Förster, Karl

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Der Verfasser hatte Gelegenheit, im August und Septem­ber 1949 durch Dredschungen im Bereich der Mecklenburger Bucht eigene Beob­achtungen anzustellen. In der Kadetrinne, in Tiefen von etwa 16-20 m, werden Laminarien noch ziemlich häufig angetroffen, und teilweise unter Umständen, die eine Entwicklung an Ort und Stelle beweisen. Abseits von dieser tiefsten Stelle, die offenbar durch ihren höheren Salzgehalt noch die besten Lebensmöglichkeiten bietet, und insbesondere unter dem Strandgut wird man dagegen meist mit ver­schleppt,en Stücken zweifelhafter Herkunft rechnen müssen. Leider kann die Artdiagnose der Funde nicht immer sicher gestellt werden, teils infolge der mangelhaften Ausbildung, teils infolge unvollständiger Erhaltung der Pflanz,en. Aus diesem Grunde enthält sich auch OLTMANNS in seiner „Algen­flora von Warnemünde" (1891, S. 107) der Festlegung. Im allgemeinen liegt aber zweifellos Laminaria digitata (flexicaulis) vor, die auch von den klassischen Algologen für das Gebiet bezeugt ist (MAGNUS W73, S. 6J, '13; REINKE 18'89, S. 77). Für einige zweifelhafte Stücke erfreute ich mich der Beratung von ELSAKYLIN, Lund, und WALKER, Musselburgh, nach deren Urteil mich LaminariaCloustoni und saccharina in Frage kommen. Letztere ist -- als seltener - auch inder Literatur belegt (MAGNUS und RElNKE a. a. 0., LAKOWITZ 1929, S. 279f).Bei diesen Dredschungen fiel die große Zahl abnormer Bildungen auf. Ein kurzer Bericht hierüber dürfte sich rechtfertigen, ,weil im allgemeinen dem Wissenschaft­ler selten Gelegenheit zu floristischen Untersuchungen des Meeres gegeben ist, und weil das Ergebnis sich durch zwei allgemeine Gesichtspunkte über die bloße Kuriositätensammlung heraushebt: 1. H ä u f u n g  a b n o r m e r  F o r m e n a n  d e r  G r e n z e  d e s  V e rb r e i t  u n g s g e b  i e t  e s  der Arten; 2. U b e r  e i n  -s t i m m u n g d e r V a r i a t i o n e n m i t M e r k m·a l e n , d i e b e i a n ,d e r e n A r t e n  und G a t t u n g e n  zu m n o r m a l e n  A n l a g e n b e s t a n d  g e­h ö r e n. Erscheinungen dieser Art sind den Genetikern von ,Blütenpflanzen her vertraut, etwa als Folge von Artkreuzungen oder Parasitenbefall. Ein thallo­phytisches Beispiel verdient aber vielleicht eine kurze Bekanntgabe, auch wenn die Umstände es nicht gestatteten, zu einer kausalen Analyse vorzudringen. 2. D i e b e o b a eh t e t e n V a r i a t i o n e n.I. Um r i ß.l. S p a l t ung (Längseinrisse) (Abb. 1) als normales Artmerkmal (L. digitata).2. H a l b  s e i t i g  k e i t (Abb. 2). Vom Thallus ist nur eine Längshälfte aus­gebildet. Verletzung als Ursache liegt nahe, war aber nur in einem Falle durch eine Narbe wahrscheinlich zu machen. Die relative Häufigkeit dieser Erscheinung spricht dagegen mindestens für eine gewisse Präformation zur Halbseitigkeit (so wie die vorerwähnten Einrisse endogen mitbedingt sind; OLTMANNS S. 166). und mit Rücksicht auf halbseitige Spreiten bei anderen Formen verdient sie Beachtung. 3. L ö c h e r  (Abb. 3'). Hier ist eine spontane Entstehung allerdings noch unwahr­scheinlicher. Von Interesse ist immerhin, daß die Löcher von Vernarbungen (vgl. KILLIAN S. 472) umgeben sind, wie sich ähnlich bei den Arten mit regelmäßig erscheinenden Löchern vorkommen (ROSENTHAL). II. B i e g u n gen.4. W ö I b u n g. Der Thallus ist in seiner Basis bauchig, löffelartig gewölbt(Abb. 4). 5. Qu e r  w ö I b u n g. In einem Falle .zeigte sich eine streckenweise rohrartigeEinrollung (Abb. 5). Rinniger Wuchs (Abb. 7, 9) kann als Vorstufe gelten. 6. Lä n g s  w ö I b u n g (S t a u c h u n g) (Abb. 6).7. T o r s i o n  begegnet in langgezogener Form (Abb. 7) wie auch kohlkopfartiggestaucht (Abb. 8). III. 0 b e r f I ä c h e n s t r u k t u  r e n.8'. Fe I d e r  u n g. Im einfachsten Falle ist die Oberfläche mit Vertiefungen bzw.(von der Gegenseite gesehen) Buckeln bedeckt (Abb. 41). Weiter findet man Becken oder Gruben mit deutlichem Rand (Abb. 3, 5, 8'). Schließen sie aneinander, so ent­steht ein wabiges Netzwerk von ovalen bis eckigen Elementen, ,wie etwa bei der Lungenflechte (Abb. 6, 7). Die Ränder können zu ausgeprägten, bald dickwulstigen, bald scharfkantig,en Leisten werden. Bisweilen ist das Wabenwerk gestreckt, in e,in Kreppmuster übergehend. - Schon MAGNUS (1873, S, 69, 76') berichtet aus dem gleichen Gebiet von L. flexicaulis mit „sehr schönen Falten", mit „oft erhabe· nen Längsfalten" und „zierlich erhabenem Netzwerk". 9. W e 11 u n g erscheint quer (Abb. 2) und längs (Abb. 9). 10. L e i s t e n  und R i p p e n  treten als bevorzugte Linienzüge des Netvwerkes(Abb. 6, 9). aber auch allein auf. Sie laufen oft längs der Einrisse (Abb. 1) und umziehen die Löcher (Abb. 3). in diesen Fällen wohl als Narben zu deuten. Nicht selten laufen sie aber auch frei auf der Spreite, meist längs, aber auch quer ge­richtet (Abb. 6, 9). Die Rückseite zeigt oft eine Riefe, woraus ersichtlich ist, daß die Leisten keine Oberflächenbildung sind, sondern ein durchgedrücktes Flächen­stück, so wie man mit den Fingern ein Stück Tischdecke als Falte anhebt. In Abb. 9 kreuzen sie eine Rinne wie Talsperrenmauern·. 11. F I ü g e I seien flächige, glatte Auswüchse genannt (Abb. 2, 10), R ü s c h e ngewellte (Abb. 2 rechts, 7, 11). Beide können als ausgesprochene D o p p e  I b i 1 -du n g (D u p l i k a t u  r) ider Spreite erscheinen, d. h. nicht von der eigentlichen Thallusfläche zu unterscheiden sein (Abb. 2, 10). 12. R i e f e n. Bisweilen treten auch bloße Riefen auf, die nicht das Negativ einerauf der Gegenseite stehenden Falte sind (Abb. 3). 3„ H ä u f i g k e i t de r B i I d u n  g e n. Ober die Häufigkeit der Bildungen gibt die folgende Tabelle Anhaltspunkte. Sie fußt auf der Beobach\,ung eines reichen frischen Materials, aus dem etwa 20 Pflan­zen als besonders ungewöhnlich zur eingehenden Untersuchung herausgesuchi wurden. Sie machten schätzung:,weise 10 0/o des gesamten durch die Hände ge­gang,enen Materials aus. In der Tabelle geben die Zahlen der ersten Zeile die Ziffern der voranstehenden Beschreibung und die der zweiten Zeile die Zahlen, wievielmal bei den 20 extremen Formen die betreffenden Merkmale angetroffen 24i'J wurden. Die Angabe „oft" da·gegen besagt, daß das Merkmal auch. sonst, d. h. im Gesamtmaterial, hätlfig angetroffen wurde. Fall: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Häufigkeit oft 4 2 oft 1 2 2 oft oft oft 5 oft 4. V e r g 1 e i c h m i t ,a n d e r e n A r t e n u n d G a t t u n g 'e n. Die hier beschriebenen Variationen treten, wie schon vorausgeschickt wurde, bei anderen Laminariales als typische Merkmale auf. Das soll kurz nach der oben gewählten Reihenfolge belegt werden. Die charakteristischsten Obereinstim­mungen sind in dem leicht zugänglichen OLTMANNSschen Werke (weiterhin zitiert mit „O.") genügend durch Abbildungen belegt, so daß von einer Beifügung von Bildern hier abgesehen werden kann. 1. L ä n g s  s p a 1 t u n  g ist typisch für viele Arten von Laminaria, Hedophyllum(0. S. 145, m. Abb.}. Saccorrhiza (·da3. S. 13'4 f, m. Abb.). Auf Spaltung der Spreite geht letztlich der Stiel0Bl:itt-Habitus vieler Formen wie Macrocystis usw. zurück (das. S. 136 ff). 2. H a  1 b s e i  t i g k e i t. Diese merkwürdige Erscheinung hat eine Parallele inmehreren Fällen, wo sich der Thallus in zwei symmetrische Hälften gabelt. Bei Dictyoneurum und Lessonia findet sich „Längsspaltung, die sowohl das Laub wie auch das obere Ende des Stieles in zwei Hälften teilt" (0. S. 126 f., m. Abb.). Bei Nerocystis und Macrocystis beginnt die Gliederung mit einem „medianen Längsriß" (das. 142, 14-4, m. Abb.). Bei Thalassiophyllum und Eisenia kommt es gleichsam durch eine Verödung des Mittelteiles zu einer Dichotomie (das. 145 ff., m. Abb.).3. Löcher treten normal auf bei Agarum (0. S. 148, m. Abb., KANDA IV,S. 3GO, m. Abb.). Thalas,iophyllum (0. S. 145f, m. Abb.), Egregia (das. S. 152,m. Abb.).4. W ö 1 b u n g ist typisch für Hedophyl!um (0. 144f m. Abb.), weniger typischbei einigen Laminarien (das. 149). 5. Q u e r  w ö 1 b u n g. Bei Hedophyllum ist die Spreite an den Rändern ein­wärts gebogen (0. 145) (Ober rinnigen Wuchs bei Fucus vgl. FORSTER, S. 293). 6. S t a u  c h u n ,g. Bei Hedophyllum biegt sich die Spreite mit ihrer Basisnach dem Untergrund nieder, wo dann sekundäre Haftorgane entstehen (0. 145). 7. T o r s i o n. Thalassiophyllum zeigt „spiralig-trichterig eingerollte Laubflächen"(0. 145f, m. Abb. nach ROSENTHAL), Sacc orrhiza besitzt einen „schraubig L e g e n d e z u d e n n e b e n s t e h e n d e n A b b i 1 d u n g e n (T a f. 25). 1 Spaltung der Fläche. Der größere Spalt mit leistenartigen Doppelbildungen. 2 Halbseitig entwickelter Thallus. Links (glatte) Flügelbildung, rechts (wellige) ,,Rüsche". Daneben links Schema der Bildung, unten Querschnitt. 3 Thallusstück mi<t Loch; sein Rand umgeben von Furche (links). Leist1e (rechts und Mitte) und Fe1'dernng (rechts unten). 4 Lö.ffelartig hohler Thallus. Mitte kreppartig gefeldert. 5 Thallus mit flacher Basis, darüber plötzlich eingerollt und verbogen. Fläche z. T. wabig, feinwabig, knitterig.6 In Längsrichtung gestauchter Thallus (rechts daneben Schema der Bildung). Auffallende Querleiste, links doppelt, weiterhin mit Abz,weigungen (und Wabenbildung). nach rechts oben auslaufend. \l46 -----------··· ----------7 6 Tafel 25 1·',:. _.,,·.�,..' . ···.�·• . . ·Y'' . . ·:. : }!" �- . .5 8 7 9 10 17 Tafel 26 .. l ~ ,, '.1 :'~J 111 ................ 1-,..i:') gedrehten Stiel" (0. 135, m. Abb.: ,gute Abb. auch bei NEWTON S. 209). Hedophyllum· und Arthrothamnus zeigen schraubige Rollung des Thallus (0. 144f, YAMADA S. 113 ff., m. Abb.). Interessanterweise begegnet Torsion auch bei Fuca­ceen; vgl. CHEMIN, S. 148, NEWTON, S. 218 für Fucus spiralis. 8. F e  1 d e r  u n g (grubig, wabig, kreppartig) erscheint bei Laminaria Sinclairii(O. 130 Abb.). hieroglyphica (NEWTON S. 204). Macrocystis (0. 142, m. Abb.), Lessonia (das. S. 138 Abb.), Egregia (das. S. 151). Eckloniopsis (KANDA II, Taf. 39,5). Dictyoneliron (0. 136, KJELLMANN 258, beide m. Abb. Auf die hervorra­genden Originalbilder bei RUPRECHT sei ausdrücklich verwies·en). 9. W e 11 u n g. Costaria (0. 149, m. Abb.). Lam. angustata (KANDA IV, S. 294),Lam. Yendoana (KANDA III S. 157, m. Abb.). Kjellmaniella (das. 101, m. Abb.), Eisen'ia (KANDA III, S. 1517 , m. Abb.). Eckloniopsis (das. S. 172, m. Abb.). Undaria (das. S. 182, m. Abb.). Blasige Auftreibungen sind bei Agarum Ausgang der Löcher­bildung (0. 166). 10. L e i s  t·e n und R i p p e n. Mehrere parallele Längsrippen bei Costaria (0.149, KJELLMANN S. 257, beide m. Abb.). Kjellmaniella (KANDA I, S. 101). Cy­mathere (0. 14'9). Lam. Kendoana (KANDA I, S. 87f, m. Abb.). 11. F 1 ü g e 1 , R ü s che n. Am Stiel von Saccorrhiza (0. 135, NEWTON s. o.7) und Undaria, bei der sie Sporangien tragen (0. 150, m. Abb.). Mit D u  p I i k a -t u  r e n kann vielleicht die Längsspaltung bei Lessoniopsis verglichen werden(0. 151).12. R i e f e n  treten nach KILLIAN (vgl. a. 0., 166) als Vorstufe der Risse(s. o. 1) auf. Keine Parallelen wurden bei den abweichenden Formen zu mehreren anderen charakteristischen Bildungen mancher Laminariales ·gefunden, wie: Querspaltung (0. 150.f). sekundäre Haftorgane (das. S. 134f). Zähne (Macrocystis, s. das. S. 142), seitliche Spros,sung (Alaria, Egregia, s. das. 150, 151f). flächige (nicht bloß leisten­förmige) Verdickungen (das. 144, 147). Luftblasen. W i e  ,d i e s e  G e g e n ü b e r s t e l l u n g  z e i g t ,  h•a t  di e d a r g e s t e l l t eV ari a b ili t ät un s e r e r  L a m i n a r i e n  d,e n R e i z ,  d e m  de ut s c h en B o t a n i k 1e r  g l e i c h s a m  i n  n u c e  d i e  F o r m e n f ü l l e  d e r  s c h ö n e n  u n d w e I t w e i t v e r b r e i t e t e n A I g e n o r d n u n g v o r z u  f ü h r e n. 5. Z u s a m m e n  f a s s  u n g.In der westlichen Ostsee erreichen unsere Laminarien (L. digit·ata, evtl. Cloustoni und saccharina) ihre Verbreitungsgrenze. Sie treten hier in Kümmerformen auf, L e g e n d e z u d e n n e b e n s t e h e n d e n A b b i 1 ,du n g e n (T a f. 26). 7 Ausschnitt eines tordierten Thallus (im Bereich der Abbildung c a. % Drehung). In ·der Mitte eine „Rüsche", die nach oben gabelig endet. 8 Gestiauchte Torsion (gedredschtes Bruchstück). Im Zentrum waren Reste des Stieles zu erkennen; nach links setzte sich der Thallus norm.il fort. Danach erklärt sich das links beigefügte Schema. 9 Thallusbasis, links mit kammartiger Leiste von maximal 1,5 cm Höhe und an­sitzenden Feldern, in der Mitte drei Quel"leisten, ,di,e eine Rinne kreuzen. 10 Stück einer Spreite mit zwei breiten Verdoppelungen am Rande. Beide Flügel unten m1seinanderstrebend, oben para.Jlel (vgl. die Quer.schnitte). In der Mitte kleine aufsitzende Extraleiste. 11 Thal'lusausstück mit zwei Längsrüs·chen. 247 die sich zugleich durch eine Reihe Bildungsabweichun·gen auszeichnen. Es sind z. B. Halbseitigkeit, Torsion, Wellung, Wabenstruktur, Leisten, Flügel, Diese Vari­ationen sind bei anderen Laminariales vielfach normale Art- und Gattungsmerk­male.6. L i t e r a t u r. CHEMIN, E.: Le Fucus vasicole de la baie de Terrenes. Rev. Algol. 2, 146-157 (1925). FORSTER, K.: Gewebespannung und Luftblasenbildung bei Fucus. Planta 38, S. 280-295 (1950). KANDA, T.: On the Gametophyte of some Japanese Species of Laminariales. II. Scient. Pap. of the Inst. of Algol. 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Zur Variabilität der Ostseeformen von Laminaria

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