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Funktionelle Charakterisierung minorer Komponenten des plastidären Kompartiments und ihre Bedeutung für thylakoidale Signaltransduktionsprozesse
Pflanzen sind aufgrund ihrer sessilen Lebensweise an die Bedingungen ihres Standortes
gebunden. Zur Aufrechterhaltung ihrer photosynthetischen Effizienz, insbesondere unter
transienten Veränderungen des Lichtregimes, haben höhere Pflanzen eine Reihe molekularer
Anpassungsmechanismen entwickelt, die sowohl kurz- als auch längerfristige Adaptationen des
Photosyntheseapparates ermöglichen. Für die einzigartige Dynamik der photosynthetischen
Membran höherer Pflanzen spielen die reversible Phosphorylierung von Thylakoidmembranproteinen
und komplexe Protein-Protein-Interaktionen unter Beteiligung multifunktioneller,
regulatorischer Proteine herausragende Rollen. Hauptziel der vorliegenden Arbeit war es, durch
die Identifikation und die funktionelle Charakterisierung minorer Komponenten des plastidären
Kompartiments, vor allem der Thylakoidmembran, weitere Erkenntnisse zur Aufklärung der
Signaltransduktionsmechanismen beizutragen, die die Lichtenergie mit physiologischen
Reaktionen verknüpfen. Die Ergebnisse können wie folgt zusammengefaßt werden:
1. Die Existenz multipler, membranintegraler Proteinkinasen in den Thylakoidmembranen aus
Spinatchloroplasten wurde durch den Nachweis von sechs minoren, kinaseaktiven
Polypeptiden in Cytochrom b/f-Komplex-angereicherten, subthylakoidalen Fraktionen
bekräftigt. Die Instabilität der in Abwesenheit des Kinasesubstrats HistonIII-S renaturierten
Aktivitäten im basischen Milieu spricht für eine Autophosphorylierung der potentiellen
Proteinkinasen an Serin- oder Threoninresten.
2. Die 64 kDa-Komponente AMS6 wurde mit dem monospezifischen Antikörper gegen den NTerminus
seiner Aminosäuresequenz als membranintegrale Komponente gestapelter
Regionen der Thylakoidmembran identifiziert. AMS6 ist weder mit der phosphorylierbaren
Polyphenoloxidase noch der redoxkontrollierten LHCII-Kinase identisch, was mit Hilfe
hochauflösender Gelsysteme bzw. durch Perfusionschromatographie subthylakoidaler
Thylakoidmembranfraktionen gezeigt wurde. Die funktionelle Rolle von AMS6, dessen
Assoziation mit dem trimeren LHCII-Komplex, nicht aber mit PSII-LHCII-Superkomplexen
nachgewiesen werden konnte, ist unklar. Eine mögliche regulatorische Rolle der 64 kDa-
Komponente in der Modulation des Absorptionsquerschnittes am PSII wird diskutiert.
3. Die potentielle Sensorkinase AMS9 (58 kDa) wurde mit dem heterologen Antikörper gegen
das mutmaßliche cyanobakterielle Homologe slr0311 als periphere Komponente der
Thylakoidmembran identifiziert. Die Interaktion mit der Stromaseite der photosynthetischen
Membran erfolgte über schwache hydrophobe und elektrostatische Wechselwirkungen. Die
Akkumulation von AMS9 in den ungestapelten Regionen der Thylakoidmembran war
konsistent mit seiner Assoziation mit dem PSI. Die mögliche Funktion von AMS9 als
Sensorkinase eines thylakoidalen Zwei-Komponenten-Signaltransduktionssystems unter
Beteiligung des komplexen Polypeptids TTP30 wurde am Beispiel des rekombinanten cyanobakteriellen Homologen untersucht. Die Zerstörung des slr0311-Gens im Genom von
Synechocystis sp. PCC6803 eignete sich unter den Versuchsbedingungen jedoch nicht zur
Aufklärung der physiologischen Rolle von AMS9 in Spinatchloroplasten.
4. Das komplexe Polypeptid TTP30, für das in den Genomen von Spinacia oleracea L. und
Arabidopsis thaliana L. mehr als ein Gen existiert, wurde durch den in organello-Import des
in vitro-translatierten Vorläufers als plastidäre Komponente identifiziert. Das importierte
Protein konnte über einen kurzen hydrophoben Abschnitt am C-Terminus mit der Thylakoidmembran
interagieren. Die Deletion des potentiellen Membranankers führte zur
Akkumulation des C-terminal verkürzten Proteins im Stroma. Die proteolytischen
Erkennungssequenzen seiner größeren hydrophilen Domäne waren der Protease-Aktivität im
Stroma durch die räumliche Anordung des charakteristischen, zentralen Tetratricopeptid-
"repeat"-Moduls vermutlich nur bedingt zugänglich.
5. Der polyklonale Antikörper gegen den rekombinanten TTP30-Vorläufer identifizierte ein 34
kDa-Polypeptid im Stroma von Spinatchloroplasten, ein Ergebnis, das der thylakoidalen
Lokalisation des in vitro importierten Proteins widersprach. Als möglicher Faktor, welcher
die Spezifität des Antikörpers neben der komplexen Struktur des Vorläuferproteins
beeinflussen könnte, wurde die Bindung von Calciumionen an das mutmaßliche "helix-loophelix"-
Motiv in der N-terminalen Domäne von TTP30 untersucht.
6. Die DNS-Bindeaktivität des mutmaßlichen "helix-loop-helix"-Motivs von TTP30 wurde
durch die "South-Western"-Analyse nachgewiesen. Der rekombinante TTP30-Vorläufer
konnte Plastiden-DNS aus Spinatchloroplasten in vitro spezifisch binden. Seine säurestabile
in vitro-Phosphorylierung sprach für die Regulation der potentiellen DNS-Bindeaktivität
durch die posttranslationale Modifikation eines Serin- oder Threoninrestes. Eine mögliche
Modulation seiner Aktivität im Sinne eines klassischen Zwei-Komponenten-Systems
bestätigte sich nicht. Der Asparaginsäurerest D95 in der N-terminalen, "response regulator"-
ähnlichen Domäne des rekombinanten Vorläufers übernahm in vitro keine Phosphorylgruppe
von der prokaryotischen Sensorkinase EnvZ.
7. Mit dem kernkodierten Immunophilin TLP40 ist eine weitere plastidäre Komponente mit
komplexer, molekularer Struktur untersucht worden. Das Protein war in seiner temporär
membrangebundenen Form mit dem Cytochrom b/f-Komplex in den ungestapelten Regionen
der Thylakoidmembran assoziiert. Seine lateral heterogene Verteilung und die
Diskriminierung der Komplexe in den Granastapeln wurden im Zusammenhang mit der
regulatorischen Interaktion von TLP40 und einer thylakoidalen Serin-/Threoninphosphatase
vom Typ 2A untersucht.
8. Die reversible Interaktion von TLP40 im Thylakoidlumen mit der Innenseite der
photosynthetischen Membran aus Spinatchloroplasten wurde in einem Zwei-Phasen-
Polymersystem unter Verwendung von "inside-out"-Membranvesikeln nachgewiesen. Zur
Identifikation essentieller Interaktionsbereiche wurden verschiedene rekombinante
Deletions- und Punktmutanten von TLP40 hergestellt, die entweder keinen funktionellen
Leucin-"zipper" besaßen und/oder denen die mutmaßlichen Phosphatasebindestellen im Nterminalen
Abschnitt fehlten.
9. Das Gleichgewicht zwischen "freiem" TLP40 und seiner membranassoziierten Form konnte
in vitro durch submillimolare Cyclosporin A-Konzentrationen zugunsten des "freien" Anteils
verschoben werden. Die reversible Interaktion von TLP40 mit der Innenseite der
Thylakoidmembran beeinflußte die Dephosphorylierungsrate thylakoidaler Phosphoproteine
und war ein weiterer Hinweis auf eine regulatorische Interaktion des komplexen
Immunophilins im Thylakoidlumen mit einer membranintegralen Proteinphosphatase vom
Typ 2A.
10. Das Modell der transmembranen Signaltransduktion, die über die katalytische Aktivität der
membranintegralen Proteinphosphatase auf der Stromaseite die Stabilität, die Degradation
und den Umsatz der Polypeptiduntereinheiten des PSII-Holokomplexes koordinieren soll,
wurde anhand zweier molekularbiologischer Ansätze untersucht. Weder die Expression der
Antisens- bzw. Sens-RNS für TLP40 in A. thaliana L. noch die Inaktivierung des Gens für
das potentielle cyanobakterielle Homologe sll0408 konnten jedoch unter den gewählten
Versuchsbedingungen einen detaillierteren Einblick in die physiologische Bedeutung des
komplexen Immunophilins TLP40 im Thylakoidlumen von Spinatchloroplasten geben