Dynamic modelling of incidents for the protection of helium cryostats against excessive pressure

Abstract

Heliumkryostate sind meist vakuumisolierte Druckbehälter, die in den Anwendungsbereich der Druckgeräterichtline (European Pressure Equipment Directive 2014/68/EU, PED) fallen. Heliumkryostate werden bei Temperaturen von typischerweise T < 10K betrieben und sind oft mit technischen Anwendungen der Supraleitung verbunden. Dazu gehören zum Beispiel supraleitende Magnetsysteme für die Magnetresonanztomographie (MRT), die Kernspinresonanzspektroskopie (NMR), die Teilchenphysik und Kernfusion, supraleitende hochfrequente Kavitäten, Squids und Quantencomputer. Die Technologie für den Niedertemperaturbetrieb in Form von Helium-Kälteanlagen, Verflüssigern und Transfersystemen ist ebenfalls enthalten. Nach der PED müssen Druckgeräte vor Überdruck geschützt werden. Bei Heliumkryostaten bestehen mehrere Risiken für einen Druckanstieg, wobei der Verlust des Isolationsvakuums (engl.: Loss of insulating vacuum, LIV) oft die maximal zu erwartende Störung (engl.: Maximum credible incident, MCI) darstellt. In diesem Fall wird hauptsächlich die latente und sensible Wärme des desublimierenden Luftstroms auf das Heliumsystem übertragen. Zusätzliche Wärmelasten können durch die in supraleitenden Komponenten gespeicherte Energie entstehen. Bei steigender Temperatur werden Supraleiter resistiv und die gespeicherte Energie wird als Wärme dissipiert. Etablierte Standards für den Schutz von kryogenen Lagerbehältern gegen Überdruck decken die Bedingungen in Heliumkryostaten nicht vollständig ab, da die aktiven internen Komponenten das Risikopotenzial maßgeblich beeinflussen. Aufgrund der niedrigen Betriebstemperatur sind die Wärmeströme im Fall von Störungen groß und die geringe Verdampfungsenthalpie des flüssigen Heliums verursacht große Druckanstiegsgeschwindigkeiten in der Größenordnung von (bar s−1). Die Absicherung von Heliumkryostaten gegen unzulässigen Überdruck erfordert daher ein detailliertes Verständnis der Prozessdynamik. Ein Dimensionierungsverfahren für Druckentlastungseinrichtungen (engl.: Pressure relief device PRD) unter solchen Bedingungen existiert jedoch noch nicht. Bisher basiert die Dimensionierung von PRDs oft auf einigen wenigen konstanten Wärmestromwerten, was zu potenziell überdimensionierten PRDs führt. Bei Druckentlastungsventilen (engl.: Pressure relief valves PRV) kann die Überdimensionierung zu instabilem Betrieb mit reduzierter Abblasekapazität, unzulässigem Überdruck und Beschädigung des PRV führen. Das LIV-Szenario als typisches MCI wird in dieser Arbeit mit Schwerpunkt auf dem Wärmeübertragungsmechanismus untersucht. Verschiedene Modelle für die Dimensionierung von PRDs werden verglichen und ihre Anwendbarkeit für Heliumkryostate bewertet. Als Weiterentwicklung eines bestehenden dynamischen Grundmodells wird der Wärmeübergang vom Vakuumraum zum Heliumsystem durch eine transiente Wärmeübergangsgleichung modelliert. Die resultierenden eindimensionalen Differentialgleichungssysteme berücksichtigen die konvektive Wärmeübertragung sowohl von der Luft als auch auf das Helium, die Wärmeleitung in der kryogenen Behälterwand und einen Wärmewiderstand durch thermische Isolierung. Das transiente Wärmeübergangsmodell und das Dimensionierungsverfahren werden durch Experimente im kryogenen Sicherheitsprüfstand PICARD am Institut für Technische Physik des KIT validiert. Vor den Experimenten wurde die Anlage modifiziert und das Messsystem erweitert. In der experimentellen Studie werden Parameter wie der Belüftungsdurchmesser, der Füllstand des flüssigen Heliums, der Einstelldruck des PRV und die Art des PRV variiert. Zusätzlich wird der Einfluss von Superisolation (engl.: Multi-Layer-Insulation MLI), auf die Wärmeübertragung untersucht. Neben Experimenten und Modellierung leistete diese Arbeit wesentliche Beiträge zur Entwicklung der neuen Europäischen Norm EN 17527 “Heliumkryostate – Schutz vor unzulässigem Überdruck”, die in Kürze von CEN/TC 268/WG6 veröffentlicht wird

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