39 research outputs found
Das Corona-Kreditprogramm der EU: eine neue Dimension europäischer Integration
Das Programm der EU zur Aufnahme von Krediten über rund 800 Mrd. € am Kapitalmarkt, das im abgelaufenen Jahr 2021 in Kraft trat, wird in Deutschland von manchen immer noch als eine Art finanzieller Sündenfall diskutiert, als Verletzung eines ehernen Gesetzes, mit dem vor über 20 Jahren die Gemeinschaftswährung Euro eingeführt wurde: keine "Eurobonds", also keine von der EU selbst emittierten Schulden, für die die Mitgliedstaaten quasi gesamtschuldnerisch haften. Nun gibt es also tatsächlich eigene "Euro-Bonds", Staatsanleihen, deren Emittent die Europäische Kommission ist und für deren Rückzahlung sie mit dem EU-Haushalt haftet, und damit indirekt alle Mitgliedstaaten gemäß ihrer Wirtschaftskraft, an der gemessen sie zum EU-Haushalt beitragen. Dieses Programm ist ein kaum zu unterschätzender integrationspolitischer Fortschritt für die EU. Gerade deshalb wird seine Umsetzung aber noch auf mannigfaltige Schwierigkeiten stoßen. Denn den Grundwiderspruch der EU - ein Zusammenschluss souveräner Staaten zu sein, die wesentliche Teile ihrer Souveränität vergemeinschaftet, also supranationalisiert haben, um so mehr aber auf ihre verbliebene Souveränität pochen - hat auch dieser neue Integrationsschritt nicht überwunden
Chinas Weg zur weltwirtschaftlichen Ordnungsmacht
Chinas Wirtschaft steckt zwar in einer ernsten Kreditkrise mit deutlicher Wachstumsschwäche, und seine Währung ist unter Abwertungsdruck geraten. Die Aufnahme des Renminbi in den Korb der IWF-Sonderziehungsrechte wie auch das kontinentübergreifende Projekt einer "Neuen Seidenstraße" und die zu seiner Finanzierung aufgebauten, chinesisch geführten internationalen Finanzinstitutionen zeigen aber, dass China dem Ziel nahe ist, eine führende Ordnungsmacht der Weltwirtschaft zu werden
Die Integration des Atlantischen Wirtschaftsraums
'Den jährlichen EU-US-Gipfeltreffen haftet häufig lustlose Bemühtheit an. Kann die 'Transatlantic Economic Integration and Growth Initiative' des Gipfels vom Juni 2005 den transatlantischen Beziehungen wieder Dynamik verleihen? Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass von dieser Initiative keine Überwindung der großen administrativen und innenpolitischen Widerstände gegen eine vertiefte transatlantische Integration zu erwarten ist. Letztlich müssen sich EU und USA bei der künftigen Gestaltung ihrer Wirtschaftsbeziehungen zwischen zwei Wegen entscheiden: Entweder, sie setzen die bisherige halbherzige Integrationsdiplomatie fort. Sie wird jedoch Tendenzen zu rivalisierendem Regionalismus, wirtschaftspolitischer Lastenabschiebung in Krisen, wachsendem Protektionismus und letztlich ein Auseinanderbrechen des Atlantischen Wirtschaftsraumes in einer zunehmend multipolaren Weltwirtschaft nicht verhindern können. Oder sie erkennen, dass beide Seiten sich strategische Wirtschaftskonflikte angesichts der veränderten globalen wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse nicht mehr leisten können, und entschließen sich zu einem ehrgeizigeren integrationspolitischen Ziel, etwa einem umfassenden Abkommen über einen integrierten Atlantischen Wirtschaftsraum (Atlantic Economic Area - AEA) mit einer starken strategischen Komponente. Obwohl die Bedingungen dafür derzeit so günstig wie lange nicht sind, bedarf es für ein so weitreichendes Integrationskonzept besonderer politischer Anstrengungen auf hoher Regierungsebene.' (Autorenreferat)'The North Atlantic economic region still encompasses the two strongest economic poles by far in an increasingly multipolar world economy. While the U.S. and EU markets are deeply interlinked, institutional integration among both actors, however, remains sketchy at best. Recently, talk about deeper institutional integration has resurfaced. Should the U.S. and the EU pursue this course in their so far lackluster bilateral dialogue? They may have to out of necessity. Close transatlantic economic relations cannot be taken for granted without effort. On the contrary, the costs of not integrating are rapidly growing: rival regionalism, economic burden shifting, rising protectionism and economic nationalism can put a severe strain on transatlantic economic relations, weakening both sides in the face of rising global competition. Therefore, a comprehensive agreement to create an integrated Atlantic Economic Area (AEA) that goes beyond the current bilateral dialogue and that includes conflict-prone sensitive and strategic sectors and issues should be given serious consideration. An economically resurgent Europe on the one hand, the ongoing shift in the global economic balance of power away from its traditional Atlantic predominance on the other hand might provide a window of opportunity in the next few years to pursue such a more ambitious approach to Atlantic integration: While less prone to charges of transatlantic ganging-up against emerging market countries than five or ten years ago, an AEA agreement might give a welcome competitive boost to American and European economies in an ever more challenging global economic environment, provided it does not foster new protectionist tendencies.' (author's abstract)
Der geborgte Aufschwung: die wirtschaftspolitische Bilanz der Regierung Bush 2001-2004
'Die Regierung Bush hält sich zugute, seit ihrem Amtsantritt Anfang 2001 eine schwierige wirtschaftliche Lage durch aktive Wirtschaftspolitik erfolgreich überwunden zu haben. Deutliche Steuersenkungen und die Inkaufnahme eines massiven Defizits des Bundeshaushalts - bei stark steigenden Verteidigungsausgaben - wurden vom Federal Reserve Board mit einer expansiven Geld- und Zinspolitik unterstützt. Dank dem Zusammenwirken dieser Maßnahmen kehrte die amerikanische Wirtschaft bereits Ende 2001 aus der Rezession zu positiven Wachstumsraten zurück. Die binnenwirtschaftlichen Risiken und außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte, die mit dieser 'Kanonen und Butter'-Politik verbunden sind, lassen jedoch nicht nur die Tragbarkeit des gegenwärtigen Aufschwungs in den USA als zweifelhaft erscheinen. Sie werfen auch die Frage auf, wer die Lasten trägt, die mit dem unvermeidlichen Ausgleich dieser Ungleichgewichte einhergehen: der Unternehmenssektor, die Verbraucher in den USA oder andere Staaten, deren Wirtschaft mittelbar oder unmittelbar mit der stärksten Volkswirtschaft der Erde verknüpft ist. Vor zwanzig Jahren reagierte Europa auf die 'Reagan-Revolution' erfolgreich mit der großen Deregulierungs- und Liberalisierungsoffensive des Programms 'Europa 1992' zur Schaffung des Binnenmarktes. Zugleich wurde der Abbau des damaligen Haushalts- und Leistungsbilanzdefizits der USA zum Gegenstand einer Lastenteilungsvereinbarung im Rahmen der G-7 in den Plaza- und Louvre-Abkommen von 1985 bzw. 1987. Heute ist eine ähnliche Vereinbarung, an der zudem China mitwirken müsste, sehr unwahrscheinlich. Umso mehr muss Deutschland sich darauf einstellen, dass die nächste US-Regierung versuchen wird, die wirtschaftlichen Lasten ihrer Politik möglichst weitgehend nach außen abzuwälzen.' (Autorenreferat
Präsident Bidens "New Deal"
Nachdem der amerikanische Präsident Joe Biden, von seinem Vorgänger Trump im Wahlkampf stets als "sleepy Joe" verunglimpft, am 20. Januar 2021 sein Amt angetreten hatte, entfachte er noch in seinen ersten 100 Tagen ein Feuerwerk an wohlvorbereiteten Initiativen, um die wirtschaftliche und soziale Krise, in die die USA durch die Corona-Pandemie geraten waren, aber auch den schon seit langem schwelenden und sich verschärfenden Verfall der Infrastruktur im Verkehrs- und Energiesektor sowie im Bildungswesen durch billionenschwere Ausgabenprogramme zu überwinden. Gestützt auf die ungebrochene beinahe unbegrenzte Verschuldungsfähigkeit der USA kündigte er Ausgabenprogramme für die kommenden Jahre in Höhe von insgesamt fast 6 Billionen Dollar an. Es bleibt ungewiss, ob Biden sein nicht zuletzt mit seiner binnenwirtschaftlichen Reformagenda verfolgtes geopolitisches Ziel, das aufstrebende China in die Schranken zu weisen und die weltwirtschaftliche Führungsposition der USA zu festigen, erreichen kann
Fiatgeld und Corona-Krise
Die Corona-Krise hat zu einer beispiellosen, sonst nur aus Kriegszeiten bekannten Zunahme der weltweiten Verschuldung von Staaten und Unternehmen geführt. Die großen Industriestaaten nehmen immer neue Billionenbeträge an Schulden auf, um ihre Wirtschaft zu stützen. Und ihre Zentralbanken fluten seit Beginn der Coronakrise die Wirtschaft mit Billionen neuen Geldes, indem sie immer größere Teile der neu emittierten Schulden aufkaufen. Alle bisherigen Warnmarken für Schuldenquote, Haushaltsdefizite und Geldmengenexpansion haben ihre Gültigkeit verloren. Viele fragen angesichts dieser riesigen Summen daher besorgt und verständnislos "können wir uns das leisten?" Auch unter Wirtschaftswissenschaftlern wiederum besteht erstaunliche Unsicherheit darüber, wie diese Entwicklung zu beurteilen sei, stehen sich mahnende und abwiegelnde Stimmen gegenüber. Daher lohnt es sich, zu untersuchen, was die Billionen neuer Staatsverschuldung und Zentralbankgeldschöpfung über die Natur dessen, was wir heute unter "Geld" verstehen, verraten und was über unser Wirtschaftssystem
TTIP - die strategische Agenda
Bei TTIP geht es nicht allein um den Abbau von Zöllen, um Produkt- und Umweltstandards, um Marktzugang und Investorenschutz. Angetrieben werden die Verhandlun- gen durch grundlegende geopolitisch-strategische Ziele. Vorgeblich steht nichts weniger als die Zukunft des politischen "Westens" auf dem Spiel, ist die Errichtung einer "wirtschaftlichen NATO" das Ziel. Doch mit diesen höchsten Zielen verbinden die Verhandlungspartner sehr konträre Erwartungen: Für die USA geht es um die Wiederherstellung ihrer durch die Krise geschwächten Führung in der Weltwirtschaft; für die EU um die Einbindung der USA in ein festes wirtschaftspolitisches Regelwerk, damit um die anerkannte gleichrangige Teilhabe an eben dieser Führung. Beides erscheint kaum vereinbar, der Ausgang der TTIP-Verhandlungen daher denkbar ungewiss.Bei TTIP geht es nicht allein um den Abbau von Zöllen, um Produkt- und Umweltstandards, um Marktzugang und Investorenschutz. Angetrieben werden die Verhandlungen durch grundlegende geopolitisch-strategische Ziele. Vorgeblich steht nichts weniger als die Zukunft des politischen "Westens" auf dem Spiel, ist die Errichtung einer "wirtschaftlichen NATO" das Ziel. Doch mit diesen höchsten Zielen verbinden die Verhandlungspartner sehr konträre Erwartungen: Für die USA geht es um die Wiederherstellung ihrer durch die Krise geschwächten Führung in der Weltwirtschaft; für die EU um die Einbindung der USA in ein festes wirtschaftspolitisches Regelwerk, damit um die anerkannte gleichrangige Teilhabe an eben dieser Führung. Beides erscheint kaum vereinbar, der Ausgang der TTIP-Verhandlungen daher denkbar ungewiss
Der Wirtschaftskrieg gegen Russland und seine Folgen für die Weltwirtschaft
Auf den Angriff russischer Streitkräfte gegen die Ukraine haben die NATO- und EU-Staaten - neben der aktiven Unterstützung der ukrainischen Armee durch die Lieferung von Waffen und Munition - mit einem beispiellosen Bündel an Wirtschafts- und Finanzsanktionen gegen Russland reagiert. Es ist das erste Mal, dass Sanktionen in diesem Umfang gegen ein Land eingesetzt werden, mit dem die sanktionierenden Mächte sich nicht im Krieg befinden. Und das verweist bereits darauf, worum es hier geht: Die Sanktionen gegen Russland zielen darauf die Wirtschaft des Landes insgesamt nachhaltig zu zerstören, ihren völligen Zusammenbruch herbeizuführen, so wie es sonst nur ein massiver Kriegseinsatz vermag und Russland so die ökonomische Basis für seine Kriegführung in der Ukraine, aber auch darüber hinaus für seine gesamten, gegen die Interessen des Westens gerichteten internationalen Aktivitäten zu nehmen
Geld oder Leben? Endspiel um Griechenland - und um die Zukunft der Europäischen Währungsunion
Der Text skizziert die Entwicklung der Griechenland-Krise von der Wahl der linkssozialistischen Syriza-Partei bis zu den Beschlüssen des Eurozonen-Gipfel vom 12. Juli 2015. Die Verhandlungen, die Auflagen der Troika-Institutionen, die Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Eurozone, die wechselseitigen Bezichtigungen der Inkompetenz wie der in böser Absicht angestrebten Unterwerfung und Demütigung eines souveränen Landes. Die Grexit-Drohungen. die das Überleben der Nation als souveräner Einheit gefährden
Der Ölpreisverfall seit 2014: Zur Politischen Ökonomie der Weltölwirtschaft
Zur Politischen Ökonomie der Weltölwirtschaft Der starke Rückgang des Ölpreises seit 2014 ist keine Folge der aktuellen Krise der Industriestaaten, sondern steht für langfristige strukturelle Veränderungen bei Angebot und Nachfrage: Neue Angebotsquellen wie Fracking, Verfall der Marktmacht der OPEC, sowie einschneidende Veränderungen der Nachfrage, nicht zuletzt durch die Klimapolitik. Es kommt zu einem Paradigmenwechsel weg von Peak-Oil-Knappheits-Szenarien hin zur CO2-Vermeidung