18 research outputs found
'aufgeweckte Einfälle' und 'sinnreiche Gedanken' - Witz und Humor in Ouvertürensuiten Georg Philipp Telemanns
Witz und Humor können eine durchaus ernste Angelegenheit sein – insbesondere dann, wenn man die Wortbedeutung während der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts berücksichtigt. Denn Witz wurde damals als ein Zeichen für Bildung und als ein geistreiches Spiel angesehen. Der Humor wurde davon wiederum deutlich abgegrenzt: Zunächst einfach als Stimmung, Laune oder Charakter einer Person verstanden, rückte zunehmend das von den etablierten Normen einer Gesellschaft abweichende Verhalten in den Fokus.
Diese Bedeutungsfacetten der beiden Phänomene stellen in der vorliegenden Studie Ausgangspunkte für die Betrachtung einzelner Ouvertürensuiten Georg Philipp Telemanns dar. Wie Witz und Humor in einem ambivalenten Verhältnis zu Konventionen und Normen stehen, so spielt Telemann in seinen Ouvertürensuiten vielfach mit Form- und Hörerwartungen. Programmatische Titel oder Satzüberschriften verweisen etwa auf diverse außermusikalische Gebiete und führen zu einem Spiel mit Analogien.
Bei den Analysen und Interpretationen der schwerpunktmäßig herausgegriffenen Ouvertürensuiten wurden jeweils alle Einzelsätze sowie die Kompositionen als Ganzes unter Berücksichtigung ihrer (möglichen) Entstehungsumstände und dem vermutlichen Erfahrungs- und Wissenshorizont der Zeitgenossen betrachtet. Bei diesem Zusammenspiel zwischen analytischer Betrachtung und Kontextualisierung zeigt sich, in welch durchdachter und vielfältiger musikalischer Gestaltung Telemann die diversen Ereignisse und Strömungen seiner Zeit auch auf Seiten der Ouvertürensuiten rezipierte und musikalisch verarbeitete. Außerdem wird deutlich, dass das damalige Verständnis von Witz und Humor als ein Spiel mit Konventionen und dem Darstellen von Charakteren auf dem Gebiet der Instrumentalmusik ebenfalls eine wichtige Rolle spielt
Historische Aufführungspraxis in Wiener Konzertsälen, Saison 2007/2008
Die Diplomarbeit ist als explorative Studie konzipiert, da im Bereich der historischen Auf-führungspraxis kaum musiksoziologische Publikationen existieren. Ziel der Arbeit war die Bestandsaufnahme der Originalklangkonzerte in Wiener Konzertsälen in der Konzertsaison 2007/2008, wobei der Fokus auf (Wiener und österreichischen) Ensembles und Orchestern lag.
Zunächst wurden die Termini „Alte Musik“, „historische Aufführungspraxis“ und „Werk-treue“ erörtert und für die Arbeit so weit als möglich festgelegt. Aus der angestrebten Werk-treue in den Interpretationen von Originalklangensembles ergibt sich die Notwendigkeit zu Kompromissen und individuellen Lösungen, wie im Laufe der Arbeit öfter thematisiert wurde.
Im zweiten Kapitel wurden die bedeutendsten Originalklangensembles im Wiener Musik-leben und ihre künstlerischen Leiter vorgestellt, darunter: der Concentus Musicus Wien unter der Leitung von Nikolaus Harnoncourt, das Clemencic Consort unter der Leitung von René Clemencic, die Wiener Akademie unter der Leitung von Martin Haselböck, das Quatuor Mosaiques sowie dessen Primgeiger Erich Höbarth, Ars Antiqua Austria unter der Leitung von Gunar Letzbor und andere. Diese Ensembles haben eigene Abonnementzyklen in Wien.
Daran anschließend wurden Spielstätten und Programme in der Saison 2007/2008 in Wien dargelegt, wobei sich die Erhebung auf publizierte Veranstaltungskalender, Abonnement-programme und Datenbankrecherchen stützte. Konzerte des Musikvereins, des Konzerthauses, des Theaters an der Wien und der Wiener Kammeroper, die von Originalklangensembles gespielt wurden, sind in der Arbeit aufgelistet und besprochen. Darüber hinaus wurden Festivals wie die Resonanzen, der Osterklang, Barocke Festtage sowie das Haydn-Jahr 2009 auf Originalklangensembles hin analysiert. Hinweise auf Veranstaltungsreihen und freie Produktionen veranschaulichen, dass Alte Musik nicht nur in institutionalisiertem Rahmen stattfindet, sondern auch in Museen, Theatern und anderen Einrichtungen.
Dabei ist die Vielfalt des Repertoires und der Programme, die zeitliche Ausdehnung über mehrere Jahrhunderte Musik, die heute von Spezialisten der historischen Aufführungspraxis gespielt wird, sehr deutlich zu sehen: vom 12. bis zum 20. Jahrhundert. Originalklangensemb-les spielen teilweise dieselben Werke wie moderne Symphonieorchester, der Schwerpunkt dieser Überschneidung dürfte derzeit auf der Wiener Klassik liegen, wobei erste Original-klangorchester auch Musik der Romantik spielen. Als Fazit gilt, dass das Potential der Auftrittshäufigkeit von Wiener und österreichischen Originalklangensembles größer wäre, derzeit liegen viele von ihnen bei weniger als zehn Konzerten pro Saison in Wien und sind daher auf Gastspiele bei Festivals in Österreich und internationale Gastspiele angewiesen.
Für die Interpreten, denen das vierte Kapitel gewidmet ist, ergibt sich daraus, dass ihnen im Bereich der Alten Musik keine Anstellungen angeboten werden sondern Werkverträge für (einzelne) Konzerte oder Produktionen, sie ein unternehmerisches Risiko haben und teilweise in mehreren Ensembles mitwirken. Bei Überschneidungen von Projekten unterschiedlicher Formationen kommt es für den einzelnen Instrumentalisten zu Interessenskonflikten. Für den künstlerischen Leiter, der im Bereich der Alten Musik meist der Gründer des Ensembles ist, ergibt sich daraus eine spezifische Anforderung, da das Ensemble weitgehend über ihn identi-fiziert wird und werden muss. Gastdirigenten sind bei den besprochenen Ensembles eher selten eingeladen, die künstlerische Leiter dirigieren oder leiten nahezu alle Konzerte selbst.
Abschließend befasst sich die Arbeit mit verschiedenen Tendenzen der historischen Auf-führungspraxis, wie der Ausweitung des Repertoires, der zunehmenden Institutionalisierung, der Szientifizierung und Rationalisierung bzw. mit dem sich ändernden Verhältnis zu Quellen bei jungen Musikern. Auch Medien und zeitgenössische Kompositionen für historische europäische Instrumente sind Themen, die im fünften Kapitel kurz angesprochen werden, wie auch Anregungen für weiterführende Analysen (Demokratisierungstendenzen, Geschlechter-verhältnis, Einfluss auf moderne Symphonieorchester).
Die Größenordnung der Alten Musik in Wien, die Beständigkeit der Nachfrage des Publi-kums, die Ausbildung von Institutionen, die zeitliche Ausdehnung der historischen Auf-führungspraxis auf nahezu ein Jahrhundert legen musiksoziologische Fragestellungen nahe, auch weil die Reflexion über diese relativ junge Entwicklung im Bereich der Ernsten Musik bisher nahezu ausschließlich von Musikwissenschaftern und Interpreten geleistet wird
Das Instrumentalrepertoire der Dresdner Hofkapelle in den ersten beiden Dritteln des 18. Jahrhunderts. Überlieferung und Notisten: Bericht über das internationale Kolloquium vom 23. bis 25. Juni 2010
Als glanzvollste Phase der Dresdner Musikgeschichte gilt die Zeit der sächsisch-polnischen Union (1697-1763), die mit der Wahl Augusts des Starken zum König von Polen begann und mit dem Frieden von Hubertusburg endete. Die herausragende Qualität der damaligen Hofmusik erstreckte sich nicht nur auf Oper und Kirche, sondern auch auf die Instrumentalmusik. Bester Beweis ist das etwa 1.800 Notenhandschriften umfassende höfische Instrumentalrepertoire jener Zeit, das bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts den 'Schranck No: II' der Hofkirche füllte. Der Bestand wurde von 2008 bis 2011 im Rahmen eines DFG-Projekts digitalisiert und wissenschaftlich erschlossen. Im Jahr 2010 fand an der SLUB Dresden das Begleitkolloquium 'Das Instrumentalrepertoire der Dresdner Hofkapelle in den ersten beiden Dritteln des 18. Jahrhunderts - Überlieferung und Notisten' statt. Eine Auswahl der dort gehaltenen Vorträge wird in vorliegendem Band veröffentlicht