Erweiterte elektrochemische Oxidationsverfahren (engl.: Electrochemical Advanced Oxidation
Processes, EAOP) sind vielversprechende Technologien für die dezentrale Wasseraufbereitung und
haben das Potential wichtige Elemente bei der Realisierung einer Kreislaufwirtschaft zu werden. Bislang
wurde die Technologie trotz ihrer nahezu konkurrenzlosen Reinigungsleistung, aufgrund der Bildung von
Hydroxylradikalen, noch kaum im technischen Maßstab angewendet. Daher wurden innerhalb der
vorliegenden Arbeit vier Anwendungsfälle in verschiedenen Bereichen betrachtet und fünf
Herausforderungen für EAOPs auf Basis von bordotierten Diamantelektroden (BDD) identifiziert, die eine
technische Realisierung bislang erschweren: 1. Nur die Anode wird zur Erzeugung eines direkten
Oxidationsmittels verwendet 2. Die kathodische Wasserstoffentwicklung trägt zu einem höheren
Energieverbrauch und zur Schaumbildung bei 3. Hohe Betriebskosten aufgrund preisintensiver BDDs mit
begrenzter Lebensdauer 4. Die Kathodenoberfläche wird während der Elektrolyse alkalisch. Dies führt
beim Vorliegen von Härtebildnern in der Wassermatrix zu einer Verkalkung der Kathode, bis hin zur
Isolierung der aktiven Oberfläche 5. Chlorierung von organischen Verbindungen wenn Chloridionen im
zu behandelnden Wasser vorliegen.
Diese Herausforderungen wurden durch zwei neuartige Reaktorsysteme und Prozessführungen gelöst.
Durch die Verwendung eines Reaktors auf Grundlage einer BDD der nächsten Generation (auf Basis von
Tantal anstatt Niob) in Kombination mit einer Wasserstoffperoxid-bildenden Gasdiffusionselektrode
(BDD-GDE-System) wurden die Herausforderungen eins bis drei gelöst. Es konnte gezeigt werden, dass
dieser Reaktor bei der Behandlung von künstlichen pharmazeutischen Abwässern eine wesentlich
höhere Abbaueffizienz (135 %) bei einem wesentlich geringeren Energieverbrauch (75 %) gewährleistet
als dem Stand der Technik entsprechende Zellkonzepte und die konkurrierenden Technologien
Ozonierung und Perozonierung. Daneben ermöglichen BDD-GDE-Systeme einen nahezu 100 %-igen
Abbau. Die neue Ta-basierte BDD zeigt eine deutlich reduzierte Degradation während des Betriebes auf
und es wird eine erhöhte Lebensdauer von 18 Jahren anstelle von 2 Jahren (Nb-basierte BDD-Anoden)
erwartet. Dies führt zu einer Reduzierung der Betriebskosten um bis zu 80 %.
Dieses System stößt an seine Grenzen, wenn Härtebildner in hohen Konzentrationen im Wasser
vorhanden sind (Ca2+, Mg2+). Diese Herausforderung wurde durch die Entwicklung eines neuartigen
Zellendesigns auf der Grundlage einer in-situ bewegten Graphit-Polymer-Compound Kathode (BDD-GPC-System) gelöst. Ein Test (120 Stunden) mit künstlichem Zugtoilettenabwasser zeigte die
Langzeitstabilität des BDD-GPC-Systems auf und demonstrierte, dass die periodisch magnetisch
induzierte Bewegung der GPC-Kathode in-situ Ablagerungen auf ihrer Oberfläche entfernt und den
wartungsarmen Betrieb des Systems ermöglicht. Neben der Abwasserreinigung ermöglicht die BDD-GPC-Kombination die elektrochemische Fällung von anorganischen Stoffen und eröffnet neue
Anwendungsbereiche wie die elektrochemische Wasserenthärtung (Enthärtungsgrade bis > 90 %) und
Metallfällung (Fällungsgrade bis > 98 %). Die fünfte Herausforderung wurde durch die Identifizierung
eines neuartigen Betriebspunktes gelöst, der den Abbau organischer Verbindungen ohne die Bildung von
Chloremissionen an BDD-Anoden und damit ohne die Bildung chlorierter Kohlenwasserstoffe und
Produkte ermöglicht. Um diese chlorfreie Abwasserbehandlung an der BDD zu nutzen, muss der pH-Wert des Anolyts während der Behandlung bei über 14,2 gehalten werden.
Mit diesen Entwicklungen kann die Kreislaufwirtschaft in der pharmazeutischen Industrie und in der
metallverarbeitenden Industrie, insbesondere zur Wiederverwendung von Wasser, erreicht werden. Die
chlorfreie Reinigung von organisch belasteten NaCl-haltigen Prozesswässern aus der
Kunststoffproduktion ermöglicht die Wiederverwendung beispielsweise in der Chlor-Alkali-Industrie.
Durch den Einsatz in Zügen kann das durchschnittliche Frischwassertankintervall deutlich verlängert
werden, da das Abwasser im Zug aufbereitet und als Spülwasser wiederverwendet werden kann.
Darüber hinaus ermöglicht ein Wasserenthärtungsreaktor weitere erhebliche Einsparpotentiale - lokale
Frischwasserversorgungen der Züge werden von der Wasserhärte entkoppelt.Electrochemical advanced oxidation processes (EAOP) are promising technologies for
decentralized water treatment and have the potential to be important components in achieving a
circular economy. To date, EAOPs are rarely applied at technical scale despite their nearly unrivaled
treatment performance owing to hydroxyl radical formation. Therefore, four use cases in diverse
fields were considered and five challenges of boron-doped diamond electrode (BDD) based EAOPs
were identified, which impede the application in technical scale: 1. Solely the anode is used for
oxidant generation and only one oxidant is directly formed 2. Cathodic hydrogen evolution
contributes to a higher energy consumption and foam formation 3. High operation costs due to
expensive BDDs with limited lifetimes 4. The local pH at the cathodes surface becomes highly
alkaline, which results in a calcification of the cathode in the presence of hardness minerals
5. Chlorination of organic compounds, in case of chloride ions in the wastewater matrix, generating
toxic byproducts.
These challenges were successively solved by two novel reactor systems and unique process
controls. By using a reactor based on a "next-generation" BDD (tantalum-based instead of niobium)
combined with a hydrogen peroxide-forming gas diffusion electrode (BDD–GDE system), challenges
one to three were solved. Compared to the state-of-the-art cell design and also to the competitive
technologies ozonation and peroxone it was shown that this novel reactor ensures much higher
degradation efficiency (135 %) with much lower energy consumption (75 %) when treating artificial
pharmaceutical wastewater. Next to the low energy demand of BDD–GDE systems, the
investigations revealed a treatment efficiency rate of nearly 100 % with the lowest specific energy
consumption per mass organic compared to the mentioned technologies and electrochemical
processes reported in the literature. The new Ta-based BDDs show drastically reduced degradation
during operation and an increased lifetime of 18 years is predicted instead of 2 years for Nb-based
BDD anodes. This results in a reduction of up to 80 % of the operational costs.
The system reaches its limits in presence of a high concentration of hardness minerals in the water
(Ca2+, Mg2+). This challenge was solved by developing a novel cell design based on an in situ moving
graphite-polymer-composite (GPC) cathode (BDD–GPC system). A treatment test (120 h) of artificial
vacuum toilet wastewater indicated the long-term stability of the BDD–GPC system and
demonstrated that the in situ periodically magnetic-induced movement of the GPC cathode removed
deposits from its surface and ultimately resulted in a low-maintenance operation of the system.
Besides the wastewater treatment, the BDD–GPC combination can be used for electrochemical
precipitation of inorganics and opens new application areas, such as electrochemical water
softening (softening levels up to > 90 %) and metal precipitation (efficiencies up to > 98 %).
Challenge five was solved by experimentally determining an operation point for the purification of
organic substances while avoiding the formation of chlorine species at BDD anodes. Therefore, the
treated water remained free of chlorinated hydrocarbons. To reach the chlorine-free purification at
the BDD, the pH value of the anolyte must be maintained above 14.2 during treatment.
With the presented developments, a circular economy for water can be achieved in the
pharmaceutical industry and in the metal processing industry. The chlorine-free purification of
organic-polluted sodium chloride-containing water from plastics production can led to the reuse of
water and brine in the chlor-alkali industry. The application in trains extend the average fresh water
tank interval significantly due to an on-train wastewater treatment and reuse of the water as flushing
water. For areas with high water hardness levels significant savings for water utilization can be
achieved by the use of the above-mentioned water softening reactor