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Schulbücher als Instrument der Assimilation?

Abstract

(Der Diplomarbeit ist eine DVD beigelegt, die Internetquellen und Scans von Lehrwerken beinhaltet.) Die vorliegende Diplomarbeit ist der Analyse von Lehrwerken des Unterrichtsfaches Deutsch der Sekundarstufe I gewidmet. Es werden Lese- und Sprachbücher, sowie Lehr-werke für Deutsch als Zweitsprache im Hinblick auf die Darstellung und Berücksichtigung von Migration, Migrantinnen und Migranten untersucht. Als Ausgangspunkt wird Assimilation als präferiertes Konzept nationalstaatlicher Institutionen bestimmt, wenn es um den Umgang mit Migrantinnen und Migranten geht. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass Multikulturalität und Pluralität die Integrität eines auf Homogenität und kollektiver Identität beruhenden Konzeptes, wie das eines National-staates, automatisch bedrohen. Wolfgang Nieke (2008: 134) bestimmt in diesem Zusammenhang Befremdung und Angst vor Separatismus als grundlegende Mechanismen der Ablehnung von Multikulturalismus. Die Inhalte von approbierten - und somit von staatlichen Institutionen geprüften - Schulbüchern werden wiederum als gesellschaftlich gebundenes Wissen mit Wahrheitsanspruch, das teilweise über Generationen tradiert wird, verstanden. Die Abbildung von Menschen mit Migrationshintergrund in solchen Werken kann somit einerseits Vorbildcharakter für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund haben, andererseits zu Ansprüchen und Hypothesen seitens der Mitglieder der Majorität führen, wie sich Migrantinnen und Migranten in manchen Lebensbereichen zu verhalten hätten. Theoretische Grundlagen und Methodik Die Untersuchung selbst beruht auf der Assimilationstheorie nach Hartmut Esser, dessen Modell der Sozialintegration die Dimensionen der Assimilation näher bestimmt und so relevante und analysierbare Bereiche der Angleichung abgrenzbar macht. In Verbindung mit verschiedenen Untersuchungen zur Integration von Zuwanderern (Ulram 2009; Michalowski u. Snel 2005) ergibt sich ein recht klar umrissenes Bild, welche Teilbereiche der Assimilation durch bestimmte Lebensbereiche und Aspekte der Integration abgedeckt werden können. Der methodische Zugriff erfolgt wie in anderen Analysen von Lehrwerken, welche in der Diplomarbeit vorgestellt werden, durch eine Diskursanalyse. Als Ausgangspunkt dient die Kritische Diskursanalyse nach Siegfried Jäger (2004). Durch die Verbindung des Esser’schen Modells der Sozialintegration/Assimilation mit einem Fragenkatalog, der auf den für die Assimilation als bedeutend eingestuften Lebensbereichen beruht, entsteht eine auf Schulbücher und die theoretische Ausgangslage angepasste Variante der Diskursanalyse. Ergebnisse Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass Migrantinnen und Migranten in approbierten Lehrwerken des Unterrichtsfaches Deutsch stark unterrepräsentiert sind. Sie wer-den vor allem in Bereichen berücksichtigt, die explizit der Migration gewidmet sind, wie etwa eigene Themenbereiche oder Zusatzteile für Kinder mit nicht-deutscher Mutterspra-che. Die Darstellung von Migrantinnen und Migranten sind vor allem durch eine Vernach-lässigung und Ausgrenzung von Migrantensprachen gekennzeichnet. Figuren mit Migrati-onshintergrund werden beinahe ausnahmslos in Interaktion mit Angehörigen der Majorität dargestellt. Im Bereich der Platzierung ist festzuhalten dass Migrantinnen und Migranten kaum in prestigeträchtigen, leitenden oder gesellschaftlich relevanten Positionen auftreten. Üblicherweise werden sie in Handwerks- und Lehrberufen, aber vor allem als Schülerinnen und Schüler dargestellt. Für die identifikative Komponente lässt sich kein einheitlicher Trend feststellen. Empfehlungen und Konsequenzen Am Ende der Diplomarbeit wird die Frage in den Vordergrund gestellt, ob die Assimilation als gesamtgesellschaftlicher Entwurf des Umgangs mit Migration wirklich diejenige Opti-on ist, die Schülerinnen und Schülern in Schulbüchern vor Augen geführt werden sollte. Viel optimistischer und auch gesamtgesellschaftlich wertvoller scheint die Darstellung der Konstellation einer multiplen Inklusion zu sein, welche die Einbindung in mehrere nationa-le Systeme erlaubt. Auf diese Weise könnte Schülerinnen und Schülern vorgeführt werden, dass sich unterschiedliche Kulturen vereinbaren lassen. Eine solche multiple Inklusion kann relativ einfach in Schulbüchern dargestellt werden, wenn Migrantinnen und Migran-ten öfter und in mehreren verschiedenen Bereichen, und auch in gesellschaftlich relevante-ren Positionen, dargestellt werden. Auch andere Erstsprachen als Deutsch könnten und sollten in die Gestaltung von Unterrichtsmaterialien einfließen, selbst wenn diese dem Deutschunterricht gewidmet sind. Trotz alledem sollte die direkte Beschäftigung mit Mig-ration und damit verbundenen Problemfeldern wie etwa Fremdenfeindlichkeit und Vorur-teile nicht aufgegeben werden.This thesis is concerned with the analysis of schoolbooks which have been officially recognised as being suitable for teaching the subject of German at Austrian Schools of Secondary Education. This includes text books and exercise books for teaching German as a first and second language. The scope of the analysis lies on the treatment of migrants within these schoolbooks. It is assumed that governmentally controlled text types, which are supposed to have a certain influence on the development of younger generations, are determined to display migrants as subjects of assimilation. This paper is therefore concerned with the determination of aspects and areas of adaptation. Fundamental preconditions were described by Nieke (2008: 134) who defined fear of separatism and alienation as two key components of a nation’s rejection of multiculturalism. Nations are built on the collective identity of their citizens, which is threatened by increasing ethnic and cultural plurality. Therefore, it can be assumed that national institutions are strongly interested in the proliferation of influential texts which support the homogeneity of a nation’s society. Schoolbooks are very likely to meet these requirements as they convey culturally accepted and valued knowledge. Conveying the image of migrants both as culturally diverse or assimilated groups, can therefore be of great influence. The theoretical background of this analysis was found in Hartmut Esser’s (2006) concept of social integration. From his point of view, assimilation is one of four possible ways in which social relationships of migrants can be described. The parameters determining these categories were compared to field studies concerning the integration of migrants (Ulram 2009; Michalowski & Snel 2005). In this way it was possible to define various aspects in the depiction of migrants in schoolbooks, which cover the whole spectrum of Esser’s concept of social integration. The result was a set of questions which was implemented within a framework of Critical Discourse Analysis (Jäger 2004). Results The results show that migrants are not accounted for in a way that would resemble their share of the Austrian population in an appropriate manner. Generally, migrants as characters, or any other kind of possible allowance regarding migration, are to be found in domains which are specifically dedicated to migration (as a subject or as supportive materials for children with other first languages than German). In most cases, migrant characters are only communicating and interacting with members of the majority. Other languages than German are hardly ever mentioned. Even first languages of students are usually neglected. In terms of success within the host society migrant characters do not penetrate domains of high prestige in the job market. They are usually restricted to labourers and/or craftsmen. Concerning identification with the host society there is no general conclusion to be drawn. Recommendations Finally, assimilation as a suitable construct of society’s expectation to the integration of immigrants is to be questioned. Sticking to Esser’s terminology, the concept of multiple inclusion is proposed as an alternative way of propagating a preferred way of migrants’ social organisation. Possible alterations to existing schoolbooks include increasing the mere numbers of migrant characters and an elevation of these characters’ social status. Migrants should be shown in interaction with members of both majority and minority groups. Migrant languages should be included in German schoolbooks as well. However, negative aspects of the migration discourse should not be neglected and texts and chapters devoted to xenophobia and prejudice should not be excluded

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