8 research outputs found
Die Zukunft war jetzt: Rezension zu Christina Schwenkel (2020): Building socialism. The afterlife of East German architecture in urban Vietnam. Durham: Duke University Press.
Die US-amerikanische Kulturanthropologin Christina Schwenkel legt mit Building socialism eine quellengesättigte ethnografische Studie über Zerstörung, Wiederaufbau und Nutzungsperspektiven der vietnamesischen Stadt Vinh vor. Ein besonderes Augenmerk liegt auf den agencies der Beteiligten. Im Zentrum der Untersuchung steht ein Quartier, dessen Wohnblocks mit materieller und ideeller Unterstützung der DDR errichtet wurden. Nicht nur sind die methodischen Zugänge der Untersuchung vielversprechend und gewinnbringend – angesichts des drohenden Stadtumbaus, der für die Bewohner:innen des Quartiers Quang Trung Abriss und Verdrängung bedeuten würde, gewinnt ihre städtebauhistorische Ethnografie auch an politischer Relevanz
Campus Bockenheim Revisited: Book Review: Schardt, Jürgen (2018): Architektur einer bürgerlichen Gesellschaft. Frankfurter Universitäts- und Stadtbauten im Kontext ihrer Geschichte zwischen 1906 und 1956. Münster: Westfälisches Dampfboot.
Jürgen Schardt legt eine umfassende Studie zur Architektur der Stadt- und Universitätsbauten in Frankfurt am Main von 1906 bis 1956 vor. Besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf den gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen der Architekturproduktion und einer kritischen Revision der etablierten Historiografie der Goethe-Universität. Der Autor widmet sich in drei Teilen jeweils dem Kaiserreich und der Gründung der Hochschule im Jahr 1914, der Zeit der Weimarer Republik sowie der Jahre des Aufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg. Schardt untersucht die entstandenen Gebäude hinsichtlich schlüssiger Kriterien bürgerlicher Architektur, beleuchtet aber auch andere für die Hochschulgeschichte relevante Rahmenbedingungen. Die lesenswerte Studie verbindet dabei Aspekte der Sozial-, Wissenschafts- und Architekturgeschichte.Jürgen Schardt presents a comprehensive study of the architecture of university buildings in Frankfurt on the Main from 1906 to 1956. He focuses on the societal and political frameworks of architectural production and sheds a critical light on established historiographies of the Goethe-Universität in Frankfurt. The author divides his survey in three parts: German Empire including the foundation of the university in 1914, the Weimar Republic era and lastly the years of reconstruction after World War II. Schardt examines the buildings along coherent criteria of bourgeois architecture but also adds further aspects that are crucial for the historiography of the university. The research combines interpretations of social, institutional and architectural history
Die Zukunft war jetzt
Die US-amerikanische Kulturanthropologin Christina Schwenkel legt mit Building socialism eine quellengesättigte ethnografische Studie über Zerstörung, Wiederaufbau und Nutzungsperspektiven der vietnamesischen Stadt Vinh vor. Ein besonderes Augenmerk liegt auf den agencies der Beteiligten. Im Zentrum der Untersuchung steht ein Quartier, dessen Wohnblocks mit materieller und ideeller Unterstützung der DDR errichtet wurden. Nicht nur sind die methodischen Zugänge der Untersuchung vielversprechend und gewinnbringend – angesichts des drohenden Stadtumbaus, der für die Bewohner:innen des Quartiers Quang Trung Abriss und Verdrängung bedeuten würde, gewinnt ihre städtebauhistorische Ethnografie auch an politischer Relevanz
Campus Bockenheim Revisited : Rezension zu Schardt, Jürgen (2018): Architektur einer bürgerlichen Gesellschaft. Frankfurter Universitäts- und Stadtbauten im Kontext ihrer Geschichte zwischen 1906 und 1956. Münster: Westfälisches Dampfboot
Jürgen Schardt legt eine umfassende Studie zur Architektur der Stadt- und Universitätsbauten in Frankfurt am Main von 1906 bis 1956 vor. Besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf den gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen der Architekturproduktion und einer kritischen Revision der etablierten Historiografie der Goethe-Universität. Der Autor widmet sich in drei Teilen jeweils dem Kaiserreich und der Gründung der Hochschule im Jahr 1914, der Zeit der Weimarer Republik sowie der Jahre des Aufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg. Schardt untersucht die entstandenen Gebäude hinsichtlich schlüssiger Kriterien bürgerlicher Architektur, beleuchtet aber auch andere für die Hochschulgeschichte relevante Rahmenbedingungen. Die lesenswerte Studie verbindet dabei Aspekte der Sozial-, Wissenschafts- und Architekturgeschichte
Campus Bockenheim Revisited
Jürgen Schardt legt eine umfassende Studie zur Architektur der Stadt- und Universitätsbauten in Frankfurt am Main von 1906 bis 1956 vor. Besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf den gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen der Architekturproduktion und einer kritischen Revision der etablierten Historiografie der Goethe-Universität. Der Autor widmet sich in drei Teilen jeweils dem Kaiserreich und der Gründung der Hochschule im Jahr 1914, der Zeit der Weimarer Republik sowie der Jahre des Aufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg. Schardt untersucht die entstandenen Gebäude hinsichtlich schlüssiger Kriterien bürgerlicher Architektur, beleuchtet aber auch andere für die Hochschulgeschichte relevante Rahmenbedingungen. Die lesenswerte Studie verbindet dabei Aspekte der Sozial-, Wissenschafts- und Architekturgeschichte
Keine Angst vor der Vergangenheit?
Die Arbeit von Harald Bodenschatz (2011) und seinen Mitautor:innen zum Städtebau im faschistischen Italien hat vor zehn Jahren Wegweisendes in der Städtebauhistoriographie geleistet. Nun wurde das seit Jahren vergriffene Buch neu aufgelegt und behutsam erweitert. Es hat viele Folgestudien inspiriert. Eine davon ist die Arbeit der Denkmalpflegerin Birgit Knauer (2022), die sich mit der „Assanierung“ der Stadt Wien im Austrofaschismus auseinandersetzt. Die Werke zeigen, wie Städtebau durch diktatorische Regime benutzt wurde, um Repression auszuüben oder Konsens herzustellen, und als wirtschaftspolitisches Programm der beschleunigten industriellen Entwicklung sowie zur volkswirtschaftlichen Erholung in und nach Krisenzeiten diente. Dabei spielen Propaganda, Geschichtsbilder, Zukunftsverheißungen und nicht zuletzt europäische Netzwerke eine Rolle
Mit Tropenhelm in Thüringen: Rezeption und Repräsentation Albert Schweitzers in Weimar seit 1960
Das Albert-Schweitzer-Denkmal in Weimar wurde 1968 aufgestellt und gilt als weltweit erstes Denkmal zu Ehren des Arztes, Theologen und Pazifisten (1875-1965), der durch sein Wirken in Lambaréné (Gabun) weltweit berühmt geworden ist. Das Denkmal ist Ausdruck einer spezifischen Begeisterung und Unterstützung für Albert Schweitzer in der DDR. Diese war gut organisiert und staatlich verankert. Insbesondere die Block-CDU und ihr Vorsitzender Gerald Götting bemühten sich um die Popularisierung Schweitzers in der DDR. Das Denkmal des Bildhauers Gerhard Geyer von 1968 allerdings kann im Lichte seiner rassifizierenden Bildsprache als Teil einer kolonialistischen Ikonographie in der Schweitzer-Rezeption gewertet werden. Diese ist allerdings kein spezifisch ostdeutsches Phänomen. In Weimar, einem Schaufenster des Staatssozialismus, finden das Denkmal und eine Albert-Schweitzer-Gedenkstätte einen erinnerungspolitischen Kontext, der sich bis heute im Kern erhalten hat. Gleichwohl ist das Wissen über die Geschichte der Schweitzer-Rezeption in Weimar und in der DDR weitestgehend begrenzt.In 1968, a monument for Albert Schweitzer (1875-1965) was erected in Weimar. It is presumably the first of its kind honouring the doctor, theologian, and pacifist, who was internationally renowned for his engagement in Lambaréné’s hospital in Gabon. The erection of the statue was organised by the German Democratic Republic (GDR), and, thus, represented the socialist state's ardour and support for Albert Schweitzer. In particular, the Christian Democratic opposition party, together with its chairman Gerald Götting, sought to popularise Albert Schweitzer in the GDR. The monument though - sculpted by Gerhard Geyer in 1968 - employs a racialised imagery that contributes to a colonialist iconography of Albert Schweitzer, a phenomenon not restricted to East Germany. In Weimar - a showcase of state socialism - the monument represents a specific place of encounter and memorial and, thus, enacts a historical politics of remembrance. Nonetheless, common knowledge of the history of aid for Lambaréné is rare in Weimar and Eastern Germany