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    Kommunikation im Wandel : Auswirkungen des Mobilfunks auf die Gesellschaft

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    Die vorliegende Arbeit geht der Frage nach verĂ€nderten Kommunikationsverhalten am Beispiel der Auswirkungen der Mobilfunknutzung auf soziale Beziehungen nach und vergleicht die sozialwissenschaftlichen Erkenntnisse mit dem herkömmlichen Festnetztelefon sowie der Face-to-face GesprĂ€chssituation. Dazu wurden soziologische Texte, aktuelle Umfrageergebnisse sowie eine eigens durchgefĂŒhrte Stichprobenanalyse ausgewertet. Der Forschungsschwerpunkt behandelt daher nicht demographische Untersuchungen der Mobilfunkanwender oder Nutzungsprofile sondern konkrete Fragestellungen, ob und wie das Mobiltelefon hilft, soziale Beziehungen aufrechtzuerhalten oder zu vertiefen. Als EinfĂŒhrung wurde die Geschichte des Mobiltelefons anhand von technischen, politischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten erlĂ€utert. Dabei sticht die schnelle zeitliche Durchdringung des Mobiltelefons in weite Teile der Bevölkerung hervor (mehr als 70 Prozent in 2002). Diese Entwicklung wurde einerseits möglich durch wirtschaftspolitische Weichenstellungen zur Deregulierung und technischem Fortschritt, andererseits aber vor allem durch eine schnelle gesellschaftliche Akzeptanz. Diese breite Akzeptanz, deren Grundvoraussetzung die Adoption ist, wurde als HinfĂŒhrung zum Forschungsschwerpunkt in Kapitel 2 ausfĂŒhrlich untersucht. Neben der Diskussion des gesellschaftlichen Wandels in der modernen Gesellschaft stand vor allem das VerhĂ€ltnis von Technik und Gesellschaft sowie der Adoptionsprozess und die gesellschaftliche Annahme des Mobiltelefons im Mittelpunkt. Nach ErlĂ€uterung der relevanten soziologischen Konzepte und Definition der wichtigsten Begriffe sowie der methodischen Vorgehensweise wurde der Forschungsschwerpunkt in drei Kapitel gegliedert. - Der erste Abschnitt untersucht soziale Beziehungen und hinterfragt nach der Steigerung beziehungsweise Verringerung sowie der IntensitĂ€t der sozialen Kontakte bei Mobilfunknutzung. Letzerer Frage schließt sich eine abwĂ€gende Diskussion zwischen Erreichbarkeit und VerfĂŒgbarkeit an. - Die AusfĂŒhrungen zu steigender MobilitĂ€t in der modernen Gesellschaft sowie dem Einfluss des Mobiltelefon auf die MobilitĂ€t und FlexibilitĂ€t der Individuen folgt im zweiten Abschnitt inklusive der Fragestellung, ob das Nutzen des Mobiltelefons die Grenzen zwischen Privatheit und Beruf verschiebt. - Im dritten Abschnitt werden die Auswirkungen der Mobilfunknutzung in sozialen RĂ€umen im Sinne des Gegensatzes Privatheit und Öffentlichkeit behandelt. Dazu gehören die Unterpunkte IntimitĂ€t und Selbstinszenierung, Einflussnahme auf die Umwelt und Konflikte im öffentlichen Raum. Die Untersuchungen fĂŒhren zu folgenden Haupterkenntnissen: - Das Nutzen des Mobiltelefons erleichtert die Kontaktaufnahme und fĂŒhrt daher zu einer Zunahme medial vermittelter Sozialkontakte. Trotz Substitutionseffekten mit dem Festnetztelefon vor allem im Ortsbereich handelt es sich um ein ErgĂ€nzungsmedium, dass fĂŒr hĂ€ufigere Kommunikation sorgt, da das Telekommunikationsaufkommen (gemessen in GesprĂ€chsminuten) stark ansteigend ist. - Trotz hĂ€ufigerer Sozialkontakte ist die IntensitĂ€t der GesprĂ€che bei der Mobilfunknutzung reduziert. IntensitĂ€t ist hierbei definiert anhand von GesprĂ€chslĂ€nge, -themen, -partner und -anlass, nicht als subjektive Empfindung eines Mobiltelefonates. Diese verminderte IntensitĂ€t kann im Extremfall den Fortbestand von sozialen Beziehungen gefĂ€hrden, falls ausschließlich mit Mobiltelefonen kommuniziert wird. Im Einklang mit allgemeinen Tendenzen des sozialen Wandels erlaubt das Mobiltelefon eine schnelle Kommunikation, bei der ĂŒberwiegend knappe Inhalte ĂŒbermittelt werden. Dies wird einerseits belegt beim Vergleich der Kommunikationsminuten von Festnetz und Mobiltelefon, als auch in der Stichprobenuntersuchung durch die durchschnittliche GesprĂ€chslĂ€nge, welche ungefĂ€hr vier- bis sechsmal kĂŒrzer ausfĂ€llt. Die Wahl der GesprĂ€chsthemen scheint zu sachlicheren Themen fokussiert zu sein. - Das Mobiltelefon ist personifiziert anstelle des herkömmlichen ortsgebundenen Telefons. Der Vorteil der möglichen Erreichbarkeit wird schnell zur Verpflichtung der permanenten VerfĂŒgbarkeit. Bisher ungekannte Kontrollmöglichkeiten und Druck nach Rechtfertigung entstehen. - Der intuitiv verstandende Gewinn an MobilitĂ€t fĂŒhrt zur einer höheren FlexibilitĂ€t des Mobilfunknutzers. Aufgrund dieser findet die Loslösung der Kommunikation von lokalen Sozialkontakten statt. Damit steht das Mobiltelefon im Einklang mit dem gesellschaftlichen Wandel zur steigenden MobilitĂ€t, wie die Jahresberichte des Statistischen Bundesamtes belegen. - Die gewonnene MobilitĂ€t und FlexibilitĂ€t können durch die permanente Erreichbarkeit ein Verschieben der Grenze zwischen Beruf und Privatheit bewirken und somit teilweise diese Zunahme wieder einschrĂ€nken. Durch das Nutzen eines Mobiltelefons ist es daher nicht mehr einfach möglich, die eigenen sozialen RĂ€umen zu verlassen. - Der öffentliche Gebrauch eines Mobiltelefons steht im Konflikt zwischen dem intimen Charakter eines PrivatgesprĂ€ches und der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, welche zur Selbstinszenierung fĂŒhren kann. Als Folge dessen entstehen Regelverletzungen, besonders da bei Entgegennahme eines MobilfunkgesprĂ€ches die Aufmerksamkeit von örtlich Anwesenden zum "virtuellen" GesprĂ€chspartner ĂŒberwechselt. - Besagte Konflikte im öffentlichen Raum durch gleichzeitige Anwesenheit des Mobilfunknutzers in konkurrierenden sozialen RĂ€umen werden einerseits durch das Entstehen von Gebrauchsregeln fĂŒr das Mobiltelefon wie dem Mobiltelefonverbot am Steuer, andererseits durch das Gewöhnen der Gesellschaft an das öffentliche Nutzen des Mobiltelefons entschĂ€rft. Die vorliegende Arbeit kommt damit zu Erkenntnissen, die mit den Ergebnissen anderer Autoren verglichen werden können: - Auch bei anderen Autoren, die sich aktuell mit dem soziologischen Auswirkungen der Mobiltelefonie beschĂ€ftigen, ist unbestritten, dass das Mobiltelefon die Kommunikation fördert und somit zu mehr sozialen Kontakten beitrĂ€gt. Dies wird zum Beispiel von Geser und Haddon festgestellt. Über die IntensitĂ€t im Sinne von GesprĂ€chslĂ€nge, -thema, -partner und –anlasses ist hingegen nur ansatzweise in der vorliegenden Literatur diskutiert worden. - Neben der allgemeinen Überzeugung des Gewinns an FlexibilitĂ€t und MobilitĂ€t durch das Mobiltelefon und der damit verbunden Möglichkeit zur Kommunikation in Unkenntnis des Aufenthaltortes sind verschiedene kritische Stimmen zur Frage der Vermischung zwischen Privatheit und Beruf und nach der durch Erreichbarkeitsverpflichtung entstehenden Kontrolle vorhanden. Dies wird besonders bei Geser erörtert. - Übereinstimmend werden auch die besondere Problematik der Mobilfunknutzung in der Öffentlichkeit und dem damit verbundenen Konfliktpotential erkannt. Neben oben genannten Autoren diskutiert Ling dieses Thema ausfĂŒhrlich. In der abschließenden Tabelle sind die sozialwissenschaftlichen Erkenntnisse dieser Arbeit, ihre BegrĂŒndungen und Schlussfolgerungen sowie einige Kernbeispiele als Kurzzusammenfassung aufgefĂŒhrt
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