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Scheitern und Werden: Fallrekonstruktion als Untersuchungsmethode in der Biographieforschung gezeigt am Beispiel von Differenzlinien in der biographischen Bewährung
"Bei der Ausbildung eines berufsbezogenen Habitus verliert die Geschlechtszugehörigkeit als Differenzdimension, die Ungleichheitsverhältnisse fundiert, an Bedeutung. Seit der Generation der um 1960 Geborenen kann man von einer Verallgemeinerung der leistungsethischen Bewährung auch auf Frauen ausgehen und damit von einer geschlechter in differenten Norm der Bewährung im Beruf. Die lebenspraktischen Konsequenzen, die die Entfaltung eines leistungsethischen Berufshabitus für die Realisierung von Lebensentwürfen hat, sind allerdings von deutlichen Geschlechterdifferenzen markiert. Kinderlosigkeit als der biographische 'Preis' einer weiblichen Karriere ist bekannt. Es gibt jedoch eine zweite empirisch prägnante Konsequenz: das Scheitern beim Versuch hochqualifizierter Frauen, ihre ausgeprägte berufliche Motivation beim Eintritt in die Mutterschaft in ihrem Lebenskonzept zu integrieren. Der Beitrag stellt Ergebnisse aus Fallrekonstruktionen vor, die zwei Relevanzstrukturen– die berufliche und die familiale Bewährung - zum Gegenstand haben, und arbeitetdas gestiegene Scheiternsrisiko in der weiblichen Biographie heraus. Die Frage, inwiefern von einem Scheitern gesprochen werden kann, hängt mit fallspezifischen‚ biographischen Konfigurationen zusammen. Diese werden verstanden als jefür die Lebenspraxis entscheidungsrelevante Deutungsmuster und handlungsleitende Habitusformen. Über die Geschlechterdifferenz hinaus gehende Differenzlinien zeigen sich in Fallrekonstruktionen auf der Ebene von Einflüssen auf die Herausbildung des fallspezifischen krisenlösenden Habitus. So steht seine Ausformung wesentlich im Zusammenhang mit der Generationenlagerung, dem Herkunftsmilieu und der Region, also der historischen, kulturellen und sozialen Umgebung." (Autorenreferat
Die Beharrlichkeit der Deutungsmuster: Handlungsprobleme und erwerbsbezogene Deutungsmuster unter Bedingungen der Transformation in Sachsen
Der Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen Umbrüchen (Transformation der ehemaligen DDR) und den Deutungen solcher Veränderungen durch die Subjekte wird analysiert. Im Mittelpunkt stehen dabei Deutungsmuster zur Erwerbsarbeit, von denen anzunehmen ist, dass sie sich durch die Transformation von einer staatssozialistischen in eine demokratische politische Ordnung ebenfalls transformieren. Bisher angemessene Deutungen von Handlungsproblemen werden dadurch in Frage gestellt und verbürgen keine krisenlösende Antwort mehr für die Lebenspraxis. Eingegangen wird in diesem Zusammenhang auch auf die These von einer möglichen Tendenz zur Flexibilisierung von Subjektivität und Identität, die damit begründet wird, dass sich einst kollektiv verbürgte Deutungen aufgelöst haben und an ihre Stelle keine neuen getreten sind. Ausgewählte Ergebnisse eigener Interviewanalysen verweisen demgegenüber auf eine bemerkenswerte Beharrlichkeit der Deutungsmuster und Handlungsroutinen der Subjekte. Eine Auflösung konstitutiver Strukturen der Praxis ist nicht zu erkennen.This paper deals with the relation between societal transformations with special emphasis on developments in the former GDR, and how these processes are perceived by individuals involved in them. We focus on the interpretive patterns (Deutungsmuster) concerning paid work. These patterns changed as a result of the failure of state socialism and the advent of a democratic society. As a result of the perception of these transformations, it is argued that prevailing patterns of interpretation no longer provide an adequate solution for "lifepraxis" (Lebenspraxis). We discuss the thesis that, as a result of collective interpretive patterns which supposedly are eroding, subjectivity and identity have become more "flexible". Our findings are based on interviews from which we deduce that there is a remarkable persistence of interpretive patterns which have in fact become obsolete. We cannot identify any erosion of the structures of "life-praxis"