Intergenerational ambivalence in families of children with substance abuse

Abstract

Die psychologische Forschung zu Familie und Substanzabhängigkeit widmet sich hauptsächlich der Erforschung von Risikofaktoren bezüglich der Krankheitsentstehung. Es gibt nur wenige empirische, quantitative Studien zu Familien, die von Substanzabhängig-keit betroffen sind, bezüglich der familialen Beziehungsgestaltung. Systemische Forschungs-ansätze haben eine Fülle von familiendynamischen Modellen aus der klinischen Praxis abgeleitet, die jedoch kaum empirisch belegt sind. Ziel dieser Forschungsarbeit ist es, die Gestaltung der Generationenbeziehungen unter den spezifischen Rahmenbedingungen von Substanzabhängigkeit und familialen Rollen darzustellen. Als Aspekte der Beziehungsgestaltung wurden Ambivalenzerleben, Umgang mit Ambivalenz und Beziehungsqualität untersucht. Den konzeptuellen Rahmen bildete dabei das Ambivalenzmodul von Lüscher und die These, dass die Gestaltung von Generationenbeziehungen den Umgang mit Ambivalenzen erfordert.In der vorliegenden Studie gaben 12 Mütter, 12 substanzabhängige erwachsene Kinder und 7 Väter aus 12 Familien über ihre gegenseitigen Beziehungen sowie über die Familie allgemein Auskunft. Die Eltern wurden außerdem zu den nicht erkrankten Geschwisterkindern befragt. Die Erhebung wurde mit einem standardisierten Selbstbeschreibungs-Fragebogen in einem Face-to-Face-Interview durchgeführt. Es wurden Vergleiche zwischen erkrankten und gesunden Kindern aus Elternsicht, Vergleiche zwischen Eltern und erkrankten Kindern und Vergleiche zwischen Müttern und Vätern aus ihrer eigenen Sicht, wie auch aus Sicht der erkrankten Kinder durchgeführt. Überprüft wurden die Hypothesen, ob sich das Ambivalenzerleben, der Umgang mit Ambivalenz und die Bezie-hungsqualität zwischen den verschiedenen Dyadenformen unterscheiden. Die statistische Analyse für Ambivalenzerleben und Beziehungsqualität wurde mittels Wilcoxon Signed Rank Test durchgeführt. Die Umgangstile und die qualitative Frage zu Ambivalenz wurden deskriptiv ausgewertet. Zwischen erkrankten und gesunden Kindern zeigten sich aus Sicht der Eltern in fast allen Aspekten der Beziehungsgestaltung deutliche Unterschiede. Eltern waren gegenüber erkrankten Kindern ambivalenter, als gegenüber gesunden Kindern und beschrieben eine andere Ambivalenzqualität. Die Beziehungsqualität war gegenüber erkrankten Kindern bezüg-lich der Erfreulichkeit und der Wunschgemäßheit geringer, jedoch fühlten sich Eltern mit erkrankten und gesunden Kindern ähnlich eng verbunden. Es zeigte sich, dass Eltern mit dem allgemeinen Familienleben zufriedener sind, als erkrankte Kinder. Zwischen Eltern und erkrankten Kindern gab es keine Unterschiede in ihrer gegenseitigen Beziehungseinschätzung, mit Ausnahme der Umgangstile. Mütter und Väter unterschieden sich im Ambivalenzerleben und der Beziehungsqualität nicht, sie pflegten jedoch einen anderen Umgang mit Ambivalenz. Erkrankte Kinder empfanden die Beziehungen zu Müttern besser, als zu Vätern. Die Befunde der vorliegenden Studie verdeutlichen die hohe Relevanz, die Ambivalenz in Familien mit einem substanzabhängigen erwachsenen Kind hat. Eltern differenzieren klar zwischen ihren einzelnen Kindern; sie generalisieren ihre Einschätzung der Beziehung zu erkrankten Kindern nicht auf ihre anderen Kinder oder die gesamte Familie. Die erkrankten Kinder nehmen eine Sonderposition in der Familie ein. Der Umstand der Substanzabhängigkeit führt zu Diskontinuitäten im Familienleben und Gefühlen der Fremdheit, die die elterliche Gestaltung der Beziehung zu substanzabhängigen Kindern negativ beeinflussen. Eltern und erkrankte Kinder schätzten ihre Beziehungen ähnlich ein. Der für nicht-klinische Familien typische Generational Stake wurde in dieser Studie nicht gefunden. Vermutlich führen die komplementären Rollen von Caregiver und Carereceiver zu hohem Ambivalenzerleben und niedriger Beziehungsqualität auf beiden Seiten. Insgesamt lässt sich feststellen, dass sich das Ambivalenzkonzept für die Beschreibung von Generationenbeziehungen in Familien mit einem substanzabhängigen erwachsenen Kind als geeignet erwiesen hat

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