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Technik als funktionales Äquivalent für soziale Institutionen
Technik unterstützt den Menschen seit Jahrtausenden. Mit ihren vielfältigen und wandelbaren Formen gilt sie als treibende Kraft sozialen Wandels und bekommt nicht selten Schelte dafür. Die Analyse erster Formen der Industrialisierung und Mechanisierung führten schon früh zu Fragen nach sozialen und politischen Wirkungen technischer Entwicklungen (Marx 1890/ 1989, S. 441-450). Insbesondere die Wirtschaft- und Sozialwissenschaften versuchen seit langem die vielfältigen Effekte, die durch zahlreiche Erneuerungen der Technik hervorgerufen werden, zu ergründen. Ein großer Teil der Studien beschäftigte sich dabei mit der Frage, welche Institutionen oder institutionellen Konstellationen die Durchsetzung von technischen Innovationen erleichtern bzw. erschweren. Diametral dazu führte die Analyse technikinduzierter Einflüsse auf die Entstehung und den Wandel von Institutionen zu Befunden über die Korrespondenz von Technikstrukturen und Institutionen. Wechselseitige Wirkungen zwischen Institutionen und Technik erlangten erst später und vor allem im Zusammenhang mit der vertikalen Entflechtung großer technischer Systeme im Zuge der Deregulierung einstiger Hoheitsmärkte die ihnen angemessene Forschungsaufmerksamkeit (Werle 2005). Die vorliegenden Befunde geben jedoch aufgrund ihres jeweiligen Analysefokus keine Auskunft darüber, ob bestimmte Techniken als funktionale Äquivalente soziale Innovationen abgelöst haben. Zweifelsohne gehört zum individuellen wie zum gesellschaftlichen Erfahrungsschatz, dass technische Innovationen durch andere Techniken aufgrund deren höherer Funktionalität ersetzt werden. Den institutionalistischen Analysen verdanken wir die Einsicht, dass solche Ersetzungsprozesse soziale Institutionen voraussetzen, die der neuen Technik die institutionelle Anerkennung zu geben vermögen, funktionales Äquivalent für eine andere Technik zu sein. Aufgrund zahlreicher organisationssoziologischer Studien, die sich u.a. mit der Einführung von Managementkonzepten, Controllingverfahren und Leistungsbewertungssystemen beschäftigen, steht ebenso außer Frage, dass soziale Institutionen durch andere soziale Institutionen abgelöst und institutionell legitimiert werden müssen. Daraus ergibt sich, dass eine institutionelle Analyse solcher Substitutionsprozesse unerlässlich ist, die sich auf Indizien für eine mögliche Ablösung sozialer Institutionen durch Technik bezieht. Die industriesoziologische Forschung, die danach fragt, in welcher Hinsicht die instrumentelle Rationalität von Technik zur gesellschaftlichen Rationalisierung führt, vermag in diesem Zusammenhang auch nicht weiterhelfen. Obgleich sie dezidiert den Wandel von Arbeitsanforderungen durch den Einsatz neuer Techniken thematisiert, lassen sich keine Befunde dazu identifizieren, ob in diesem Kontext soziale Institutionen durch Technik abgelöst wurden.
Mit der Frage, ob Technik als funktionales Äquivalent für soziale Institutionen in Frage kommt, wird demzufolge ein neues Terrain beschritten. Dieses Neuland soll in diesem Beitrag mithilfe einer akteursorientierten und neoinstitutionalistischen Analyse erkundet werden, bei der entsprechende organisationssoziologische Einsichten Berücksichtigung finden. Institutionen stellen in diesem Kontext kollektiv geteilte Deutungen und Typisierungen (Berger/ Luckmann 1970; Schütz 1960/1991), institutionalisierte Handlungsmuster (u.a. March/Olsen 1989, Berger/ Luckmann 1970) bzw. Regelsysteme (u.a. Schimank 1992) dar. Bei der Mehr-heit der institutionalistisch orientierten Studien wird auf den entscheidungsentlastenden Charakter von Regelsystemen (Schimank 1992) hingewiesen. An diese Konnotationen wird in diesem Beitrag angeknüpft, in dessen Mittelpunkt die Einführung eines integrierten IT-Systems zur logistischen Material-, Informations- und Auftragssteuerung in dem Handelsun-ternehmen DURANT & Söhne steht. Meine These ist, dass die mit der Erführung dieses IT-System verbundenen Veränderungen so weit reichen können, dass die neue Technik zum funktionalen Äquivalent einer sozialen Institution wird, weil sie das Potential in sich trägt, die soziale Institution „Leistungsbewertung“ effektiver auszufüllen.
Institutionelle und organisationale Voraussetzungen für den Ersatz einer sozialen Institution durch eine Technik am Beispiel der Einführung eines Lagerverwaltungs- und Steuerungssystems (LVS) zu sichten, ist Ziel dieses Beitrags. Zu diesem Zweck werden gegenstandsrelevante politikökonomische und technikbezogene Befunde umrissen (2) sowie das LVS als in-tegriertes IT-System mit logistischer Zweckbestimmung skizziert (3). Da das LVS nicht nur logistische Aufträge steuert, sondern ebenso deren Erfüllung kontrolliert, generiert es Daten, die eindeutige Rückschlüsse auf die individuell erbrachte Leistung jedes Operateurs zulassen. Anhand dieser en passant entstehenden Informationen wird daher das Potential einer technisch legitimierten Leistungsbewertung bestimmt (4.1), mit den Vorstellungen der Operateure vor Ort verglichen (4.2) und die Notwendigkeit der sozialen Einbettung einer als Institution operierenden Technik diskutiert (4.3). Abschließend wird der Vorschlag, Technik als funktio-nales Äquivalent für soziale Institutionen zu betrachten, theoretisch begründet (5) und die gesammelten Befunde in einem kurzen Fazit (6) resümiert
Kollektives Handeln zur Produktion und Allokation von Clubgütern im deutschen Profifußball
In diesem Artikel wird gezeigt, dass die Organisation von Fußball kollektives Handeln voraussetzt, weil es sich um ein Clubgut handelt und zwar auf der Ebene der Vereine und der Verbände. Im Profifußball muss neben der Produktion auch die Allokation durch kollektives Handeln geregelt werden, da in der Allokation das Clubgut teilbar ist. Dies wird am Beispiel der Frage der Verteilung der Fernsehübertragungsgelder aus der Zentralvermarktung analysiert. Die vor diesem theoretischen Hintergrund interessante Frage ist nun, warum sich die Interessen der kleinen Vereine trotz Mehrheit nur schwer organisieren lassen. Mit Hilfe einer empirischen Untersuchung, die die Regelfindung zur Verteilung der Fernsehgelder rekonstruiert, wird diese Frage beantwortet
Selling telecommunications: organisational strategy and managers' agency at the boundaries: contribution to stream IV.2 "Globalisation of Work and Workers" of the 1999 ESA Conference "Will Europe Work?", Amsterdam, August 18 - 21
"The paper pursues the question how managerial agency is being built into organisational
change both strategically and by default. We are considering key account sales managers in
telecommunications, that is, actors in a strategic boundary-spanning role in the organisation.
They are expected to generate knowledge, to enact the organisation’s innovativity and – if
possible – its control over the market environment. Beyond this, they need to implement and
anticipate the guidelines and reward systems which are supposed to guide their actions." (author's abstract
Der Mensch in der Logistik: Planer, Operateur und Problemlöser
Innerhalb des Sonderforschungsbereiches 559 analysiert das Teilprojekt M14 "Der Mensch in der Logistik", wie die Rolle des Menschen als Planer, Operateur und Problemlöser in großen Netzen der Logistik entwickelt werden kann. Das zentrale Ziel unseres Beitrags ist es, Anschlussmöglichkeiten der techniksoziologischen Analyse an das Kuhnsche Prozesskettenparadigma darzustellen. Dazu werden zunächst techniksoziologische Grundannahmen unter besonderer Berücksichtigung des soziotechnischen Systemansatz und Steuerungsmöglichkeiten komplexer Systeme resümiert (Kapitel 1) und sozialwissenschaftliche Befunde zur Rolle des Menschen in soziotechnischen System diskutiert (Kapitel 2). Fragen der Gestaltung logistischer Systeme stehen im Mittelpunkt von drei Fallstudien (Kapitel 4 bis 6), die logistische Prozesse der maritimen Containerlogistik, der Luftfracht und des Straßengüterverkehrs betreffen. Abschließend diskutieren wir, welche spezifischen Kompetenzen den Menschen befähigen, die logistischen Prozesse zu gestalten und unvorhersehbare Situationen zu bewältigen
Der Mensch in der Logistik: Planer, Operateur und Problemlöser
"Innerhalb des Sonderforschungsbereiches 559 analysiert das Teilprojekt M14 'Der Mensch in der Logistik', wie die Rolle des Menschen als Planer, Operateur und Problemlöser in großen Netzen der Logistik entwickelt werden kann. Das zentrale Ziel des Beitrags ist es, Anschlussmöglichkeiten der techniksoziologischen Analyse an das Kuhnsche Prozesskettenparadigma darzustellen. Dazu werden zunächst techniksoziologische Grundannahmen unter besonderer Berücksichtigung des soziotechnischen Systemansatz und Steuerungsmöglichkeiten komplexer Systeme resümiert (Kapitel 1) und sozialwissenschaftliche Befunde zur Rolle des Menschen in soziotechnischen System diskutiert (Kapitel 2). Fragen der Gestaltung logistischer Systeme stehen im Mittelpunkt von drei Fallstudien (Kapitel 4 bis 6), die logistische Prozesse der maritimen Containerlogistik, der Luftfracht und des Straßengüterverkehrs betreffen. Abschließend diskutieren die Autoren, welche spezifischen Kompetenzen den Menschen befähigen, die logistischen Prozesse zu gestalten und unvorhersehbare Situationen zu bewältigen." (Textauszug
Charismatische Momente und Trajekte: das Projekt als Plattform charismatischer Führung
"Der vorliegende Aufsatz identifiziert mögliche Funktionen und Folgen sowie Risiken von
Charisma in der Organisation aus soziologischer Sicht. Charisma in Organisationen antwortet
auf das Unsicherheits- und Innovationsproblem. Zwei Modelle charismatischer Führung
werden entwickelt: Ein funktionales Modell, in dem Charisma organisationelle Zwecke und
Rationalitäten gebunden an Personen verkörpert und ein an Weber angelehntes Trajektmodell,
das die Dynamik charismatischer Führungsbeziehungen verfolgt. Charismatische Trajekte in
Organisationen werfen das Folgeproblem der Einhegung auf. Projekte werden als eine
mögliche Form dieser Begrenzung vorgestellt. Mit dem Fallvergleich eines Projekts, das
einem charismatischen Trajekt folgt und eines anderen, in dem Charisma auf Momente und
Deutungen begrenzt ist, werden diese Überlegungen überprüft. Charismatische Führung im
Trajektmodell erweist sich dabei als riskant. Das funktionale Modell gewinnt an
Tiefenschärfe in Gestalt charismatischer Situationen und Momente. Diese können Impulse für
kreatives Handeln liefern, Innovationen auf eine breitere Grundlage stellen und den Anschluß
an den Alltag erleichtern." (Autorenreferat
Gemeinwohl und Dezentralisierung am Beispiel der Reorganisation der Deutschen Telekom AG
"Die 'alte' Post vor den Postreformen bildete ein vergleichsweise stabiles Ensemble aus flächendeckender Versorgung mit standardisierter Infrastruktur, Gemeinwohlorientierung, stabil segmentierten Beschäftigungsverhältnissen und hierarchischer Steuerung. Die Postreformen I und II und schließlich die Privatisierung haben hier Transformationsprozesse angestoßen, die die alten Verpflichtungen ökonomisieren und flexibilisieren. Die Umwelt wird als Markt modelliert; an die Stelle standardisierter Angebote treten nach Umsatz differenzierte Dienstleistungen; Quersubventionierungen und Intransparenzen werden aufgehoben und damit Kosten ihren Verursachern zugerechnet (z. B. die neuen Telefontarife). Auch intern werden pretiale Steuerungsmechanismen eingesetzt, wiewohl sie durch Verhandlungen gefiltert werden. Damit sind Enthierarchisierungs- und Dezentralisierungstendenzen verbunden, in Gestalt von Zielvereinbarungsprozessen, Funktionsverlust der alten Mittelbehörden, Flexibilisierung der Beschäftigungsverhältnisse. Auch den Börsengang kann man als Dezentralisierung der Besitzverhältnisse verstehen. Die Gemeinwohlorientierung wird dabei einerseits in die Wahrnehmung von zahlungskräftiger Nachfrage bzw. von Kostenfaktoren übersetzt, andererseits weiterhin als politische Regulierungsauflage vorgegeben. Es gibt jedoch Hinweise, daß die alten Bindungen zur Bearbeitung der Probleme der Transformation nicht umstandslos gekappt werden können: Die Öffentlichkeit muß nunmehr als bestehend aus shareholders und stakeholders, Kunden, (potentiellen) Anlegern und politischen Akteuren berücksichtigt werden. Sie setzen etwa Fragen nach Sozialverträglichkeit und elektronischen Bürgerrechten auf die Tagesordnung. Beschäftigte müssen Flexibilität- und Mobilitätsanforderungen aushalten, Marktlogiken implementieren und dabei veranlaßt werden, die Interessen des Gesamtunternehmens im Blick zu behalten. Um zwischen 'alt' und 'neu', Gemeinwohl und Ökonomisierung Handlungsspielräume des Unternehmens zu erhalten und auszubauen, scheint die Telekom daher durchaus selektiv, aber nicht notwendigerweise strategisch auf alte Orientierungen zurückzugreifen, wie am Beispiel der Inszenierung des Börsengangs mit Belegschafts- und 'Volksaktien' deutlich wird." (Autorenreferat
Zwischen Beamtentum und Börse: Positionierungen der Telekom
Die Verfasserinnen analysieren die Deregulierung der Telekommunikation in der Bundesrepublik anhand von drei Beispielen: der Transformation des Beschäftigungsverhältnisses der Beamten, der Regulierung des de facto verbliebenen Fast-Monopols der "letzten Meile" der Leitungen in die Haushalte im Telefon-Festnetz und dem Börsengang der Telekom. Sie untersuchen damit die rechtlichen, technischen und wirtschaftlichen Dimensionen des Deregulierungsprozesses. Die genannten Beispiele machen deutlich, wie ein ehedem öffentliches Monopolunternehmen unter Bedingungen weit gehender Privatisierung und Re-Regulierung weder zum Spielball seiner Umwelt wird noch umfassend mit seiner Vergangenheit bricht. Das Unternehmen sucht die Bestände an Regelungen, Wissen, Kompetenz und Technologie des ehemaligen Monopolisten selektiv in Ressourcen zu konvertieren, die unter den spezifischen Marktbedingungen des Telekommunikationssektors seine Handlungsfähigkeit garantieren. Die Parallelführung von inszeniertem Strukturbruch und institutioneller Kontinuität sichert der Telekom Flexibilisierung und Strategiefähigkeit. (ICE2