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»All you need is a marker pen!« : Text Deletion as a post-avant-garde Procedure in Contemporary Poetry
In der Gegenwartslyrik kommen immer öfter Geräte zum Einsatz, die bislang nicht als künstlerische Werkzeuge galten und deren Zweck in der kreativen Zerstörung besteht. Anstatt ein Werk gleichsam aus dem Nichts heraus zu erschaffen, bringen sie durch Demontage des schon Bestehenden etwas Neues hervor. Verwendung findet dieses Verfahren der Texttilgung in der so genannten »Erasure Poetry«. Damit ist eine Form der Lyrikproduktion bezeichnet, bei der es darauf ankommt, einen vorhandenen Text mit einem zum Übermalen geeigneten Büroutensil, vorzugsweise einem schwarzen Filzmarker, nach bestimmten Regeln zu bearbeiten. Der Aufsatz geht der Frage nach, was sich ändert, wenn Texte nicht mehr geschrieben, sondern durchgestrichen werden. Beispiele aus verschiedenen Gebrauchszusammenhängen zeigen das Spektrum gestalterischer Möglichkeiten und zugleich die unterschiedlichen Funktionen auf, die die erasure erfüllen kann: als kollektive Praxis dient sie der Selbsttherapie und Lebensbewältigung; als artistisches Verfahren dagegen kommt sie derzeit in vielen Lyrikbänden und Künstlerbüchern zum Einsatz, die den herkömmlichen Umgang mit Literatur ebenso in Frage stellen wie bestimmte Praktiken der Macht. Die erasure erweist sich hier als ästhetische Strategie der Offenlegung verschwiegener, negierter oder vom Vergessen bedrohter Inhalte. Entscheidend in produktions- wie wirkungsästhetischer Hinsicht ist dabei der Bruch mit konventionellen Darstellungsweisen. Er manifestiert sich in der Art, wie die übrig gebliebenen Wörter oder Lettern auf der Buchseite angeordnet und in Beziehung zu den sie umgebenden leeren Flächen gesetzt werden: Word placement und white space managment bezeichnen die beiden zentralen Operationen der post-avantgardistischen Literatur und ihres page design.publishe