In der hier vorgestellten Arbeit wurde gezeigt, daß das weltweit beobachtete Ph¨anomen
geringer Intensit¨at der nat¨urlichen remanenten Magnetisierung von etwa 20 Ma alten
Ozeanbasalten und das dadurch verursachte Minimum bei den Amplituden der ozeanischen
Magnetfeldanomalien auf die Tieftemperaturoxidation der Titanomagnetite zu
Titanomaghemiten zur¨uckzuf¨uhren ist.
Dazu wurden magnetische und mineralogische Untersuchungen an etwa 100 durch
das Deep Sea Drilling Project bzw. Ocean Drilling Program erbohrten Ozeanbasalten
durchgef¨uhrt. Die Proben decken einen Altersbereich von 0.6 bis 135 Ma ab und stammen
haupts¨achlich aus dem Atlantischen und Pazifischen Ozean.
Tr¨ager der Magnetisierung bei den meisten Proben ist je nach Alter der Ozeanbasalte
Titanomagnetit oder Titanomaghemit. Um den Oxidationsgrad der Titanomaghemite
zu bestimmen, wurden die davon abh¨angigen Parameter Curie-Temperatur und Gitterkonstante
gemessen sowie Mikrosonden-Analysen durchgef¨uhrt. Der Oxidationsgrad wird
durch den von 0 (nicht oxidiert) bis 1 (vollst¨andig tieftemperaturoxidiert) variierenden
Oxidationsparameter beschrieben.
Es wurde nachgewiesen, daß die S¨attigungsmagnetisierung der Ozeanbasalte (gemessen
bei Raumtemperatur) in gleicher Weise wie die Intensit¨at der nat¨urlichen
remanenten Magnetisierung (NRM) mit dem Alter variiert und bei 10 bis 40 Ma alten
Ozeanbasalten ein Minimum aufweist. Dieses Ph¨anomen wird durch die fortschreitende
Tieftemperaturoxidation der Titanomaghemite verursacht, bei der Fe-Ionen bevorzugt
aus den Oktaederpl¨atzen des ferrimagnetischen Gitters auswandern und verbleibende
Fe2+-Ionen zu Fe3+-Ionen oxidiert werden. Die S¨attigungsmagnetisierung der ferrimagnetischen
Titanomaghemite ist gleich der Untergittermagnetisierung der Fe-Ionen auf
Oktaederpl¨atzen abz¨uglich der antiparallelen Untergittermagnetisierung der Fe-Ionen auf
Tetraederpl¨atzen und nimmt deshalb mit der Tieftemperaturoxidation ab.
Bei 10 bis 40 Ma alten Proben wird f¨ur die Titanomaghemite eine fast vollst¨andige
Oxidation beobachtet. Der Oxidationsparameter erreicht hier einen Wert von ≈ 0.8. Bei noch ¨alteren Proben findet vermutlich eine Diffusion der Fe-Ionen aus den Tetraederl
¨ucken in die Oktaederl¨ucken statt. Dies k¨onnte die beobachtete Zunahme der
S¨attigungsmagnetisierung im Altersbereich von 40 bis 130 Ma bei ungef¨ahr gleichbleibendem
Oxidationsgrad der Titanomaghemite erkl¨aren.
Zur weiteren Charakterisierung der Titanomaghemite wurde die Temperaturabh¨angigkeit
der S¨attigungsmagnetisierung MS(T) bestimmt. Der Verlauf der MS(T)-Kurven
h¨angt von der Zusammensetzung der Titanomaghemite ab und zeigt deshalb eine
Abh¨angigkeit vom Alter der Proben. Die MS(T)-Kurven von Ferrimagnetika werden nach
N´eel (1948) in verschiedene Typen eingeteilt, die sich jeweils aus dem Unterschied der
Temperaturabh¨angigkeiten ihrer Untergittermagnetisierungen ergeben. Proben aus allen
Altersbereichen zeigen ein Maximum bei MS(T) oberhalb des absoluten Nullpunktes der
Temperatur. Bei einem Teil der 10 bis 40 Ma alten Proben wird außerdem beiT <-180◦C
die Untergittermagnetisierung der Fe-Ionen auf den Tetraederpl¨atzen gr¨oßer als die der
Fe-Ionen auf den Oktaederpl¨atzen. Diese Proben verhalten sich nach dem sogenannten
N´eel N-Typ. Die anderen Proben entsprechen dem N´eel P-Typ.
Bei den 10 bis 40 Ma alten Proben liegt das Maximum der S¨attigungsmagnetisierung
oberhalb der Raumtemperatur, w¨ahrend bei den Proben aus den anderen Altersbereichen
das Maximum der S¨attigungsmagnetisierung unterhalb der Raumtemperatur liegt.
Dieses Ph¨anomen wurde genutzt, um den Einfluß der Tieftemperaturoxidation auf
die NRM direkt zu untersuchen. Dazu wurde ein Magnetometer gebaut, mit dem die
NRM zwischen Raumtemperatur und 600◦C gemessen werden kann. Die Messungen
ergaben, daß sowohl die Temperaturabh¨angigkeit der NRM wie auch der S¨attigungsmagnetisierung
in gleicher Weise von dem Alter der Proben abh¨angen. Insbesondere
zeigen Proben aus dem Altersbereich 10 bis 40 Ma ein Maximum der NRM oberhalb der
Raumtemperatur. Es konnte gezeigt werden, daß dieses Verhalten der Remanenz auf die
Temperaturabh¨angigkeit der S¨attigungsmagnetisierung zur¨uckzuf¨uhren ist.
Damit wurde der direkte Beweis erbracht, daß die NRM der Ozeanbasalte in gleicher
Weise wie die anderen gesteinsmagnetischen Eigenschaften durch die Tieftemperaturoxidation
der Titanomagnetite beeinflußt wird. Die geringe S¨attigungsmagnetisierung der
Titanomaghemite im Altersbereich 10 bis 40 Ma ist verantwortlich f¨ur das Minimum der
NRM-Intensit¨at und die geringen Amplituden der ozeanischen Magnetfeldanomalien.
Um den Zusammenhang zwischen der Tieftemperaturoxidation und der ¨Anderung der
S¨attigungsmagnetisierung zu veranschaulichen, wurden mit einem Molekularfeldansatz
synthetische MS(T)-Kurven f¨ur verschiedene Verteilungen von Fe2+- und Fe3+-Ionen auf
den Oktaeder- bzw. Tetraederl¨ucken der Titanomagnetite und Titanomaghemite berechnet.
Dazu wurde die Fe-Ionenverteilung der ozeanischen Titanomagnetite nach Bleil und
Petersen (1983) vorgegeben und mit zunehmendem Oxidationsgrad entsprechend dem
von ihnen vorgeschlagenen Oxidationsprozeß ge¨andert. Durch Modifikation an dem von Bleil und Petersen (1983) vorgeschlagenen Oxidationsprozeß konnte die experimentell
beobachtete Abh¨angigkeit der MS(T)-Kurven und der S¨attigungsmagnetisierung bei
Raumtemperatur vom Oxidationsgrad qualitativ erkl¨art werden.
Die 10 bis 40 Ma alten Ozeanbasalte fallen weiter durch eine vergleichsweise hohe
magnetische Stabilit¨at auf. Die Titanomaghemite liegen hier als Einbereichsteilchen vor,
die magnetische Stabilit¨at wird magnetoelastisch kontrolliert. Durch Druckexperimente
wurden ihre inneren Spannungen σi ≈ 200 MPa und ihre isotrope Magnetostriktionskonstante
λS ≈ 4 × 10−6 bestimmt. Bei den Proben aus den anderen Altersbereichen
liegen die Titanomagnetite bzw. Titanomaghemite als Pseudo-Einbereichs- oder Mehrbereichsteilchen
mit geringerer magnetischer Stabilit¨at vor. Die Altersabh¨angigkeit des
Dom¨anenzustandes ist nicht auf eine Altersabh¨angigkeit der Korngr¨oße der Titanomaghemite,
sondern auf die Altersabh¨angigkeit ihrer S¨attigungsmagnetisierung und damit
ebenfalls auf die Tieftemperaturoxidation zur¨uckzuf¨uhren.
Damit konnte in dieser Arbeit auch gezeigt werden, daß sich die 10 bis 40 Ma alten
Ozeanbasalte nicht nur durch ihre geringe NRM, sondern durch eine ganze Reihe besonderer
magnetischer Eigenschaften von den Ozeanbasalten der anderen Altersbereiche
unterscheiden. Dies zeigt sich insbesondere in den Hystereseeigenschaften, die durch die
geringe S¨attigungsmagnetisierung und die hohe magnetische Stabilit¨at dominiert werden,
sowie in der Temperaturabh¨angigkeit der S¨attigungsmagnetisierung. Zur geographischen
Verbreitung der 10 bis 40 Ma alten Ozeanbasalte sei auf Abb. 3.20 verwiesen.
Die Messung der Temperaturabh¨angigkeit der NRM zeigte außerdem bei der 8 Ma
alten Probe 157-49-2(131) eine Selbstumkehr oder partielle Selbstumkehr der NRM
aufgrund magnetisch wechselwirkender Phasen. Bei diesen Phasen handelt es sich
vermutlich um Titanomaghemit und Ti-armen Titanomagnetit