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Was bleibt? Grenzen und Möglichkeiten eines queerfeministischen Archivs im Internet
"Tagtäglich erscheinen neue Blogposts, Tweets, Bilder und Videos, die gesellschaftliche Themen aufgreifen und diese (queer-)feministisch diskutieren und dabei auch inner(queer-)feministische Verhandlungen auslösen. Die so entstehenden Wissensproduktionen machen dabei den lebhaften Diskussionsprozess innerhalb der (queer-)feministischen Szene sichtbar und sind auch aus dieser nicht mehr wegzudenken. Derzeit werden diese Wissensproduktionen jedoch nicht gespeichert und es besteht die Gefahr, dass die Inhalte dem Vergessen anheimfallen. Aus dieser Überlegung heraus stellen die Autor_innen sich daher die Frage nach einem (queer-)feministischen Metaarchiv, das diese digitalen Inhalte speichert und für interessierte Personen zugänglich macht. Wie ein solches Metaarchiv aussehen könnte und was dabei zu beachten ist, wird in dem Artikel in semi-utopischer Form entworfen." (Autorenreferat)"Every day new blog posts, tweets, images, and videos appear, which take on social issues, discuss them from a (queer-)feminist viewpoint and initiate debates within (queer-)feminism. The resulting digital knowledge makes the lively discussions within the (queer-)feminist scene visible and cannot be separated from that scene anymore. However, most (queer-)feminist digital content is currently not recorded for posterity and thus at risk of disappearance and oblivion. Therefore the question of a (queer-)feminist meta-archive is posed by the authors, more precisely an archive which records digital content and makes it accessible to persons interested. This article presents a semi-utopian concept of how to organize and establish a meta-archive that could serve varying needs." (author's abstract
Die europäischen Wanderhandelssysteme
Das Thema dieser Diplomarbeit ist eine relativ unbekannte Organisationsform der temporären Arbeitsmigration, die in ganz Europa zu finden ist: das Wanderhandelssystem. Wanderhandelssysteme bestanden aus einer oder mehreren ländlichen Gemeinden oder ganzen Regionen, in denen entweder die meisten Männer oder die meisten Menschen ihren Lebensunterhalt durch das Verkaufen von Waren auf dem Hausierweg in anderen ländlichen Gemeinden oder in Städten verdienten. Dadurch verbrachten die WanderhändlerInnen Zeitspannen von mehreren Monaten bis zu mehreren Jahren in anderen Gebieten, kehrten aber regelmäßig in ihre Heimatgemeinden zurück. Erstaunlich an den Wanderhandelssystemen ist, dass zwischen ihnen viele Gemeinsamkeiten bestehen, auch wenn sie räumlich und zeitlich getrennt sind. Zu diesen Gemeinsamkeiten gehören besonders die Gründung von Handelsgesellschaften, die Organisation der Arbeitsabläufe und eine Reihe von kulturellen Aspekten, durch die sie sich merkbar von den anderen ländlichen Gemeinden unterschieden.
Die Funktion des allgemeinen Wanderhandels im neuzeitlichen Europa bestand darin, als Bindeglied zwischen wachsender Produktion und wachsendem Bedarf sowohl auf dem Land als auch in der Stadt zu wirken. Da aber für lange Zeit die Herstellung dezentral und der Bedarf extrem dezentral lagen, ist der Wanderhandel die einzige Möglichkeit, die dezentral hergestellten Waren an die dezentral wohnenden KundInnen zu bringen. Damit basierte die vorindustrielle Gesellschaft Europas viel weniger auf Selbstversorgung als angenommen. Die lange Lebensspanne von Wanderhandelssystemen und der relative oder tatsächliche Wohlstand, der in den Wanderhandelssystemen erwirtschaftet wurde, sprechen für diese Organisationsform als erfolgreichste Variante des Wanderhandels.
Diese Diplomarbeit betrachtet die Wanderhandelssysteme aus einer paneuropäischen Perspektive, lenkt Aufmerksamkeit auf vernachlässigte Forschungsgebiete und formuliert eine möglichst umfassende Vorlage für die Neu- und Wiedererforschung einzelner Wanderhandelsgemeinden und -regionen.
Die Diplomarbeit besteht aus sieben Teilen:
In der Einleitung finden sich Definitionen und Kategorisierungen sowie ein Kapitel zur verwendeten Literatur.
Der zweite Abschnitt bietet eine Beschreibung der Faktoren, die zur Entstehung der Wanderhandelssysteme beitrugen, angefangen mit der Einbettung der Wanderhandelssysteme in den Kontext der “Industrious Revolution”. Danach folgt eine Diskussion der Effekte der strukturellen Faktoren (landwirtschaftliche Verhältnisse, Bevölkerungswachstum, Mangel an Grundbesitz) und der protoindustriellen Produktion auf die Entstehung von Wanderhandelssystemen. Eine der zentralen Thesen dieser Arbeit ist, dass letztendlich die Verbreitung von Informationen über Preise und Handel durch Kaufleute, andere Wanderhändler und Arbeitsmigranten zu der Entscheidung führte, Wanderhandel zu betreiben.
Der dritte Abschnitt besteht aus Beispielen für die Entstehung und Entwicklung von Wanderhandelssystemen vom späten 15. bis ins 19. Jahrhundert.
Im vierten Abschnitt werden die Rahmenbedingungen der Wanderhandelssysteme analysiert: die Gründung von Handelsgesellschaften, das Warensortiment, die Einkaufsquellen und die gesetzlichen Bestimmungen, denen die WanderhändlerInnen unterlagen.
Der fĂĽnfte Abschnitt beschreibt die Organisation des Wanderhandels: Aufbruchszeit, Dauer der Abwesenheit, Auswahl und Aufteilung der Zielgebiete, Anreise und Transport, Aufenthaltsorte und Warenlager, Kundschaft, Verkauf, Preisgestaltung und Kreditvergabe.
Danach folgt ein Exkurs zu den Rollen der Frauen in den Wanderhandelssystemen als Wanderhändlerinnen und als Zurückbleibende, die für den Haushalt und die Landwirtschaft verantwortlich waren.
Der sechste Abschnitt untersucht die Kultur der Wanderhandelssysteme, angefangen bei der Ausbildung, dem Heiratsverhalten und der demografischer Entwicklung sowie dem Wanderhandel im Alter. Danach werden die Auswirkungen des Wanderhandels und der Abwesenheit der WanderhändlerInnen auf die Heimatgemeinden, Familien, Beziehungen und Gesundheit der WanderhändlerInnen sowie die Auswirkungen der aus den Absatzgebieten mitgebrachten Waren und Ideen diskutiert. Die materielle Kultur und der Lebensstil der Wanderhandelssysteme – Häuser, Kleidung, Sprache, Freizeitverhalten und Religion – wurden untersucht und große Ähnlichkeiten zwischen verschiedenen Wanderhandelssystemen festgestellt.
Die jeweilige Konfession eines Wanderhandelssystems – ob katholisch oder protestantisch – hatte keine Auswirkungen auf die Organisation des Handels und auf die Arbeitsabläufe. Die jüdischen Wanderhandelsgemeinden unterlagen jedoch gesetzlichen Einschränkungen und religiösen Vorschriften, die sich auch auf den Wanderhandel auswirkten. Obwohl Ähnlichkeiten zwischen jüdischen und christlichen Wanderhandelsgemeinden festgestellt werden konnten, gibt es nicht genug Untersuchungen zu jüdischen Wanderhandelsgemeinden, um sie genauer zu beschreiben, ein Exkurs darüber beinhaltet die gesammelten Hinweise.
Der siebte und letzte Abschnitt behandelt die Abnahme und das Verschwinden der Wanderhandelssysteme aufgrund mehrerer Faktoren: Kriege und daraus resultierende Herrschaftswechsel, die Änderungen in der Gesetzgebung verursachten, die WanderhändlerInnen benachteiligten; permanente Abwanderung und die beginnende Industrialisierung. Manche Wanderhandelssysteme existierten allerdings bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, indem sie ihr Warensortiment und ihre Verkaufsmethoden anpassten.
Der Anhang enthält unter anderem eine Liste der am Häufigsten vorkommenden Wanderhandelssysteme sowie relevanten Landkarten.The subject of this Master’s thesis is a relatively unknown pan-European organisational form of temporary labour migration: the peddling systems. They consisted of one or more rural communities or whole regions, in which either most men or most people earned their livelihood by selling goods door-to-door in other rural regions or in cities. This resulted in their absence from their home communities from between a few months up to a few years, with regular stays or visits in the home communities in between. What is striking about these peddling systems is that they share many similarities across Europe and across time, especially in their formation of trading companies, the organisation of the trade as well as in a lot of cultural aspects, while being notably different from farming communities.
Peddling in early modern Europe functioned as a link between the growing proto-industrial production and the growing consumption. Because production was decentralised and consumption was extremely decentralised, peddling – visiting houses one by one – was the only possibility to bring goods from their place of production to the rural consumer. Thus, the European pre-industrial society was a lot less self-sufficient than previously assumed. The long lifespan of peddling systems and the relative or real wealth that was earned mark the peddling systems as the most successful version of the peddling trade.
This thesis takes a look at peddling systems from a European perspective, since most studies on peddling are focused on one community, one region or one country, brings attention to unexplored areas of scientific research, and provides a comprehensive guideline for future (re)examinations of peddling communities and regions.
The thesis consists of seven parts:
The introduction includes definitions and categorisations as well as a chapter on literature used in this paper.
The second part offers a description of the factors contributing to the formation of the peddling systems, starting with putting them in the context of the Industrious Revolution, followed by a discussion of structural factors (agriculture, population growth, property size) and the effect of proto-industrial production on peddling systems’ formation. One of the main theses of this paper is that ultimately the spread of information on prices and trade by merchants, other peddlers and work migrants gave people the idea to take up peddling.
The third part consists of examples for the formation and development of peddling systems from the late 15th to the 19th century.
In the fourth part, the foundations of the peddling systems are analyzed: the formation of trading companies, peddled goods, purchasing sources and the legal framework, which the peddlers had to navigate.
The fifth part covers the organisation of the peddling trade: time of departure, time of absence, choice and sharing of the districts in which the goods were sold, journey and transport, lodging and storage, customers, sales, prices and credit.
This is followed by a chapter on women as peddlers and as the caretakers of the household and the farm.
The sixth part examines the culture of the peddling systems, starting with education and training, marriage patterns and demographic development as well as peddling and old age. After that, the effects of peddling and the absence of the peddlers on the home communities, families, relationships and health of the peddlers are discussed, followed by a look at the effects of the goods and ideas the peddlers brought back from their trading trips. The material culture and lifestyle of the peddling systems – houses, clothing, language, leisure and religion – are explored: here the similarities between systems are very noticeable.
While Catholicism and Protestantism did not have an impact on trade organisation and activity, the Jewish peddling communities had their own legal and religious circumstances. Although similarities between Jewish and Christian peddling communities have been noted, there is not enough research on Jewish peddling communities to describe them in depth, but this chapter contains what information has been found.
Finally the seventh part deals with the dwindling and disappearance of the peddling systems due to a number of factors: wars and subsequent change of rulers resulting in changes to the law, often to the detriment of the peddlers, permanent emigration and industrialisation. Some peddling systems existed until after the Second World War by adapting the range of peddled goods and methods of distribution.
The appendix contains a list of the peddling systems mentioned most often as well as relevant maps