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Aschmann, Birgit

Historische Zeitschrift

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© 2014 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH232 Historische Zeitschrift // BAND 298 / 2014Jens Späth, Revolution in Europa 1820–23. Verfassung und Verfassungskultur in den Königreichen Spanien, beider Sizilien und Sardinien-Piemont. (Italien in der Moderne, Bd. 19.) Köln, SH-Verlag 2012. 517 S., € 54,–. // doi 10.1515/hzhz-2014-0080Birgit Aschmann, BerlinLange Zeit herrschte in der europäischen Historiographie die Ansicht vor, die Res-taurationszeit von 1815 bis 1830 sei eine Phase (erzwungener) Ruhe gewesen, dieklar von den Revolutionen abzugrenzen sei, die ihr vorangingen bzw. nach ihr ka-men. Dass diese Interpretationen einer perspektivischen Verengung des Blickes aufdie Ereignisse im nördlichen Europa geschuldet war, macht die gelungene Disserta-tion von Jens Späth deutlich, welche sich auf die verfassungsgeschichtliche Ent-wicklung während der 1820er Jahre in den südeuropäischen Ländern konzentriertund damit zugleich einen Beitrag für die aktuellen Bemühungen leistet, das Verhält-nis von Revolution und Restauration in dieser Zeit neu zu bestimmen.Indem er bei seiner Untersuchung Spanien in den Vordergrund stellt, kann Späthzugleich dem immer noch verbreiteten Irrglauben entgegentreten, das Land an dergeographischen Peripherie Europas sei einen eigenen, langsameren Weg in die Mo-derne gegangen. Vielmehr wird deutlich, dass Spanien 1820 nicht nur zum Aus-gangspunkt, sondern zum Zentrum einer revolutionären Welle wurde, welche diesüdeuropäischen Länder zu Beginn dieses Jahrzehnts erfasste und deren Auswirkun-gen bis nach Russland zu spüren waren. Aus zwei Gründen ist dieses Phänomen einnachgerade idealer Anknüpfungspunkt für transnationale Studien: Zum einen gingsowohl die Ausbreitung der revolutionären Ideen als auch deren Niederschlagungüber die Grenzen europäischer Staaten hinweg. Gerade das Exil, welches viele itali-enische und spanische Liberale nach der gewaltsamen Beendigung der konstitutio-nellen Phase in England und Frankreich suchten, führte zu europäischen Verflech-tungen, die für die Geschichte Europas im 19.Jahrhundert wegweisend waren. Zumzweiten zeichnet sich diese Phase durch einen einzigartigen institutionengeschicht-lichen Transfer aus, dem die Dissertation von Späth gewidmet ist: Nacheinanderführten 1820/21 erst Spanien, dann Portugal, das Königreich beider Sizilien undschließlich das Königreich Sardinien-Piemont die spanische Verfassung von 1812 inihren Staaten ein.Nachdem Späth in einem ersten und zweiten Kapitel zunächst ausführlich dieverfassungspolitischen Alternativen der Zeit und den politischen Kontext seit dem© 2014 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbHNEUE HISTORISCHE LITERATUR / BUCHBESPRECHUNGEN 19.–21. JAHRHUNDERT 233Wiener Kongress geklärt hat, untersucht er in seinen Hauptkapiteln die Argumen-tationsmuster zugunsten der Verfassung von 1812 und die Maßnahmen zu derenPopularisierung, bevor er Motivation und Aktivitäten ihrer Kontrahenten darlegt.Strikt symmetrisch handelt er dabei „Trägerschichten“, den „Verfassungsdiskurs“und die „Verfassungskultur“ erst in Spanien, dann in den beiden italienischen Staa-ten ab (auf Portugal geht Späth nicht weiter ein), wobei in der Breite der Darstellungschon deshalb ein Ungleichgewicht nicht zu vermeiden ist, weil die Verfassung vonCádiz in Spanien immerhin über drei Jahre lang gültig war, während das Experi-ment in Neapel nur neun Monate und in Turin kaum mehr als drei Wochen dauerte.Dass sich die spanischen Liberalen nach dem Putsch 1820 auf die 1812 in Cádiz aus-gearbeitete und proklamierte Verfassung verständigten, liegt nahe. Dass aber auchdie italienischen Staaten diesen Verfassungstext übernahmen, lag nicht zuletzt dar-an, dass er längst zu einem südeuropäischen Mythos geworden war, der für antifran-zösisches Engagement und demokratische Progressivität stand. Doch gerade dieseRadikalität wurde der spanischen Verfassung letztlich zum Verhängnis. Nachdemdie österreichische Armee dem Verfassungsexperiment im eigenen italienischenEinflussbereich bereits ein Ende gesetzt hatte, beschloss die Heilige Allianz aucheine Intervention in Spanien, als sich die politischen Verhältnisse zu Lasten der kö-niglichen Prärogative immer mehr radikalisierten. So benennt Späth am Ende sei-ner Arbeit ein komplexes Ursachengeflecht als Grund für das Scheitern der spani-schen Revolution 1820–1823, in dem neben der auswärtigen Intervention vor allemdie inneren Spaltungen der Liberalen hervorgehoben werden müssen, die den kon-terrevolutionären Gegnern in die Hände spielten. Dass zu diesen auch Teile des Kle-rus gehörten, ist nicht neu. Gern aber hätte man mehr darüber erfahren, in welchemAusmaß sich andere Teile des Klerus für die Popularisierung der Verfassung einsetz-ten, schließlich war den Pfarrern wegen ihrer konkurrenzlosen Relevanz für Kom-munikationsabläufe in Regionen mit hoher Analphabetenrate eine besondere Rollebei der Propaganda für die Verfassung zugedacht worden. Inwieweit sie diesen Er-wartungen gerecht wurden oder sie konterkarierten, bleibt eine der offenen Fragendes Buches. Auch hätte interessiert, wie sich die weibliche Bevölkerung zu einer Ver-fassung äußerte, welche ihr die staatsbürgerliche Gleichheit vorenthielt, oder ob dieSklaverei in den Debatten auch nur erwähnt wurde. Zu Recht aber weist Späth amSchluss seines Werkes auf die Notwendigkeit hin, diese Fragen in einem größerenForschungsprojekt zu klären. Unzweideutig aber ist sein Werk schon in dieser Formein wichtiger Beitrag für die europäische Revolutions- und Verfassungsgeschichte.© 2014 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH234 Historische Zeitschrift // BAND 298 / 2014Sean Patrick Adams (Ed.), A Companion to the Era of Andrew Jackson. (Black-well Companions to American History.) Malden/Oxford/Chichester, Wiley-Blackwell 2013. XIII, 597 S., £ 120,–. // doi 10.1515/hzhz-2014-0081Norbert Finzsch, KölnAndrew Jackson (1767–1845), siebter Präsident der Vereinigten Staaten (1829–1837), hat wie kein anderer Präsident vor oder nach ihm seiner Zeit seinen Stempelaufgedrückt. Der vorliegende „Companion“ vereinigt 27 Essays ausgewiesener Spe-zialistinnen und Spezialisten zur Geschichte Jacksons und seiner Epoche. Getreudem Companion-Konzept des Verlags, das es Lehrenden und Forschenden erlaubt,anhand dieser thematischen Einführung einen Problemzusammenhang rasch zuverstehen und sich mit der neuesten Forschung vertraut zu machen, ist die „Jackso-nian Period“ hier in vier Hauptkapitel untergliedert, wobei der erste Teil sich mit derVorgeschichte der Präsidentschaft Jacksons an der „Frontier“ im Südwesten beschäf-tigt (vier Beiträge), der zweite das emblematische Zeitalter des „einfachen Mannes“thematisiert (sieben Beiträge), der dritte und umfänglichste Hauptabschnitt (neunBeiträge) die Politik im „Age of Jackson“ diskutiert. Ein vierter Hauptabschnitt erör-tert das Vermächtnis der Jacksonians (sieben Beiträge).Jede einzelne Abhandlung legt ausführlich den Forschungsstand zur jeweiligenProblematik dar und führt dann die Argumente der Kolleginnen und Kollegen ineiner eigenständigen und oft neuartigen Darstellung weiter. Es fällt auf, dass unterden Beiträgerinnen und Beiträgern relativ viele junge Historiker/innen sind, die je-doch einschlägig aus den Schwerpunkten ihrer jeweiligen Forschungsgebiete be-richten. Das Companion erfasst vollständig alle relevanten Themen des Geschichts-zeitraums; Geschlechtergeschichte und die Geschichte der „Native Americans“ sindprominent vertreten, so dass es keineswegs nur um Andrew Jackson geht, sonderndie Epoche, die seinen Namen trägt, selbst Gegenstand dieses Buches ist.Gibt es besonders herausragende Beiträge? Allemal lesenswert ist der Aufsatz vonTim Alan Garrison zu den Grundlagen der Indianerpolitik Jacksons. Jackson hat wiekein Präsident vor ihm eine interventionistische Politik gegenüber den „NativeAmericans“ verfolgt, die vor Verfassungsbrüchen, Vertreibungsmaßnahmen undVerfolgung der sogenannten „Civilized Tribes“ nicht zurückschreckte. Beim soge-nannten „Trail of Tears“ starben bis zu einem Drittel der zwangsweise relozierten„Native Americans“. Getrieben wurde Jackson dabei von einem pathologischenHass auf die Indianer, der sich in genozidalen Aktionen wie der Vernichtung der

Jens Späth, Revolution in Europa 1820–23. Verfassung und Verfassungskultur in den Königreichen Spanien, beider Sizilien und Sardinien-Piemont. (Italien in der Moderne, Bd. 19.) Köln, SH-Verlag 2012

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Jens Späth, Revolution in Europa 1820–23. Verfassung und Verfassungskultur in den Königreichen Spanien, beider Sizilien und Sardinien-Piemont. (Italien in der Moderne, Bd. 19.) Köln, SH-Verlag 2012

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