42 research outputs found
Qualität der Medienberichterstattung zur Minarettinitiative
Die Berichterstattung zur Minarettinitiative steht im Kontext einer fast ausschliesslich auf internationale Konfliktereignisse (Krieg, Terror) und auf die Libyenaffäre ausgerichteten Medienaufmerksamkeit für Muslime. In diesem konfliktgeladenen Kontext mit Fokus auf islamistische Terroristen erhalten pauschale Typisierungen und rigide Differenzsemantiken*, die mehrheitlich von den Befürwortern der Initiative stammen, mediale Resonanz. Die Dynamik der Berichterstattung wird durch das Minarettplakat und das Internetminarettspiel der Befürworter bestimmt. In der intensivsten Phase der Berichterstattung in den letzten zwei Monaten vor der Abstimmung herrscht eine episodische Berichterstattungsform vor. Zudem ist die Diskussion stark durch eine Fokussierung auf Formfragen (Stil, Tabubrüche) statt auf Inhalte gekennzeichnet. Auseinandersetzungen um die Angemessenheit der Problematisierungen der Muslime in der Schweiz oder um das Verhältnis von Rechtsstaat und Demokratie können sich medial kaum Gehör verschaffen. Auffallend ist die Ungleichverteilung zwischen den befürwortenden Parteien (drei Viertel der Parteienresonanz) und den ablehnenden Parteien (ein Viertel der Parteienresonanz). Damit kehren sich in der Medienberichterstattung die Mehrheitsverhältnisse im Parlament exakt um. Im Unterschied zur Debatte im Parlament inszenieren die Medien das Plebiszit als Auseinandersetzung zwischen befürwortenden Parteien und Muslimen. Gegner wie Befürworter der Initiative setzen sich praktisch nicht mit den Argumenten der jeweils anderen Seite auseinander. Auch hartnäckige Stereotypen bleiben deshalb unwidersprochen
Die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus: Deutung und Wertung eines sozialen Phänomens in der öffentlichen Kommunikation
"Die öffentliche gesellschaftliche Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus ist ein sehr diskontinuierliches Phänomen und entzündet sich in der Regel an wenigen resonanzstarken Skandalereignissen. Der Beitrag hat zum Ziel, Ursachen für diese diskontinuierliche gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus zu erfassen und mögliche Folgen zu reflektieren. Die empirische Basis für die Analyse der Ursachen, Dynamiken und Regularitäten solcher Thematisierungswellen des Rechtsextremismus bilden Daten zur öffentlichen Kommunikation, die durch eine umfassende Inhaltsanalyse aller für die gesellschaftliche Bewertung des Rechtsextremismus relevanten massenmedialen und parlamentarischen Diskussionen seit 1998 in der Schweiz gewonnen wurden. Auf der Basis dieser Daten werden drei Fragen diskutiert. Erstens: Inwieweit sind diese Skandalisierungswellen Ausdruck einer gesellschaftlichen Sensibilisierung für das Phänomen Rechtsextremismus? Als Indikatoren für die Diskussion dieser These dienen den Verfassern einerseits die Nachhaltigkeit der öffentlichen Kommunikation über Rechtsextremismus und andererseits ihr Differenzierungsgrad. Zweitens: Inwieweit sind diese Skandalisierungswellen getrieben durch eine befürchtete resp. bereits beobachtete Diffusion rechtsextremer Deutungsmuster in die Mitte der Gesellschaft? Als wichtigster Indikator hierfür ist die Verwendung rigider Differenzsemantiken durch definitionsmächtige etablierte Akteure zu nennen, die rechtsextreme Deutungsmuster erst anschlussfähig machen. Drittens: Inwieweit sind diese Skandalisierungswellen zurückzuführen auf Veränderungen der Strukturen und Bedingungen der öffentlichen Kommunikation selbst, die als Effekte des neuen Strukturwandels der Öffentlichkeit beschrieben werden? Im Licht der Strukturwandelsthese sind die Skandalisierungswellen und der 'medienplebiszitäre' Druck auf das politische System vor allem durch die Ökonomie der Aufmerksamkeitsgenerierung zu erklären - ein Prozess, der zu Aktionismus verführt und die Nachhaltigkeit der politischen Moral zu entwerten droht." (Autorenreferat
Presse - gedruckt und online
Die Anbieter traditioneller Printmedien sehen sich mit der Herausforderung konfrontiert, dass sich die Mediennutzung
auch 2016 weiter ins Netz verschiebt. Allerdings vermögen nicht alle Printmedientypen die Reichweitenverluste der Printausgaben durch ihre entsprechenden Onlineangebote wettzumachen. Während 2016 die regionalen Abonnementszeitungen die Reichweitenverluste im Printbereich mehrheitlich durch ihre Onlineausgaben kompensieren können, gelingt dies den zwar reichweitestärkeren, aber in Konkurrenz zu den Pendlerzeitungen stehenden Boulevardzeitungen 2016 nicht einmal annähernd. Verlagshäuser der traditionellen Presse reagieren auf sinkende Reichweiten und Werbeerträge mit der Zusammenlegung ehemals unabhängiger (Redaktions-)Einheiten. Zudem lassen sich Versuche beobachten, die geringe Werbeakzeptanz der Nutzer online durch Native-Advertising-
Massnahmen zu umgehen. Einige Verlagshäuser versuchen auch, im durch die Tech-Intermediäre dominierten Markt der Nutzerdaten langsam Fuss zu fassen. Schliesslich versuchen die regionalen Abonnementszeitungen verstärkt, ihr Onlineangebot durch eine Paywall bezahlpflichtig zu machen. Die Qualitätsanalyse der Inhalte zeigt, dass im Zeitverlauf die Qualität der Onlineausgaben steigt und sich jener der zugehörigen Printausgaben angleicht. Die Qualitätsverbesserung im Onlinebereich 2016 verdankt sich primär der gesteigerten Vielfalt in der Berichterstattung
"Das sensibelste Kontrollsystem in einer Demokratie" : Flüchtlinge als Thema der öffentlichen politischen Kommunikation in der Schweiz 1938 bis 1947
Das sensibelste Kontrollsystem in einer Demokratie: Flüchtlinge als Thema der öffentlichen politischen Kommunikation in der Schweiz 1938 bis 1947
Patrik Ettinger
Diese Studie analysiert die öffentliche politische Kommunikation über Flüchtlinge anhand der Berichterstattung von Leitmedien der Deutschschweiz und der Romandie. Die Befunde werden durch die Analyse der medialen Diskussionen um die Stellung der Schweiz zum nationalsozialistischen Konzept des "Neuen Europa" (1940/41) sowie der schweizerischen Nachkriegsdiskussionen im Krieg (1942-1945) ergänzt und kontextuiert. Die Konzentration auf die mediale Kommunikation als Untersuchungsgegenstand begründet sich durch die Bedeutung der öffentlichen politischen Kommunikation für die Selektion der entscheidungsbedürftigen politischen Themen und die Legitimation politischen Handelns. Ausgehend von einer theoriegeleiteten dreistufigen Fragestellung, welche die drei Aspekte Wahrnehmung (im Sinne von Aufmerksamkeitsgenerierung), Deutung und Handlung zueinander in Beziehung setzt, fokussiert die Analyse die Fragen, welcher Stellenwert der Flüchtlingsfrage während des Zweiten Weltkrieges und der unmittelbaren Nachkriegszeit beigemessen wird, welcher Handlungsbedarf und welche Handlungsoptionen wahrgenommen und welche Zukunftserwartungen geäussert werden. Zudem interessiert, wie die flüchtlingspolitischen Entscheide legitimiert und beurteilt werden. Die Studie zeigt die diskontinuierliche doch generell geringe Aufmerksamkeit für flüchtlingsrelevante Themen, die mangelnde Reflexion von Fluchtgründen in der Diskussion um die schweizerische Flüchtlingspolitik sowie ein Selbstverständnis als Transitland mit sehr beschränkter Aufnahmekapazität. Zugleich konnte anhand einer breiten Berichterstattung über die Kinderhilfe die Vorstellung einer humanitären Tradition ungebrochen aufrecht erhalten werden. All dies führte dazu, dass die problematischen Aspekte der schweizerischen Flüchtlingspolitik kaum thematisiert wurden.
This study analyses the public political communication relating to refugees on the basis of news coverage by leading newspapers of German- and French-speaking Switzerland. The findings are rounded off with and put into context by an analysis of media discussions on Switzerland's attitude towards the national socialist idea of a "New Europe" (1940/1941) as well as of Swiss post-war discussions held during the war (1942-1945). Taking media communication as the main focus of investigation can be justified by the key role public political communication plays in the process of selecting political issues requiring decision and in the legitimation of political action The study focuses essentially on question such as: What importance does the news media coverage ascribe to the issue of refugees during Word War II and the consecutive post war period? What need for action and which course of action is perceived? Which future prospects are expressed? The judgement passed on the decision-making process of public bodies concerned with refugee-related matters is also of interest. The emerging results show that the selected media sample pays a discontinuous and, in general, little attention to refugee-related topics. The discussion about Swiss refugee policy reveals a lack of reflection in considering possible motifs for taking refuge. Furthermore, the study's findings show how a large part of the Swiss print media perceived Switzerland as a "transit country" with only a limited capacity to grant asylum. At the same time, however, the broad news coverage on "Kinderhilfe" (children aid programmes) upheld the belief that Switzerland represented a stronghold of humanitarian tradition. All this leads to the fact that difficult aspects of Swiss refugee policy were mostly omitted from the discussion