69 research outputs found
Uncoupling of neurogenesis and differentiation during retinal development
Conventionally, neuronal development is regarded to follow a stereotypic sequence of neurogenesis, migration, and differentiation. We demonstrate that this notion is not a general principle of neuronal development by documenting the timing of mitosis in relation to multiple differentiation events for bipolar cells (BCs) in the zebrafish retina using in vivo imaging. We found that BC progenitors undergo terminal neurogenic divisions while in markedly disparate stages of neuronal differentiation. Remarkably, the differentiation state of individual BC progenitors at mitosis is not arbitrary but matches the differentiation state of post-mitotic BCs in their surround. By experimentally shifting the relative timing of progenitor division and differentiation, we provide evidence that neurogenesis and differentiation can occur independently of each other. We propose that the uncoupling of neurogenesis and differentiation could provide neurogenic programs with flexibility, while allowing for synchronous neuronal development within a continuously expanding cell pool
Die wirtschaftliche Lage der Republik Belarus: Sonderweg wird immer mehr zum Leidensweg
Die Republik Belarus verfolgt seit Jahren eine rückwärtsgewandte Wirtschaftspolitik. Die Hoffnungen zielen darauf, durch eine wirtschaftliche Anbindung an Rußland — bis hin zur staatlichen Union — marktwirtschaftliche Reformen vermeiden zu können. Bis ins Jahr 1998 hinein hatte Rußland das Land vor allem durch verbilligte Energielieferungen und durch die Abnahme weißrussischer Waren zu günstigen Preisen über Wasser gehalten. Die russische Krise hat den weißrussischen Hoffnungen einen empfindlichen Dämpfer versetzt. In Rußland gibt es zwar offenbar politische Kräfte, die nicht abgeneigt sind, dem weißrussischen Beispiel zu folgen. Dennoch hat die Krise gezeigt, daß die Sorge um die Republik Belarus nicht zu den ersten Prioritäten Rußlands gehört. Die krisenhafte Entwicklung in der Republik Belarus kommt in den offiziellen Statistiken nur unvollkommen zum Ausdruck. Dennoch sind die Veränderungen dramatisch. Das Wachstum des Sozialprodukts ist praktisch fast zum Stillstand gekommen, nachdem es im Vorjahr noch gut 10 vH betragen hatte. Der private Konsum stagnierte nur noch, nachdem er im Vorjahr noch um 40 vH zugenommen hatte. Ohne die Selbstversorgung aus privatem Anbau wäre die Ernährung der Bevölkerung gefährdet. Die Investitionen insgesamt stagnierten; die Anlageinvestitionen gingen um ein Viertel zurück. Auch die Industrieproduktion verzeichnete einen deutlichen Rückgang. Stabilisierend wirkte sich einzig der Anstieg des Außenbeitrags aus, der aber vor allem einem starken Rückgang bei den Importen zuzuschreiben ist. Bei den Exporten haben die sich zuspitzenden wirtschaftlichen Probleme eine Umorientierung erzwungen. Der Anteil der Exporte nach Rußland ist deutlich zurückgegangen. Die Exporte in den Nicht-GUS-Raum nahmen dagegen zu. Dabei ist es jedoch kaum gelungen, die erhebliche reale Abwertung des Rubels in eine verbesserte internationale Wettbewerbsfähigkeit umzumünzen. Vielmehr reflektieren die gestiegenen Exporte in den Nicht-GUS-Raum zu einem erheblichen Teil offenbar Notverkäufe im Zusammenhang mit der zunehmenden Devisenknappheit. Die Inflationsrate liegt weiterhin im dreistelligen Bereich, auch wenn sie im Vergleich zum Vorjahr unter anderem aufgrund von Preiskontrollen etwas zurückgegangen ist. Selbstverständlich bleibt die wirtschaftliche Entwicklung der Republik Belarus stark von außenwirtschaftlichen Einflüssen vor allem aus Rußland geprägt. Die vorhandenen wirtschaftspolitischen Spielräume werden jedoch nicht genutzt. Es gibt daher keine Aussichten, daß sich Belarus aus seiner wirtschaftspolitischen Sackgasse befreit. Eine Stagnation des BIP in diesem Jahr ist wahrscheinlich ( 0 - 1 vH). Die Inflation wird im dreistelligen Bereich bleiben und könnte sich sogar wieder beschleunigen. Im kommenden Jahr ist zu erwarten, daß sich die negative Entwicklung fortsetzen wird. Zwar hat sich die Lage in Rußland nach der Krise wieder stabilisiert. Aber aufgrund der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen ist nicht davon auszugehen, daß es zu einer Aufwärtsentwicklung kommt, die kräftig genug wäre, eine wirtschaftliche Erholung in Belarus anzustoßen
Die wirtschaftliche Lage Rußlands: Krise offenbart Fehler der Wirtschaftspolitik. Dreizehnter Bericht
Die Ereignisse des Jahres 1998 markieren für die Volkswirtschaft der Russischen Föderation einen herben Rückschlag. Es kam nicht nur zu einem dramatischen Einbruch der wirtschaftlichen Entwicklung, auch die Strategie der marktwirtschaftlichen Umgestaltung steht in Frage. Dabei war erst im Jahr 1997 der wirtschaftliche Niedergang endlich zum Stillstand gekommen, es gab sogar erste Anzeichen für eine einsetzende Erholung. Der Vertrauensverlust der Wirtschaftspolitik sowohl im eigenen Lande als auch auf den internationalen Märkten hat jetzt verheerende Ausmaße angenommen. Angesichts der Entwicklungen ist die Frage nach den Ursachen für die Wende zum Negativen und nach den Perspektiven der jetzt eingeschlagenen Wirtschaftspolitik zu stellen. Um zum Erfolg zu kommen, sind nun stärkere Anstrengungen geboten als bei früheren Stabilisierungsversuchen erforderlich gewesen wären
Die wirtschaftliche Lage der Republik Belarus: Weitere Restauration der Planwirtschaft. Dreizehnter Bericht
Die Republik Belarus ist eine kleine Volkswirtschaft, die geographisch im Zentrum Osteuropas liegt. Es sollte daher im ureigensten Interesse des Landes liegen, sich in die Weltwirtschaft zu integrieren. Belarus geht jedoch nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich einen ausgeprägten Sonderweg. Die bisherigen Ergebnisse und die weiteren Aussichten dieses wirtschaftlichen Sonderwegs werden von den verantwortlichen Autoritäten des Landes ausgesprochen positiv bewertet. Im Gegensatz dazu üben externe Beobachter praktisch ohne Ausnahme herbe Kritik. Warnungen, dieser Kurs führe unweigerlich in die Sackgasse und könne keineswegs als Basis für ein nachhaltiges Wachstum dienen, finden bislang in den offiziellen Statistiken keinen Beleg. Vielmehr prägen Erfolgsmeldungen das Bild. Im ersten Halbjahr 1998 stieg das offiziell ausgewiesene Bruttoinlandsprodukt um mehr als 12 vH an. Getragen wurde das Wachstum von der Bauwirtschaft, der Industrie und dem Transportwesen. Sehr hohen Zuwachsraten bei Investitionen, Einzelhandelsumsatz und Staatsverbrauch stand jedoch ein ausuferndes Außenhandelsdefizit gegenüber. Die gemessenen Realeinkommen nahmen um 21 vH zu, die registrierte Arbeitslosigkeit ging zurück. Das offizielle Haushaltsdefizit lag bei nur 1,4 vH des BIP, die gemessene Inflation erreichte trotz starker Geldmengenausweitung rund 50 vH per annum. 22 Allerdings können diese Entwicklungen nur auf den ersten Blick beeindrucken. Die gemeldeten Ergebnisse werden durch immer weiter um sich greifende administrative Eingriffe in die Wirtschaftsabläufe erkauft. Diese erschweren eine Bewertung der tatsächlichen Lage und beeinträchtigen die zukünftige Entwicklung. Mehrere Faktoren sind hierfür verantwortlich: Erstens sind die gemeldeten Wachstumserfolge zu einem großen Teil Ergebnis gelenkter Kredite, die zu stark negativen Realzinsen an die Wirtschaft vergeben wurden. Die gelenkten Kredite und die damit einhergehende Geldemission haben zu einem erheblichen Inflationsdruck geführt, der nur sehr unvollständig in der offiziell ausgewiesenen Inflationsrate zum Ausdruck kommt. Panikkäufe und Rationierungen sind hierfür die bekannten Indikatoren. Vor diesem Hintergrund müssen sowohl das ausgewiesene Wirtschaftswachstum als auch die Zunahme der realen Einkommen relativiert werden, da sie auf Grundlage der offiziellen Inflationsrate berechnet wurden. Zudem führt die Instrumentalisierung der Geldpolitik für allgemeine wirtschaftliche Ziele dazu, daß die offiziellen Zahlen zum Staatshaushalt Makulatur geworden sind. Die quasi-fiskalischen Aktivitäten der Zentralbank greifen immer weiter um sich. Durch diese Politik hat das Bankensystem seine Eigenständigkeit verloren und ist in seiner Entwicklung auf Dauer beeinträchtigt. Zweitens befindet sich Belarus zwar in einer prekären außenwirtschaftlichen Lage, gleichwohl reagieren die wirtschaftspolitischen Entscheidungsträger aber nicht durch eine Kurskorrektur, sondern greifen zu weiteren administrativen Maßnahmen. Als Reaktion auf die sich häufenden Währungskrisen werden Kontrollmaßnahmen auf immer weitere Bereiche der Wirtschaft ausgedehnt. Unmittelbarer Auslöser der Krisen war ein überbewerteter Wechselkurs. Die Zentralbank hält gleichwohl an einem System multipler Wechselkurse fest, die deutlich von dem freien Marktkurs abweichen. Durch Barterhandel, vor allem mit Rußland, kann zwar de facto eine Abwertung des belarussischen Rubels erreicht werden, eine auf diesem Wege erzielte Abwertung ist jedoch mit hohen Kosten verbunden. Das Defizit in der Leistungsbilanz lag gemessen am offiziellen Wechselkurs bei mehr als 10 vH des BIP. Da Belarus vom internationalen Kapitalmarkt isoliert ist, konnte dieses Defizit nur durch russische Hilfe finanziert werden. Diese Unterstützung nahm verschiedenste Formen wie Handelskredite für Energielieferungen an. Aufgrund der extremen Abhängigkeit der Republik Belarus von der Finanzierung durch Rußland ist damit zu rechnen, daß die dortige Wirtschafts- und Währungskrise drastische Folgen für Belarus haben wird. Bereits in der Vergangenheit hat Rußland immer wieder versucht, härtere Konditionen im Außenhandel durchzusetzen. Aufgrund der desolaten Finanzlage in Rußland selbst kann Belarus nur dann weiter auf Unterstützung bauen, wenn ökonomische durch politische Erwägungen dominiert werden. Drittens kommen Modernisierung und Neuaufbau des zunehmend maroden Kapitalstocks nicht voran. Die Industrie greift daher im wesentlichen auf bestehende Kapazitäten zurück, und das Wachstum der Produktion wird sich in absehbarer Zeit auch aus diesem Grund erschöpfen müssen. Aufgrund der krisenhaften Entwicklungen des laufenden Jahres wird es zu einer deutlichen Abschwächung des Wachstums kommen, so daß das BIP im Gesamtjahr 1998 bestenfalls um 5 vH zunehmen wird. Im kommenden Jahr werden nicht nur die Auswirkungen der Krise voll zum Tragen kommen, sondern auch die Grenzen der bestehenden Kapazitäten erreicht werden. Mehr als eine Stagnation des BIP ist nicht zu erwarten. Die Inflation wird in beiden Jahren im dreistelligen Bereich liegen, wobei Preiskontrollen wiederum dazu verwendet werden dürften, das wahre Bild der Preisentwicklung zu beschönigen. Zudem ist das Risiko eines plötzlichen wirtschaftlichen Kollaps gestiegen. Diesen versucht die Regierung durch weiter verschärfte administrative Eingriffe noch abzuwenden. Die diesen Prozessen eigene Dynamik führt zurück zur Planwirtschaft
Die wirtschaftliche Lage der Republik Belarus: Verfall wird offenkundig. Vierzehnter Bericht
Die Republik Belarus zeichnet wirtschaftspolitisch seit Jahren einen Weg vor, der auf die russische Politik eine gewisse Anziehungskraft auszuüben scheint. Zum Kern des weißrussischen Konzepts gehört der Versuch einer raschen Erhöhung der Produktion mit Hilfe notenbankfinanzierter Zuweisungen direkt an die Unternehmen. Dies geht einher mit einer extremen Ausweitung der Geldmenge. Im Mittelpunkt der wirtschaftlichen Fehlentwicklungen in Weißrußland steht auch ein stark überbewerteter offizieller Wechselkurs. Bei dem Versuch, die zahlreichen negativen Auswirkungen dieser Politik zu unterbinden, muß das Regime zu immer weiter ausufernden administrativen Eingriffen in wirtschaftliche Abläufe greifen. Die wirtschaftlichen Ergebnisse sind jedoch so, daß kürzlich sogar Präsident Lukaschenko äußerte: „Warum werden unsere Menschen von Monat zu Monat ärmer ..., wo wir doch unsere Industrie und Landwirtschaft so dynamisch entwickeln?" (Weißrussisches Fernsehen, zitiert in RFE/RL 12. November 1998). Die Ursache sieht die politische Führung in der russischen Finanzkrise und einer wetterbedingt schlechten Ernte in Weißrußland. Die eigene wirtschaftspolitische Konzeption wird nach wie vor für richtig gehalten, ja sogar als Vorbild für Rußland präsentiert. Allerdings kam es im Verlauf des Jahres 1998 vor allem als Folge der massiven wirtschaftspolitischen Fehlentwicklungen zu einem unübersehbaren Verfall der offiziell berichteten Wachstumsraten des BIP und seiner Aggregate. Die Inflation erreichte mehr als 180 vH. Für 1999 ist damit zu rechnen, daß sich diese Entwicklung noch verschärft, das BIP in einer Größenordnung von 5 vH sinkt und sich die Inflation wiederum im dreistelligen Bereich bewegen wird
Die wirtschaftliche Lage der Republik Belarus: Verordnetes Wachstum ohne Perspektive? Elfter Bericht
Die in der Republik Belarus vor allem auf Betreiben von Präsident Lukaschenko verfolgte Wirtschaftspolitik wird seit Jahren von praktisch allen Beobachtern wegen unverkennbarer Rückschritte zu planwirtschaftlichen Rahmenbedingungen negativ eingeschätzt. Die Kritik kommt von so verschiedenen Seiten wie den internationalen Finanzinstitutionen, den drei hier berichtenden Instituten, aber auch von der Regierung der Russischen Föderation. Entgegen allen Prognosen wies jedoch die amtliche weißrussische Statistik bereits für 1996 einen leichten Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. Dieses zunächst zaghafte Wachstum hat sich nach Angaben der offiziellen Statistik im bisherigen Verlauf des Jahres 1997 sogar noch beschleunigt. Die Dynamik erfaßte nun nicht mehr nur den privaten Verbrauch, sondern auch — und sogar besonders ausgeprägt — die Investitionstätigkeit, die im Vorjahr noch einen absoluten Rückgang zu verzeichnen hatte. Diese positive Entwicklung wirft einige Fragen auf: Gibt es dieses Wirtschaftswachstum tatsächlich oder handelt es sich um eine statistische Fiktion? Wenn die Wirtschaft tatsächlich gewachsen ist, welche Formen hat das Wachstum dann angenommen, welche Faktoren stehen dahinter und wie sind seine Perspektiven einzuschätzen? War die verfolgte Wirtschaftspolitik vielleicht doch richtig? Im vorliegenden Bericht werden diese und andere Fragen unter einer Reihe von Aspekten beleuchtet
Die wirtschaftliche Lage Rußlands: Schuldenstreichung statt Reformen? Vierzehnter Bericht
Zur russischen Finanz- und Währungskrise haben zwar weltwirtschaftliche Umstände wie der Verfall der Preise für Energieträger und die Asienkrise beigetragen. Zu einem großen Teil wurde sie jedoch von wirtschaftspolitischen Fehlern der Regierung verursacht. Im Gefolge der Krise hat der russische Rubel bisher etwa drei Viertel seines Wertes am Devisenmarkt verloren. Zugleich ist es zu einem starken Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (-4,6 vH) gekommen. Die Abwertung hat den russischen Unternehmen aber auch wesentlich verbesserte Möglichkeiten gegeben, Importgüter mit eigenen Produkten vom Markt zu verdrängen. Vereinzelt scheinen die Unternehmen diese Chance zu nutzen. Es zeichnet sich bislang jedoch nicht ab, daß dieser Trend an Breite gewinnt und einen dauerhaften Charakter annimmt. Vor allem fehlt es an Anzeichen für eine Belebung der Investitionstätigkeit und für eine Umkehr der Kapitalflucht. Die russische Wirtschaftspolitik hat sich durch die weitgehende und einseitige Einstellung des Schuldendienstes ebenfalls eine Atempause verschafft. Sie heftet nun ihren Blick unverkennbar auf eine weitgehende Schuldenstreichung, weitere Kredite vom IWF und eine neuerliche großzügige Umschuldung. Ansonsten beschränkt sie sich im wesentlichen darauf, die verlorengegangenen bzw. stumpf gewordenen Instrumente der Periode vor den Reformen wieder zu restaurieren bzw. zu schärfen. Vor diesem Hintergrund wird das Bruttoinlandsprodukt im Jahr 1999 um 4 bis 5 vH schrumpfen. Die Inflationsrate (Dezember zu Dezember) wird nicht unter 60 vH sinken
Die wirtschaftliche Lage der Republik Belarus: Negative Konsequenzen der Reformrückschritte werden sichtbar. 10. Bericht
Im Zuge der Aktivierung planwirtschaftlicher Instrumente in der Republik Belarus hat Präsident Lukaschenko im Laufe seiner bisherigen Amtsperiode Schritt für Schritt alle wesentlichen wirtschaftspolitischen Zuständigkeiten an sich gezogen. Von Anfang an sprach nichts für die Richtigkeit eines solchen Vorgehens. Die tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung gibt bis zuletzt keinen Anlaß, diese Einschätzung zu revidieren. Bereits in ihrem Herbstbericht 1996 zur wirtschaftlichen Lage der Republik Belarus haben die Institute darauf hingewiesen, daß eine Bewertung der tatsächlichen Entwicklung durch administrative Eingriffe in den Wirtschaftsablauf erheblich erschwert wird. Nach dem Referendum vom November 1996 hat sich die Situation sogar noch verschärft. Von einem marktwirtschaftlichen Regelsystem ist Belarus weiter entfernt denn je; wichtige Reformen werden nicht vorgenommen und bestehende Reformen werden abgebaut; die Anpassungslasten werden damit vergrößert
Die wirtschaftliche Lage der Republik Belarus: Sonderweg wird immer mehr zum Leidensweg
Die Republik Belarus verfolgt seit Jahren eine rückwärtsgewandte Wirtschaftspolitik. Die Hoffnungen zielen darauf, durch eine wirtschaftliche Anbindung an Rußland — bis hin zur staatlichen Union — marktwirtschaftliche Reformen vermeiden zu können. Bis ins Jahr 1998 hinein hatte Rußland das Land vor allem durch verbilligte Energielieferungen und durch die Abnahme weißrussischer Waren zu günstigen Preisen über Wasser gehalten. Die russische Krise hat den weißrussischen Hoffnungen einen empfindlichen Dämpfer versetzt. In Rußland gibt es zwar offenbar politische Kräfte, die nicht abgeneigt sind, dem weißrussischen Beispiel zu folgen. Dennoch hat die Krise gezeigt, daß die Sorge um die Republik Belarus nicht zu den ersten Prioritäten Rußlands gehört. Die krisenhafte Entwicklung in der Republik Belarus kommt in den offiziellen Statistiken nur unvollkommen zum Ausdruck. Dennoch sind die Veränderungen dramatisch. Das Wachstum des Sozialprodukts ist praktisch fast zum Stillstand gekommen, nachdem es im Vorjahr noch gut 10 vH betragen hatte. Der private Konsum stagnierte nur noch, nachdem er im Vorjahr noch um 40 vH zugenommen hatte. Ohne die Selbstversorgung aus privatem Anbau wäre die Ernährung der Bevölkerung gefährdet. Die Investitionen insgesamt stagnierten; die Anlageinvestitionen gingen um ein Viertel zurück. Auch die Industrieproduktion verzeichnete einen deutlichen Rückgang. Stabilisierend wirkte sich einzig der Anstieg des Außenbeitrags aus, der aber vor allem einem starken Rückgang bei den Importen zuzuschreiben ist. Bei den Exporten haben die sich zuspitzenden wirtschaftlichen Probleme eine Umorientierung erzwungen. Der Anteil der Exporte nach Rußland ist deutlich zurückgegangen. Die Exporte in den Nicht-GUS-Raum nahmen dagegen zu. Dabei ist es jedoch kaum gelungen, die erhebliche reale Abwertung des Rubels in eine verbesserte internationale Wettbewerbsfähigkeit umzumünzen. Vielmehr reflektieren die gestiegenen Exporte in den Nicht-GUS-Raum zu einem erheblichen Teil offenbar Notverkäufe im Zusammenhang mit der zunehmenden Devisenknappheit. Die Inflationsrate liegt weiterhin im dreistelligen Bereich, auch wenn sie im Vergleich zum Vorjahr unter anderem aufgrund von Preiskontrollen etwas zurückgegangen ist. Selbstverständlich bleibt die wirtschaftliche Entwicklung der Republik Belarus stark von außenwirtschaftlichen Einflüssen vor allem aus Rußland geprägt. Die vorhandenen wirtschaftspolitischen Spielräume werden jedoch nicht genutzt. Es gibt daher keine Aussichten, daß sich Belarus aus seiner wirtschaftspolitischen Sackgasse befreit. Eine Stagnation des BIP in diesem Jahr ist wahrscheinlich ( 0 - 1 vH). Die Inflation wird im dreistelligen Bereich bleiben und könnte sich sogar wieder beschleunigen. Im kommenden Jahr ist zu erwarten, daß sich die negative Entwicklung fortsetzen wird. Zwar hat sich die Lage in Rußland nach der Krise wieder stabilisiert. Aber aufgrund der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen ist nicht davon auszugehen, daß es zu einer Aufwärtsentwicklung kommt, die kräftig genug wäre, eine wirtschaftliche Erholung in Belarus anzustoßen. --
Die wirtschaftliche Lage der Republik Belarus: Forcierte Bindung an Rußland
Zentrales Merkmal des weißrussischen Wirtschaftsprozesses war im Jahr 1995 die zunehmende Anbindung an die russische Wirtschaft. Dazu hat nicht nur die Umsetzung der Vereinbarungen zur Zollunion beigetragen, sondern auch der russische Forderungsverzicht in Höhe von über 1 Mrd. US-Dollar. Die Enge der Anbindung wird zudem dadurch dokumentiert, daß sich deutliche Parallelitäten in der sektoralen Struktur der realwirtschaftlichen Anpassung zeigen: Sowohl in Belarus als auch in Rußland sind es die rohstoffnahen Industriezweige, die am schnellsten die Durststrecke des Produktionsabbaus hinter sich bringen. Es sind in weit überwiegendem Maße russische Aufträge, die dazu beigetragen haben, daß sich in diesen Industriezweigen der Republik Belarus die Produktion erholt hat. Zugleich sind es in beiden Volkswirtschaften die Leichtindustrie und die konsumnahen Bereiche, die noch weit von einer Stabilisierung der Produktion entfernt sind, auch weil diese Sektoren unter der realen Aufwertung gegenüber dem Dollar leiden. Belarus ist dem russischen Beispiel eines Wechselkursziels gegenüber dem Dollar als Instrument der monetären Stabilisierung gefolgt. Insgesamt kann diese Parallelität als erste Stufe einer De-facto-Währungsunion gewürdigt werden. In beiden Fällen haben sich reale Aufwertungen gegenüber der Ankerwährung fortgesetzt. Allerdings war die Konsistenz der Wechselkurspolitik mit der Geldpolitik in Belarus wesentlich weniger gegeben als in Rußland. Zwar konnte die Parallelität der beiden Wechselkursregime bislang gewahrt werden. Jedoch hat die weißrussische Nationalbank das Wechselkursziel nur dadurch verteidigen können, daß sie in erheblichem Maße in die Devisenmärkte interveniert hat. Ohne Anpassung der derzeit noch divergierenden Zinspolitiken beider Länder wird die De-facto-Währungsunion aber mittelfristig extremen Spannungen ausgesetzt sein. Kurzfristig sind diese Spannungen durch den Schuldenerlaß seitens Rußlands gemildert worden; er hat Belarus eine zahlungsbilanzpolitische Atempause verschafft. Die Budgetpolitik ist ebenso wie in Rußland restriktiv und wird auch 1996 vor erheblichen Herausforderungen an die Durchhaltbarkeit der Budgetdisziplin stehen. Ordnungspolitisch ist Belarus immer noch weit davon entfernt, überzeugende Beweise einer Transformation zu liefern. Die Privatisierung sieht sich nach wie vor politischen Hemmnissen gegenüber und tritt daher auf der Stelle. Hier sind weitaus größere Defizite in 13 der Verankerung von Eigentumsrechten und anderen ordnungspolitischen Signalen zu verzeichnen als in Rußland. Insgesamt lassen die zahlreichen Gleichschritte in den beiden Transformationspfaden den Schluß zu, daß die Entwicklung des BIP und der Inflation in Belarus verstärkt von der Rußlands bestimmt werden. Allerdings hinkt Belarus hinter der russischen Entwicklung her, so daß sich Niveauunterschiede ergeben. Für das Jahr 1996 ist in Belarus ein weiterer Rückgang des BIP zu erwarten, der aber 5 vH nicht überschreiten dürfte. Die Jahresinflation wird sich im zweistelligen Bereich bewegen, aber nur im besten Fall unter die 50-Prozent-Marke sinken
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