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Heinrich Brockmann-Jerosch (1879–1939). Spurensuche zwischen Botanik, Brauch und Bauernhaus
Der Beitrag positioniert Heinrich Brockmann-Jerosch (1879–1939), der als Aussenseiter ins Fach eingriff. Er hat sich in die Schweizer Brauch- und Bauernhausforschung mit eigenen Denkansätzen eingereiht. Es wird dargelegt, was den Naturwissenschafter bewogen haben könnte, sich zu- nehmend auch volkskundlich zu betätigen. Illustrativ sind bereits seine ersten Schritte als Doktorand im rückständigen Puschlav zwischen 1902 und 1904. Erhellend ist weiter das vom Zürcher Botanikprofessor Carl Schröter sowie den Basler Privatgelehrten Fritz und Paul Sarasin geprägte Netzwerk, in welchem sich auch Brockmann-Jerosch bewegte. Hier verbanden sich Naturgeschichte, Heimatliebe und Ethnologie zu einer wirkungsmächtigen Deutungsinstanz, welche beispielsweise den Schweizerischen Nationalpark hervorbrachte. Die Spurensuche führt ebenso in die neu aufkommende Pflanzensoziologie. Von ihr bezog Brockmann-Jerosch erkenntnisleitende Elemente seiner späteren Hausforschungen, seine Vorliebe für die Typologie
L’état policier en haut sur la montagne? Débats autour de la protection de l'edelweiss en Suisse, Allemagne et Autriche (1870-1940)
L'edelweiss, qui fut autrefois une plante plus ou moins ignorée des populations rurales, est aujourd'hui connu comme étant un symbole des Alpes, et cela pas seulement dans les pays germanophones. La naissance de cette image est étroitement liée à l'invention des Alpes et à leur construction comme espace de loisir de la bourgeoisie européenne dans la seconde moitié du XIXe siècle. Choisi comme logo par plusieurs clubs alpins, l'edelweiss devient un symbole de la singularité et de la pureté du paysage montagnard. L'iconographie de la fleur fut amplifiée par la suite par la généralisation de son usage comme fleur emblématique dans les affiches publicitaires fabriquées pour les stations touristiques alpines les plus renommées de la Suisse et de l'Autriche. Autour des années 1860, cette frénésie créa, parmi les touristes, une large demande de fleurs alpines et notamment d'edelweiss. Les populations locales répondirent à ce besoin de souvenirs en cueillant et en mettant en vente des plantes fraîches ou sèches, activité qui leur permettait d'améliorer leurs faibles revenus. Aujourd'hui encore, il est à peu près impossible de dire si ce commerce pouvait réellement mettre en danger l'existence de l'edelweiss mais il provoqua de vives réactions parmi les alpinistes, qui se percevaient comme des adeptes d'une culture d'élite et percevaient Leontopodium alpinum comme leur propriété. On ne peut être surpris, donc, que la première association créée pour la protection des plantes en Suisse ait été formée par des individus issus de milieux liés au Club Alpin Suisse. Dans mon article, j'analyse l'argumentation de deux de ces associations alpines, l'""Association pour la protection des plantes"" fondée à Genève en 1883 et la ""Verein zum Schutze der Alpenpflanzen"", une association austro-allemande créée en 1900. Je montre en quoi l'engagement de ce milieu d'environnementalistes citadins et bourgeois en faveur de la préservation des fleurs alpines visait à définir ce ""patrimoine"" comme étant le leur et, de ce fait, à légitimer leur droit exclusif d'utiliser le milieu alpin au détriment des besoins particuliers des populations locales
Stadt Bilder Bauen. Digitale Architekturvisualisierungen und die Deutungsmacht über den urbanen Raum
Architekturvisualisierungen sind nicht bloss neutrale Vermittler geplanter Bauprojekte. Sie transportieren stets auch bestimmte Werte und Ideologien. Folgender Beitrag untersucht, welche Macht professionellen Architekturbildern in öffentlichen Aushandlungsprozessen über den städtischen Raum zukommt. Dabei zeigt sich, dass trotz der grossen Effektivität dieser visueller Repräsentationen ihre Macht dort an Grenzen stosst, wo die produzierten Bilder sich als inkompatibel mit dem kollektiven städtischen Imaginären erweisen
Inventuren lokaler Naturen. Biologische Bestandserfassungen in der Schweiz um 1900
Der Aufsatz thematisiert raum-mediale Wissenspraktiken der Naturgeschichte um 1900. In diesen Jahrzehnten hatte das naturkundliche Wissensformat der sogenannten Lokalfloren und Lokalfaunen (kurz: Floren und Faunen) Hochkonjunktur. Eine Flora beziehungsweise Fauna ist eine nach taxonomischen Systemen geordnete Bestandeserfassung aller in einem klar umrissenen Gebiet vorkommenden Pflanzen- respektive Tierarten, ergänzt um Angaben zu Standorten und Häufigkeiten.
Neben der Objektsammlung war das Erstellen kantonaler Floren- und Faunenwerke eine der wichtigsten Forschungsaktivitäten der nichtakademischen Naturforscher der Schweiz um 1900. In diesen Jahren florierte die ausseruniversitäre Naturforschung, sie bildete lokale Wissensmilieus aus, die in kantonalen Naturforschervereinen, örtlichen Naturmuseen sowie Schulen ihre institutionellen Stützen fanden.
Da die Bestandeserfassung eines vollständigen Kantonsgebietes mit den Kapazitäten eines einzelnen, ausschliesslich in der Freizeit tätigen Forschers unmöglich zu bewältigen war, waren einschlägige Datenerhebungen zwangsläufig kollektive Angelegenheiten. Ausgehend von einem nicht-substantialistischen Medienbegriff sollen diese kollaborativen Erhebungsnetzwerke als Medien betrachtet und zwei Aspekte beleuchtet werden.
Erstens soll die Struktur und Funktionsweise dieser Erhebungsnetzwerke umrissen werden. Diese waren in unterschiedlichem Grad formalisiert, jedoch praktisch nie institutionalisiert – es handelte sich um informelle und situative Kooperationsprojekte. Es wird gezeigt, wie diese Netze hergestellt und stabil gehalten wurden, welche Daten- und Objektströme ihr normales Funktionieren in Gang setzte und welche Praktiken die Datenqualität sicherstellen sollten.
Zweitens soll skizziert werden, welche Wirkungen diese Inventarisierungsprojekte auf die involvierten Akteure sowie den untersuchten Raum entfalteten. Mit Blick auf den letzten Aspekt wird gezeigt, dass die sozio-mediale Raumpraktik der biologischen Bestandeserfassung auch verschiedene ausserwissenschaftliche Effekte zeitigte. So bildeten die Wissenspraktiken der Lokalkatalogisierung die epistemische Grundlage für die Entstehung des Naturschutzgedankens um 1900 und bereiteten den Boden für die sich abzeichnende Neuinterpretation des Lokalen als „Heimat“
"Petite Science" : außeruniversitäre Naturforschung in der Schweiz um 1900
In der Schweiz des ausgehenden 19. Jahrhunderts erfreute sich die Erforschung der lokalen Tier- und Pflanzenwelt großer Beliebtheit. Diese Forschungen waren keine ausschließlich akademische Angelegenheit, sondern ebenso eine Freizeitbeschäftigung breiterer Bevölkerungskreise. Tobias Scheidegger charakterisiert diese damals florierende Wissensformation als »Petite Science«. Diese bildete trotz gelegentlicher Kooperationen mit Universitäten einen eigenständigen Modus der Naturgeschichte. Das Forschungsinteresse dieser »Petite Science« galt der Inventarisierung und Sammlung der lokalen Flora und Fauna. In den Hauptstädten ländlich geprägter Kantone ohne eigene Universität formierten sich um diese Forschungsziele lokale Wissensmilieus, deren institutionelle Stützen kantonale Naturforschervereine, Naturmuseen und Gymnasien bildeten. Fallstudien aus fünf Kleinstädten beschreiben diese Milieus und deren Forschungs- und Sammlungstätigkeiten. Beleuchtet werden auch die Lebenswelten der Lokalforscher sowie ihre spezifischen Raumpraktiken. Diese spielten eine wichtige Rolle in der Erfindung des Naturschutzes und der Konstruktion von »Heimat« um 1900 und sicherten der »Petite Science« gesellschaftliche Ausstrahlung bis weit ins 20. Jahrhundert