Matthies, Herbert Wulf und Volker Perthes. Der vierte Teil schließlich ist mit den Stichwor-ten Nation - Kulturen - Men-schenrechte überschrieben. In der Überschrift spiegelt sich der etwas zusammengewürfelte Charakter dieses letzten Teils wider, in dem sehr unterschied-liche Beiträge von Dieter O-berndörfer, Dieter Senghaas, Paul Streeten, Thomas Heberer und Kurt P. Tudyka versammelt sind. Da an dieser Stelle nicht alle Einzelbeiträge besprochen wer-den können, greife ich im Fol-genden diejenigen Beiträge her-aus, die ich für besonders le-senswert im Kontext der ange-sprochenen Thematiken halte. Das beginnt mit dem Beitrag von Lothar Brock, der bei dem Thema Global Governance gleich zum Kern der Krit ik vor-stößt: Wie kann man überhaupt noch von Global Governance reden, wenn es der Weltmacht U S A möglich ist, Kriege zur vorbeugenden Verteidigung zu führen? Brock stellt dieses scheinbare Totschlagargument jedoch sogleich in einen breite-ren Kontext und zeigt auf, dass sich im Rahmen der Vereinten 348 Buchbesprechungen Nationen bereits in den 1990er Jahren der Trend zum demokra-tischen Erzwingungskrieg ab-zeichnete, lange bevor die U S A ihre Strategie zur Terrorbe-kämpfung offiziell darauf ab-stellten. Mi t Erzwingungskrie-gen ist die militärische Rechts-durchsetzung ohne vollständige Selbstbindung an das Recht gemeint, und Brock zeigt über-zeugend, wie diese Erzwin-gungskriege zugleich als Teil und als Infragestellung von Global Governance betrachtet werden können, deren wichtig-ste Agenda die Zivilisierung der Weltpolitik ist. So plädiert er dafür, das Wiederaufleben und die neuen Legitimationsversu-che von Krieg als Mittel der Herstellung von Weltordnung nicht einfach als Gegensatz zu Global Governance zu sehen sondern vielmehr zu fragen, welchen Stellenwert Kriege in der umkämpften Agenda für Weltpolitik und Weltfrieden haben. Neben der wiederaufflam-menden Bedeutung militärischer Macht ist es häufig die ökono-mische Macht der Großkonzer-ne, die Kritiker dem Konzept von Global Governance als A r -gument entgegenhalten. Diese Thematik greift der Beitrag von Dirk Messner auf, indem er sowohl dem neoliberalen als auch dem globalisierungskriti-schen Skeptizismus gegenüber der politischen Gestaltbarkeit globaler Marktdynamik Ansatz-punkte für neue Governance-Muster in der Weltwirtschaft entgegenhält. Unter dem Stich-wort Weltwirtschafts-Triangle diskutiert er verschiedene For-men von Governance. Er stellt dabei zum einen Formen von Private Governance heraus, die die Abstimmungsprozesse in den netzwerkartigen Verbin-dungen globaler Wertschöp-fungsketten betreffen. Zum an-deren verweist er auf die wach-sende Bedeutung von globalen (technischen, sozialen, ökologi-schen) Standards, die durch Abstimmungsprozesse in globa-len Politiknetzwerken zustande kommen. Der Beitrag leistet damit den Versuch, die fruchtlo-se Debatte um mehr Markt ver-sus mehr Staat zu überwinden, indem er auf die neuen Gover-nance-Muster der Weltwirt-schaft verweist, die in koordi-nierten Abstimmungsprozessen zwischen privaten Akteuren untereinander sowie von priva-ten und öffentlichen Akteuren gemeinsam erzeugt werden. Eine wesentlich skeptischere Einschätzung der realpolitischen Bedeutung von Global Gover-nance findet sich in dem Beitrag von Uta Ruppert, die eine B i -lanzierung aus feministischer Sicht leistet. Dabei fragt sie nach den möglichen Anschluss-stellen für die Theorie und Pra-xis globaler Frauenpolitik. Sie sieht zum einen zumindest theo-retisch die Offenheit für Fragen der Geschlechtergerechtigkeit und Frauenmenschenrechten. Zum anderen verweist sie je-Buchbesprechungen 349 doch auf die Problematik, dass feministische Politik kein Inter-esse an Stabilität und Ordnung sondern gerade im Gegenteil an einer grundlegenden Verände-rung der Prozesse und Struktu-ren der Weltpolitik hat. Die Politiktauglichkeit von Global Governance scheint aber gerade auf Politikbereiche beschränkt zu bleiben, die solche umwäl-zenden Veränderungen nicht ermöglichen. Der Ansatz könne daher als Handlungsrahmen nicht einhalten, was er als Ana-lyserahmen verspreche, weshalb Global Governance aus femini-stischer Sicht eine zunehmend ambivalente Herausforderung darstelle. Geht es im nächsten Teil des Buches um die Themen Ent-wicklung und Frieden, so ist wohl kein anderer Kontinent als Afrika besser geeignet, den Prüfstein für eine Bilanz ab-zugeben. Der Beitrag von Peter Meyns leistet das erfreulicher-weise, indem er die Rekonstruk-tion afrikanischer Sichtweisen thematisiert, anstatt sich auf die Kritik zentraler weltpolitischer Akteure wie Weltbank und IWF zu versteifen. Dabei geht es vor allem um die Vorgeschichte und den gegenwärtigen Stellenwert der NEPAD-Init iat ive (New Partnership for African Deve-lopment). Zum besseren Ver-ständnis nimmt Meyns eine Dif-ferenzierung in zwei politische Strömungen vor: dem Panafri-kanismus, den er als kulturelle und politische Bewegung von unten bezeichnet, sowie der eher staatsorientierten Bewegung zur Erzielung einer Pan-Afrikanischen Einheit. Dieses politische Spannungsfeld, in dem sich sowohl die auf Gadda-fis Initiative zurückgehende Neugründung einer Afrikani-schen Union (AU) bewegt als auch die schon erwähnte N E -PAD-Initiative, wird durch die-sen Beitrag als wichtiger Aus-gangspunkt für die zukünftige Positionierung des afrikanischen Kontinents in der Weltgesell-schaft sichtbar. Volker Matthies schafft mit seinem Beitrag zur Friedensfor-schung eine interessante Ergän-zung zu dem Beitrag von Lothar Brock. Er stellt heraus, dass die Aufmerksamkeit für die soge-nannten neuen Kriege die Sicht auf die Tatsache verstellt, dass in vielen Regionen der Welt dauerhafter Friede herrscht. Dieses Phänomen solle zum Anlass genommen werden, stär-ker nach den Bedingungen für Frieden zu suchen, anstatt sich auf die Erklärung von kriegeri-schen Auseinandersetzungen zu beschränken. Er unterscheidet dabei zwischen der prä-konfliktiven Prävention, die an eine theoretisch anspruchsvolle Friedensforschung anknüpfen könnte, und der in der Praxis so häufig überwiegenden post-konfliktiven Friedenskonsolidie-rung. Indem er Bezüge zu der Global Governance-Diskussion herstellt, schlägt er den Bogen zum zweiten Teil des Buches. 350 Buchbesprechungen Noch pointierter geschieht dies im Beitrag von Herbert Wulf, der die Frage nach den Möglichkeiten demokratischer Kontrolle der Streitkräfte bei militärischen Einsätzen im Rahmen der Vereinten Nationen stellt. Ausgangspunkt der Über-legungen ist dabei, dass die de-mokratische Kontrolle von Streitkräften bisher fast aus-schließlich national organisiert ist und damit eine systematische Überforderung erleidet, wenn es um multinationale Einsätze geht. Wul f verweist darauf, dass seit Ende der 1980er Jahre so-wohl eine zahlenmäßige Aus-weitung von UN-Friedens-missionen als auch eine Neube-stimmung ihres Aufgabenspek-trums zu beobachten ist. Der durch Internationalisierung und Privatisierung militärischer Funktionen gekennzeichnete Wandel des Verhältnisses von Militär und Nationalstaat bleibe in der bisherigen Theorie und Praxis von Global Governance aber weitgehend unbeachtet. Stellvertretend für den letz-ten Teil des Buches soll der Beitrag von Paul Streeten ge-nannt werden, der u. a. als einer der geistigen Väter des Human Development Index des U N D P die entwicklungspolitischen Dis-kussionen der vergangenen Jahrzehnte mit geprägt hat. Sei-ne kritische Analyse der Bedeu-tung von negativen und positi-ven Menschenrechten im Ent-wicklungsprozess führt zu der sicherlich umstrittenen Ein-schätzung, dass der Weg zur Befriedigung von Grundbedürf-nissen in vielen Fällen gerade nicht über die Durchsetzung von entsprechenden positiven Rech-ten (auf Arbeit, auf Gesundheit etc.) zu erreichen ist. Der Abso-lutheitsanspruch dieser Rechte verdeckt eher, dass es sich um konfligierende Ansprüche an knappe Ressourcen handelt, die selbst im Kontext reicher Volks-wirtschaften immer nur be-stimmten Gruppen auf Kosten von anderen Gruppen gewährt werden können. Insgesamt berühren die Be i -träge ein weites Spektrum an Themen und kommen zu einer relativ ausgewogenen Bilanzie-rung, die weder unangemessen optimistisch noch hoffnungslos fatalistisch ausfällt. Das Buch als Gesamtwerk lässt jedoch das Defizit erkennen, dass auch mehr als ein Jahrzehnt nach dem von Ulrich Menzel verkündeten Scheitern der großen (Ent-wicklungs-) Theorie eine theo-retisch anspruchsvolle integrie-rende Sichtweise fehlt. Die Konzeptualisierungsversuche in der Global Governance-For-schung verdeutlichen dieses Fehlen eher noch, als dass sie die Leerstelle besetzen. Hier wäre es interessant gewesen zu prüfen, inwiefern weltgesell-schaftliche Theorieentwürfe eine überzeugende Alternative bereitstellen können. Zwar taucht der Begriff der Weltge-sellschaft im Titel auf, er wird aber in keinem Beitrag ernsthaft Buchbesprechungen 351 aufgegriffen. Systemtheoreti-sche Weltgesellschaftsanalysen, neo-institutionalistische World Polity-Forschungen oder die an der Analyse der kapitalistischen Weltordnung interessierten Weltsystemtheorie wären Kan-didaten, die auf jeweils spezifi-sche Weise eine radikale M a -kro-Perspektive einnehmen. In der vorliegenden Festschrift spiegelt der Begriff der Weltge-sellschaft eher die normative Vorstellung von Einer Welt wieder, die zur Begründung der Notwendigkeit von Weltpolitik herangezogen wird. Versteht man Weltgesellschaft jedoch als Ausgangs- und Bezugspunkt von Makrotheorie, können welt-weite Interdependenzen und extreme Asymmetrien im Welt-maßstab möglicherweise ange-messener analysiert werden. Anita Engels Marc Szydlik (Hrsg.): Genera-tion und Ungleichheit. Wies-baden: VS Verlag für Sozial-wissenschaften 2004, 276 S. Obgleich es eine Vielzahl an Forschungsbeiträgen zur sozia-len Ungleichheit in Deutschland gibt, und ebenfalls schon ver-sucht wurde, den Generationen-begriff in die soziologische Terminologie einzuführen, stellt der sich mit diesen Themenkrei-sen befassende Sammelband ein Novum dar. Der Band enthält eine Auswahl der Beiträge zur Erfurter Frühjahrstagung 2003 der Sektion „Soziale Ungleich-heit und Sozialstrukturanalyse" der D G S . Die gemeinsamen Bestrebungen der vertretenen Autoren richten sich auf den Versuch, den Generationenbe-griff für die sozialstrukturelle Betrachtung sozialer Differen-zen fruchtbar zu machen. Dem liegt die Idee zugrunde, mit dem Generationenbegriff die sozialen Ungleichheiten fortschreibende und sogar vergrößernde Fakto-ren erfassen zu können. Es geht also darum, dynamische Ent-wicklungsbedingungen sozialer Ungleichheiten in den Blick zu bekommen. Szydlik gliedert seinen Band in drei Hauptabschnitte, deren erster sich der theoretischen Fundierung der Problematik annimmt. Die Abschnitte zwei und drei versammeln jeweils Einzeluntersuchungen unter den Titeln „generationale Ungleich-heit in Kindheit und Jugend" bzw. „unter Erwachsenen". In einer kurzen Einleitung umreißt Szydlik die Schwierigkeiten, den umgangssprachlich recht geläu-figen Generationenbegriff sozio-logisch gehaltvoll zu formulie-ren und faßt sowohl die theore-tischen Überlegungen wie auch den Kern der Einzeluntersu-chungen zusammen. Das ist der Heranführung an die vorgestell-te Problematik und dem Über-blick über die versammelten Beiträge durchaus dienlich. Dennoch wäre - bei aller V i e l -schichtigkeit - eine deutlichere 

Thomas Fues/Jochen Hippler (Hrsg.): Globale Politik. Entwicklung und Frieden in der Weltgesellschaft. Festschrift für Franz Nuscheier, Bonn:: Dietz Verlag 2003, 400 S.

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Thomas Fues/Jochen Hippler (Hrsg.): Globale Politik. Entwicklung und Frieden in der Weltgesellschaft. Festschrift für Franz Nuscheier, Bonn:: Dietz Verlag 2003, 400 S.

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