Digitale Bibliothek Mecklenburg-Vorpommern (Universität Greifswald)

Theologische Beiträge

368Der Bibliolog als besonderes Gemeinschaftserlebnis__________________________________________ Kristina Imwalle„Besonders“ ist ein interessantes Wort: wie ein gut durchgeführter Bibliolog lässt dieses Wort Raum für die eigenen Interpretationen.Manch einer mag den Bibliolog als ein wenig „besonders“ empfinden im Sinne von speziell, ungewohnt, ja vielleicht sogar unangenehm.Ich bin mir fast ganz sicher, dass diese Konnotation von „besonders“ nicht gemeint war, als mir der obige Titel für einen Vortrag auf dem Symposium vorgeschlagen wurde. Den Vorschlag habe ich gern angenommen, besonders auch, weil das Wort „besonders“ in meinen Interviews zum Thema „Bibliolog erleben“ eine besondere Rolle spielt. Denn: zur Beschreibung des Bibliolog-Geschehens wird gerne auf dieses Wort zurückgegriffen.Seit Anfang 2019 beschäftige ich mich im Rahmen einer qualitativen empirischen Studie mit der Frage, wie der Bibliolog erlebt wird und ob bei den Teilnehmenden Auswirkungen auf das Verhältnis zu biblischen Texten feststellbar sind. Anhand von 15 Interviews, die hypothesengenerierend ausgewertet werden, entdecke ich spannende Themen wie die Intensität des Rollenengagements, die Einnahme neuer Perspektiven oder auch das häufig zur Sprache gebrachte Thema des Gemeinschaftserlebnisses im Bibliolog.Nachdem in einigen ersten Interviews – sogenannten Pretests, die geführt werden, um einen guten Grundstock an Fragen, den Interviewleitfaden, zu entwickeln – das Wort „besonders“ auffallend häufig Verwendung fand, entschied ich mich, selbst davon Ge-brauch zu machen und dieses Wort in meine Interviewfragen aufzunehmen. Aufgrund der bereits erwähnten Deutungsoffenheit eignet es sich gut für offene Fragen. Dann ist weiteres Nachfragen angesagt: In welchem Sinne wurde etwas als besonders erlebt?Daher nehme ich auf der Grundlage meiner Interviews die Herausforderung gerne an, das Besondere des Bibliologs in Bezug auf das Gemeinschaftserlebnis kurz darzustellen.Das bisher gesichtete Material legt nahe, hierfür eine Einteilung in drei wesentliche Beziehungs- und damit auch Gemeinschaftsformen des Menschen zu nutzen, die wir auch in der alttestamentlichen Anthropologie erkennen können: Der Mensch in Bezie-hung zu anderen Menschen (Sozialität), der Mensch in Beziehung zu Gott (Spiritualität) und der Mensch in Beziehung zu sich selbst (Personalität).1 Fangen wir einmal mit Letzterem an: Was ist also „das Besondere“ im Bibliolog-Erleben in Bezug auf die eigene Person?Wenn wir von einem Gemeinschaftserlebnis im Bibliolog sprechen, mag diese Kate-gorie deplatziert wirken, stellt doch das Wort „Gemeinschaft“ gerade auf Inter- bzw. 1 Ausgehend von einer rezeptionsästhetischen Betrachtung des Textes als ein eigenständiges Gegenüber wäre es folgerichtig, den biblischen Text als vierte Gemeinschaftskategorie mitaufzunehmen. Hierzu habe ich aber noch zu wenig Material. Der Text als Bibelwort, welchem der Geist Gottes innewohnt, findet in der dritten Kategorie, der Beziehung Gott-Mensch, Berücksichtigung.theologische beiträge 54. Jg. (2023), 368–371

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