Überzeugungen gelten als ein wichtiger Bestandteil der professionellen Handlungskompetenz von Lehrkräften, da sie als Grundlage für die Gestaltung von Unterricht angesehen werden können (Skott, 2015). In dem hier
beschriebenen Projekt betrachten wir Überzeugungen als eine individuelle Aussage einer Person zu einem Gegenstand oder Sachverhalt, die die Art und Weise prägt, wie sie Informationen erhält und in einer bestimmten Situation handelt. Überzeugungen können somit als Filter verstanden werden, die das (zukünftige) Handeln von (angehenden) Lehrkräften beeinflussen (Levin, 2015)

Eichler, Andreas

Speer, Annabelle

Eldorado - Ressourcen aus und für Lehre, Studium und Forschung

1229Annabelle SPEER, Kassel & Andreas EICHLER, KasselEntwicklung von Überzeugungen angehender Lehrkräfte zudigitalen Werkzeugen und digitalem FeedbackÜberzeugungen von (angehenden) LehrkräftenÜberzeugungen gelten als ein wichtiger Bestandteil der professionellenHandlungskompetenz von Lehrkräften, da sie als Grundlage für die Gestal-tung von Unterricht angesehen werden können (Skott, 2015). In dem hierbeschriebenen Projekt betrachten wir Überzeugungen als eine individuelleAussage einer Person zu einem Gegenstand oder Sachverhalt, die die Art undWeise prägt, wie sie Informationen erhält und in einer bestimmten Situationhandelt. Überzeugungen können somit als Filter verstanden werden, die das(zukünftige) Handeln von (angehenden) Lehrkräften beeinflussen (Levin,2015).Durch die fortschreitende Digitalisierung in unserer Gesellschaft und diesteigende Relevanz von digitalen Werkzeugen im Unterricht (Hillmayr et al.,2020), werden Lehrkräfte aufgefordert ihren Unterricht digital anzureichern.Vor allem bei der Integration digitaler Werkzeugen in die Unterrichtsgestal-tung scheinen die spezifischen Überzeugungen einer Lehrkraft zu digitalenWerkzeugen entscheidend zu sein (Fives & Buehl, 2012). Diese Überzeu-gungen umfassen wahrgenommene positive und negative Aspekte des Leh-rens und Lernens von Mathematik mit digitalen Werkzeugen. Ein Faktor, dereinen großen Einfluss auf die Integration dieser in den Unterricht hat, sindsomit die positiven Erfahrungen mit digitalen Werkzeugen in der eigenenschulischen und universitären Ausbildung von Lehrkräften (Ertmer, 2005).Daher sollten bereits angehende Lehrkräfte in ihrer Ausbildung Erfahrungenmit digitalen Werkzeugen sammeln und daraus resultierend Überzeugungenentwickeln, die die Integration dieser in die zukünftige Unterrichtsgestaltungpositiv beeinflusst. Jedoch ist die Forschung zur Entwicklung von Überzeu-gungen angehender Lehrkräfte zu digitalen Werkzeugen einerseits spärlich(Thurm & Barzel, 2020) und hat andererseits eher enttäuschende Ergebnisseerzielt, da die Überzeugungen nicht wie gewünscht verändert werden konn-ten (Hegedus et al., 2017). Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dassÜberzeugungen relativ stabil sind und eine Überzeugungsänderung nurschwierig und durch einen starken situativen Einfluss herbeizuführen ist (Li-ljedahl et al., 2012).Deshalb ist die Erforschung, wie Überzeugungen angehender Lehrkräfte zudigitalen Werkzeugen positiv beeinflusst werden können, ein Desiderat, zudem das hier beschriebene Projekt einen Beitrag leisten möchte. Das Zieldieses Projekts ist die Untersuchung der Entwicklung von ÜberzeugungenIn: IDMI-Primar Goethe-Universität Frankfurt (Hrsg.),                                                                                                       WTM.https://doi.org/10.37626/GA9783959872089.0Beiträge zum Mathematikunterricht 2022. 56. Jahrestagung der Gesellschaft für Didaktik der Mathematik.           1230angehender Lehrkräfte zu digitalen Werkzeugen innerhalb eines Universi-tätsseminars. Dabei wird ein Fokus auf das digitale Werkzeug STACK(Sangwin, 2013) gelegt, da STACK die Möglichkeit bietet, digitale mathe-matische Aufgaben zu konzipieren und ein individualisiertes Feedback zujeder Nutzer*innen-Eingabe zu vergeben. Damit entsprechen die Funktiona-litäten von STACK denen der intelligenten Tutorensysteme, die einen gro-ßen Einfluss auf das Lernen der Schüler*innen haben können (Hillmayr etal., 2020).Das digitale Werkzeug STACKSTACK (System for Teaching and Assessment using Computer algebra Ker-nel, Sangwin, 2013) ist ein digitales Open Source Werkzeug, das die Erstel-lung und Gestaltung von digitalen mathematischen Aufgaben ermöglicht. DaSTACK das Computeralgebra-System Maxima nutzt, wird es möglich eineEingabe auf mathematische Eigenschaften und typische Fehlkonzepte zuüberprüfen. Dazu gibt es die Möglichkeit sogenannte Rückmeldebäume(„potential response trees“, Sangwin, 2013) zu programmieren. Ein Rück-meldebaum besteht aus unterschiedlichen Knoten, an denen eine Eingabe je-weils auf mathematische Eigenschaften oder typische Fehlkonzepte über-prüft werden kann. An jedem Knoten kann entsprechendes (Teil-)Feedbackhinterlegt werden, sodass die Vergabe von individualisiertem Feedback er-möglicht wird. Für die Konzeption des Rückmeldebaums und die Gestaltungdes Feedbacks sind die Aufgabenersteller*innen verantwortlich.Seminarkonzept und MethodenWir haben ein Seminarkonzept für angehende Gymnasial- und Berufsschul-lehrkräfte entwickelt, wobei der Fokus auf dem digitalen Werkzeug STACKliegt. Das Seminar untergliedert sich in die folgenden vier Schritte: Lernen: Die angehenden Lehrkräfte lernen das digitale WerkzeugSTACK zunächst aus der Lernenden-Perspektive kennen, um die Bedeu-tung von STACK beim individuellen Lernen von Mathematik zu erleben. Konzipieren: Die angehenden Lehrkräfte entwickeln daraufhin selbst-ständig eine digitale STACK-Aufgabe, indem sie Fehler, die bei der Be-arbeitung entstehen können, antizipieren und entsprechendes Feedbackfür einzelne Fehler gestalten. Unterrichtsexperiment: Eine Gruppe von Schüler*innen bearbeitet die di-gitalen STACK-Aufgaben der angehenden Lehrkräfte und gibt eineRückmeldung zu der Aufgabe, dem digitalen Format und dem erhaltenenFeedback.1231 Reflexion: Die angehenden Lehrkräfte reflektieren ihre digitale STACK-Aufgabe, das Feedback und das Unterrichtsexperiment, auch unter Ein-beziehung der Rückmeldungen der Schüler*innen.Innerhalb des Seminars können die angehenden Lehrkräfte Überzeugungenentwickeln, indem sie positive und negative Aspekte des Lernens (1. Schritt)und des Lehrens (2. & 3. Schritt) von Mathematik mit dem digitalen Werk-zeug STACK individuell wahrnehmen. Die Erfahrungen, die die angehendenLehrkräfte sowohl in der Lernenden- als auch der Lehrenden-Perspektivemachen, ebenso wie die Reflexion dieser Erfahrungen (4. Schritt) kann alsstarker situativer Einfluss angesehen werden, der eine Veränderung von be-reits vorhandenen Überzeugungen zu digitalen Werkzeugen herbeiführenkann.Wir haben in dieser Studie mit unterschiedlichen qualitativen Methoden ge-arbeitet. Um die Entwicklung der Überzeugungen der angehenden Lehr-kräfte über den Zeitraum des einsemestrigen Seminars zu nachzuvollziehen,führen wir eine qualitative Längsschnittstudie im Prä-Post-Design mit halb-strukturierten Interviews durch. Zusätzlich haben wir mit ausführlichenschriftlichen Kommentaren der angehenden Lehrkräfte zu verschiedenen di-gitalen STACK-Aufgaben gearbeitet. In den schriftlichen Kommentaren sol-len die angehenden Lehrkräfte alle wahrgenommenen positiven und negati-ven Aspekte des digitalen Werkzeugs STACK beschreiben. Mit dieser Me-thode wollen wir Überzeugungen zu dem digitalen Werkzeug STACK undzu digitalem Feedback erheben.Die Daten wurden mithilfe einer qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet,wobei die geäußerten Überzeugungen in verschiedene Kategorien unterteiltwurden. Nach der ersten Datenanalyse konnten verschiedene Kategorien vonÜberzeugungen in den Interviews und den schriftlichen Kommentaren re-konstruiert werden. Die Analyse zeigte, dass einige Kategorien sowohl inden mündlichen als auch den schriftlichen Aussagen der angehenden Lehr-kräfte gefunden werden können. Aus diesem Grund kombinieren wir die bei-den qualitativen Methoden, um eine Entwicklung der Überzeugungen nach-zuzeichnen. Dabei beschränken wir uns jedoch auf die Argumentations-stränge, die zu den unterschiedlichen Kategorien von Überzeugungen gehö-ren, die sich in den Daten der Interviews und der schriftlichen Kommentarefinden lassen.ErgebnisseDie Kategorien der Überzeugungen, die die angehenden Lehrkräfte inner-halb der Interviews und der schriftlichen Kommentare angesprochen haben,sind1232 Überzeugungen der angehenden Lehrkräfte über Be- und Entlastung derLehrkraft durch die Nutzung digitaler Werkzeuge wie STACK, Überzeugungen der angehenden Lehrkräfte über Möglichkeiten undGrenzen von STACK, Überzeugungen der angehenden Lehrkräfte über digitales Feedback.Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass eine Entwicklung innerhalb derKategorien der Überzeugungen zu Be- und Entlastung der Lehrkraft, Mög-lichkeiten und Grenzen von STACK und digitales Feedback stattgefundenhat. Diese Entwicklung verläuft jedoch nicht gradlinig, sondern umfasst Pha-sen rein positiver Überzeugungen, einer teilweisen Desillusionierung sowieeine Phase, in der die angehenden Lehrkräfte reflektierte und differenzierteÜberzeugungen äußern. Im Vortrag werden Beispiele zu den Kategorien inihrer Entwicklung über das Semester hinweg vorgestellt.LiteraturErtmer, P. A. (2005). Teacher pedagogical beliefs: The final frontier in our quest fortechnology integration? Educational Technology Research and Development, 53(4),25–39.Fives, H. & Buehl, M. M. (2012). Spring cleaning for the "messy" construct of teachers'beliefs: What are they? Which have been examined? What can they tell us? In K. R.Harris, S. Graham & T. C. Urdan (Hrsg.), APA Educational Psychology Handbook:Volume 2 Individual differences and Cultural and Contextual Factors (Bd. 2, S. 471–499). American Psychological Association.Hegedus, S., Laborde, C., Brady, C., Dalton, S., Siller, H.‑S., Tabach, M., Trgalova, J.& Moreno-Armella, L. (2017). Uses of Technology in Upper Secondary MathematicsEducation. Springer.Hillmayr, D., Ziernwald, L., Reinhold, F., Hofer, S. I. & Reiss, K. M. (2020). The po-tential of digital tools to enhance mathematics and science learning in secondaryschools: A context-specific meta-analysis. Computers & Education, 153, Artikele103897.Levin, B. B. (2015). The Development of Teachers’ Beliefs. In H. Fives (Hrsg.), Educa-tional psychology handbook series. International handbook of research on teachers'beliefs (S. 60–77). Routledge.Liljedahl, P., Oesterle, S. & Bernèche, C. (2012). Stability of beliefs in mathematics ed-ucation: A critial analysis. Nordic Studies in Education, 17(3), 101–118.Sangwin, C. (2013). Computer Aided Assessment of Mathematics. Oxford UniversityPress.Skott, J. (2015). The Promises, Problems, and Prospects of Research on Teachers’ Be-liefs. In H. Fives (Hrsg.), Educational psychology handbook series. Internationalhandbook of research on teachers' beliefs (S. 25–42). Routledge.Thurm, D. & Barzel, B. (2020). Effects of a professional development program forteaching mathematics with technology on teachers’ beliefs, self-efficacy and prac-tices. ZDM, 52(7), 1411–1422.

Entwicklung von Überzeugungen angehender Lehrkräfte zu digitalen Werkzeugen und digitalem Feedback

https://eldorado.tu-dortmund.de/bitstream/2003/41426/1/BzMU22_1229.pdf

Entwicklung von Überzeugungen angehender Lehrkräfte zu digitalen Werkzeugen und digitalem Feedback

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